Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Arbeitet ein Ehegatte auf Grund eines Vertrages in einer zwischen fremden Personen bestehenden Personengesellschaft mit, in der der andere Ehegatte persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer ist, so ist ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Ehegatten und der Gesellschaft in der Regel steuerlich nicht zu berücksichtigen, wenn der Ehegatte-Gesellschafter mindestens zu 25 v. H. am Gewinn und Vermögen der Personengesellschaft beteiligt ist.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 15/2, § 26a
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) ist eine KG. Unbeschränkt haftende Gesellschafter und Geschäftsführer sind die Kaufleute A. und B.; Kommanditistin ist die Ehefrau des Gesellschafters A. Von dem Gewinn des Unternehmens erhalten vorweg A. 900 DM und B. 800DM monatlich sowie Frau A. eine Verzinsung von 4 v. H. auf ihren Kapitalanteil; der verbleibende Gewinn wird mit 45 v. H. auf A., 30 v. H. auf B. und 25 v. H. auf Frau A. verteilt. Die Ehefrau des Gesellschafters B. arbeitet seit 1949 ganztägig und ununterbrochen als Buchhalterin gegen ein Monatsgehalt von 450 DM im Betrieb der Bgin. mit. Lohnsteuer auf die Bezüge wurde seit 1950 nicht mehr einbehalten. Die Bgin. beantragte, bei den nach einer Betriebsprüfung vorgenommenen Berichtigungsveranlagungen für 1952 und 1955 die Bezüge der Ehefrau B. als Arbeitslohn (Betriebsausgabe) abzusetzen. Das Finanzamt rechnete dagegen die Beträge dem Gewinnanteil des Gesellschafters B. zu.
Das Finanzgericht gab der Sprungberufung statt. Es führte im wesentlichen aus: Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten seien auch steuerlich anzuerkennen, wenn klare und nachprüfbare Vereinbarungen getroffen und vollzogen worden seien. Weitere Voraussetzungen dürften nicht gemacht werden. Es brauche nicht, wie es in den Urteilen des Bundesfinanzhofs I 231/56 S vom 3. Dezember 1957 (BStBl 1958 (III S. 27 Slg. Bd. 66 S. 66) und I 105/57 U vom 10. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 70 Slg. Bd. 66 S.178) gefordert werde, ein über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Ehegatten zu bestehen; der mitarbeitende Ehegatte brauche auch nicht im Betrieb die gleiche soziale Stellung wie ein fremder Arbeitnehmer zu haben; es sei ferner unerheblich, ob die Mitarbeit des Ehegatten in einem kleineren oder größeren Betrieb geleistet und ob der mitarbeitende Ehegatte nach außen hin die Stellung als "Chef" oder "Chefin" habe. Ob eine steuerlich beachtliche Aufspaltung der Einkünfte der Ehegatten im Innenverhältnis stattgefunden habe, sei allein nach den rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten zu entscheiden. Im Streitfall habe B. als wesentlich beteiligter Gesellschafter und Geschäftsführer einen maßgebenden Einfluß bei der Bgin. gehabt. Ein Arbeitsverhältnis zwischen der Ehefrau B. und der Bgin. sei ernsthaft, wenn auch nur mündlich, vereinbart und vollzogen worden. Das Gehalt von 450 DM sei nach Vorbildung und Leistung von Frau B. angemessen. Auch wenn Frau B. unter den gleichen Bedingungen in einem Einzelbetrieb ihres Ehemanns mitgearbeitet hätte, würde steuerlich ein Arbeitsverhältnis anzuerkennen sein. Das sei um so mehr geboten, als Frau B. Arbeitnehmerin einer Gesellschaft gewesen sei. Frau B. habe im übrigen, auch wenn es sich nicht beweisen lasse, im Betrieb der Bgin. keine wesentlich andere Stellung wie die anderen kaufmännischen Angestellten gehabt.
Der Vorsteher des Finanzamts rügt, das Finanzgericht habe zu Unrecht ein Arbeitsverhältnis angenommen; es handle sich um einen verhältnismäßig kleinen Betrieb.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist begründet.
Die Rechtsausführungen des Finanzgerichts stehen zum Teil in bewußtem Gegensatz zu den Entscheidungen des Senats I 231/56 S und I 105/57 U a. a. O., denen inzwischen der VI. Senat des Bundesfinanzhofs in der Entscheidung VI 147/58 U vom 20. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 172) beigetreten ist. Das Finanzgericht hält es für ausreichend, daß ein Arbeitsvertrag zwischen den Ehegatten geschlossen und durchgeführt worden ist. Wie aber in der Entscheidung I 231/56 S. a. a. O., insbesondere in Abschnitt III 4, ausgeführt ist, können sogenannte Arbeitsverträge zwischen Ehegatten rechtlich und wirtschaftlich nicht ohne weiteres Arbeitsverträgen mit Fremden gleichgestellt werden. Sie erhalten ihre wesentliche Prägung durch die ehelichen Beziehungen, die ihrer Natur nach nicht betrieblich sind (vgl. Gutachten des Bundesfinanzhofs VI D 1/58 S vom 18. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 263, zur einkommensteuerrechtlichen Auswirkung der allgemeinen Gütergemeinschaft). Wird die Mitarbeit des Ehegatten im Rahmen der ehelichen Beziehungen geleistet, so ist das Entgelt keine Betriebsausgabe, sondern gehört nach § 12 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu den nicht gewinnmindernden Kosten der Lebensführung. Ob im einzelnen Fall die Mitarbeit ihre Grundlage in den ehelichen Beziehungen hat, hängt, wie insbesondere in der Entscheidung I 231/56 S. a. a. O. ausgeführt ist, nicht nur davon ab, ob die Ehegatten einen sogenannten Arbeitsvertrag vereinbart und durchgeführt haben. Es müssen Tatsachen vorliegen, die - objektiv nachprüfbar - die Mitarbeit über den Bereich der ehelichen Beziehungen hinaus als im betrieblichen Bereich liegend erscheinen lassen. Als wesentlicher Anhalt dafür ist in der Entscheidung I 231/56 S und I 105/57 U a. a. O. herausgestellt, ob der mitarbeitende Ehegatte im Betrieb dieselbe soziale Stellung wie ein fremder Arbeitnehmer gehabt hat. Bei dieser Beurteilung ist im Gegensatz zur Auffassung des Finanzgerichts in der Regel anzunehmen, daß ein Arbeitsverhältnis eines Ehegatten im Einzelunternehmen des anderen Ehegatten steuerlich nicht berücksichtigt wird, weil im allgemeinen in solchen Fällen der mitarbeitende Ehegatte im Verhältnis zu dem Ehegatten-Betriebsinhaber und zu den übrigen Arbeitnehmern nicht die soziale Stellung eines Arbeitnehmers, sondern die eines "Chefs" oder einer "Chefin" hat. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
Wird ein Ehegatte auf Grund eines Vertrages in dem Betrieb einer Personengesellschaft beschäftigt, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, so soll nach der Entscheidung I 231/56 S a. a. O. ein Arbeitsverhältnis steuerlich berücksichtigt werden, wenn der beteiligte Ehegatte und der mitarbeitende Ehegatte insgesamt keinen maßgebenden Einfluß in dem Unternehmen haben. In solchen Fällen hat der mitarbeitende Ehegatte oft die soziale Stellung eines Arbeitnehmers, insbesondere, wenn der Ehegatte-Gesellschafter nur Kommanditist und auch nicht Geschäftsführer ist. In Personengesellschaften, deren Gesellschafter nur nahe Familienangehörige, z. B. Eltern und Kinder, sind, werden dagegen die mitarbeitenden Ehegatten gewöhnlich nicht die Stellung von Arbeitnehmern haben, wie in der Entscheidung I 105/57 U a. a. O. ausgesprochen ist.
Sind die Gesellschafter, wie im Streitfall, nicht nahe Familienangehörige, sondern fremde Personen mit widerstreitenden wirtschaftlichen Interessen, so kann die Feststellung, ob der beteiligte Ehegatte und der mitarbeitende Ehegatte insgesamt in der Gesellschaft keinen maßgebenden Einfluß haben, schwierig sein. Es kommt auf die Umstände des einzelnen Falles, insbesondere den Gesellschaftsvertrag und seine Durchführung an. In der Regel können aber die Finanzbehörden davon ausgehen, daß ein maßgebender Einfluß besteht, wenn der Ehegatte-Gesellschafter persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer - allein oder neben anderen Gesellschaftern - ist und seine Beteiligung am Vermögen und Gewinn der Gesellschaft mindestens 25 v. H. beträgt. In solchen Fällen hat der Gesellschafter im allgemeinen in dem Betrieb eine so bedeutende Machtstellung, daß er wesentlichen Einfluß ausüben kann. Behaupten die Beteiligten für ihren Fall das Gegenteil, so haben sie entsprechende Tatsachen darzulegen.
Im Streitfall hat das Finanzgericht festgestellt, daß der Ehemann B. als wesentlich beteiligter Gesellschafter und Geschäftsführer einen maßgebenden Einfluß bei der Bgin. hatte. Diese Feststellung widerspricht weder dem Inhalt der Akten noch der allgemeinen Erfahrung im Wirtschaftsleben. Auch aus dem Gesellschaftsvertrag und der Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren gegen die Feststellungen des Finanzgerichts erhobenen Einwendungen der Bgin. greifen nicht durch; sie liegen auf tatsächlichem Gebiet und richten sich gegen die mögliche Tatsachenwürdigung durch das Finanzgericht. Ein Arbeitsverhältnis zwischen der Ehefrau B. und der Bgin. kann deshalb steuerlich nicht berücksichtigt werden.
Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, muß wegen unrichtiger Anwendung der §§ 4 Abs. 4, 12 Ziff. 1 und 15 Ziff. 2 EStG aufgehoben werden. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Sprungberufung war als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409430 |
BStBl III 1959, 331 |
BFHE 1960, 181 |
BFHE 69, 181 |
BB 1959, 839 |
DB 1959, 905 |