Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Steht fest, daß bei Ehegatten, die am Währungsstichtag im damaligen gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung gelebt haben, die Ehefrau im Geschäft ihres Ehemannes in einer über den Rahmen des § 1356 Abs. 2 BGB a. F. hinausgehender Weise dergestalt mitgearbeitet hat, daß sie einen Betriebsteil selbständig geleitet hat, so kann zwecks Ermittlung der Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Ehegatten im Sinne des § 55c LAG in der von den Ehegatten von Beginn des Geschäftsbetriebes an durchgeführten und ununterbrochen eingehaltenen Aufteilung der Betriebsleitung ein stillschweigend vereinbartes internes Gesellschaftsverhältnis zwischen ihnen erblickt werden, das schuldrechtliche Ausgleichsansprüche der Ehefrau gegenüber dem Ehemann begründet hat und bei Anwendung des § 55c LAG berücksichtigt werden kann.
Normenkette
LAG § 55c; BGB § 1356 Abs. 2, § 1372 Abs. 1
Tatbestand
Abgabepflichtig waren die in den Jahren 1954 und 1955 verstorbenen Eltern der Revisionsklägerin. Die Eltern lebten am Währungsstichtag im damaligen gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung. Der unanfechtbar gewordenen Veranlagung zur Vermögensabgabe (VA) unterlag ein Vermögen von insgesamt 32.400 DM, das sich aus einem gemischtgenutzten Grundstück (Hotel) mit einem Einheitswert von 31.200 DM und Betriebsvermögen in Höhe von 1.200 DM zusammensetzte. Als Freibetrag wurde ein Betrag von 1.300 DM berücksichtigt. Die Revisionsklägerin beantragte als alleinige Erbin die Herabsetzung der Vierteljahrsbeträge gemäß § 55c LAG mit der Begründung, das der VA unterworfene Vermögen hätte beiden Eltern zu gleichen Teilen gehört, so daß zwei Freibeträge von je 5.000 DM zu berücksichtigen seien. Vor dem Erwerb des Hotels im Jahre 1910 seien beide Elternteile gemeinschaftlich Pächter einer Gastwirtschaft gewesen; das dazu benötigte Betriebskapital hätten ihre Eltern bei ihrer Eheschließung zusammengelegt. Für den Erwerb des Hotels im Jahre 1910 sei eine Anzahlung von 7.000 DM geleistet worden, die von den Eltern je zur Hälfte aufgebracht worden sei. Das restliche Kaufgeld von 38.000 Mark, das in voller Höhe auf die Hypothekenübernahme angerechnet worden sei, sei im Laufe der Jahre von den Eltern getilgt worden. Das Hotel sei von Ihren Eltern von 1910 bis 1936 gemeinschaftlich dergestalt betrieben worden, daß der Vater, der bis zur Eheschließung als Kellner tätig gewesen sei, die Gastwirtschaft des Hotels geführt habe, während die Mutter die Leitung der Hotelabteilung einschließlich der Küche innegehabt habe, wozu sie als gelernte Köchin alle Voraussetzungen mitgebracht habe. Die Mutter habe niemals eine Barvergütung für ihre leitende Tätigkeit erhalten, vielmehr seien die durch ihre Mitarbeit in leitender Stellung erwirtschafteten Mittel im Betrieb verblieben und zur Hypothekentilgung und später zur Verbesserung des Hauses verwendet worden. Der Vermögenszuwachs, der durch die leitende Tätigkeit der Mutter im Hotel und in der Küche entstanden und dem Betriebe zugute gekommen sei, müsse rechtlich als Vorbehaltsgut der Mutter im Sinne der §§ 1366 ff. BGB a. F. betrachtet werden. Berücksichtige man ferner, daß die Mutter bei der Eheschließung Ersparnisse in gleicher Höhe wie der Vater eingebracht habe, so ergebe sich , daß beide Elternteile das der VA unterliegende Vermögen je zur Hälfte erwirtschaftet hätten und es daher auch für die Zwecke des § 55c LAG auf beide Elternteile aufzuteilen sei. Zumindest habe ein Auseinandersetzungsanspruch der Mutter in Höhe der Hälfte des Vermögens gegenüber dem Vater bestanden. Nach § 1367 BGB a. F. gehöre zum Vorbehaltsgut, was die Frau durch ihre Arbeit erwerbe. Die von der Mutter geleistete Arbeit sei über den Rahmen des § 1356 Abs. 2 BGB a. F. hinausgegangen, sie habe daher einen Anspruch auf angemessenen Verdienstanteil gehabt, der automatisch Vorbehaltsgut geworden sei. Das Finanzamt (FA) lehnte den Antrag auf Herabsetzung der Vierteljahrsbeträge nach § 55c LAG ab.
Einspruch und Berufung waren ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloß sich der Auffassung des FA an, daß weder ein Miteigentum der Mutter an dem im Grundbuch allein auf den Namen des Vaters eingetragenen und auch nur ihm allein steuerlich zugerechneten Grundstück und an dem Betriebsvermögen bestanden habe, noch daß der Mutter ein steuerlich anzuerkennender Anspruch gegen den Vater in Höhe der Hälfte des Werts des der VA unterliegenden Vermögens zugestanden habe. Der Umstand, daß angesichts der Berufsausbildung (Fachausbildung) der beiden Ehegatten die Voraussetzung für eine gemeinschaftliche Führung eines Hotelbetriebs in jeder Weise gegeben gewesen seien, ändere nichts daran. Aber selbst wenn man den angeblichen "Anspruch der Ehefrau am Verdienst ihres Mannes" als Vorbehaltsgut im Sinne des § 1367 BGB a. F. ansehen würde, so wäre mit dem FA die steuerliche Anerkennung zu versagen, weil am Stichtag keine ernstzunehmende Belastung des Ehemannes vorgelegen habe; letzterer habe am Stichtag nicht ernstlich mit der Geltendmachung der Schuld gerechnet noch zu rechnen brauchen. Zu Recht habe schließlich das FA den Nachweis darüber, daß die Ehefrau ihrem Ehemann die Hälfte der für den Erwerb des Hotels zu leistenden Anzahlung aus eigenen Mitteln in Höhe von 3.500 Mark zur Verfügung gestellt habe, nicht als erbracht angesehen. Auch sei nach dem Tode des Ehemannes eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung nicht erfolgt.
Mit der Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, wird unrichtige Anwendung bestehenden Rechts gerügt und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die VA entsprechend dem Antrag der Einspruchsbegründung herabzusetzen, d. h. unter Zugrundelegung einer Aufteilung des der VA unterliegenden Vermögens auf beide Elternteile je zur Hälfte. Es stehe fest, daß die beim Ankauf des Hotels geleistete Anzahlung von 7.000 Mark von beiden Elternteilen in der vorher gemeinschaftlich gepachteten Gastwirtschaft erwirtschaftet worden sei; für die Dauer dieses Pachtverhältnisses (1908 bis 1910) sei das Bestehen eines (stillen) Gesellschaftsvertrags anzunehmen, so daß gemeinschaftlicher Erwerb vorliege mit der Folge, daß die erwirtschaftete Anzahlung von 7.000 Mark bürgerlich-rechtlich zur Hälfte, d. h. zu 3.500 Mark der Mutter zuzurechnen sei. Es stehe ferner fest, daß die Tätigkeit der Mutter im Hotel, Leitung der Hotelabteilung und der Küche, über den Rahmen des § 1356 Abs. 2 BGB a. F. hinausgegangen sei. Der hieraus resultierende Anspruch auf einen angemessenen Verdienstanteil gehöre zum Vorbehaltsgut. Daß die Eltern stets von einem gemeinsam erwirtschafteten Vermögen ausgegangen seien, ergebe sich auch aus der nach dem Tode des Vaters getroffenen Regelung. Hiernach habe die Mutter sämtliche Mieteinkünfte aus dem Hotel für sich in Anspruch genommen, was sie nicht hätte tun können, wenn sie an dem Hotel nur mit dem ihrem gesetzlichen Erbteil nach dem Ehemann entsprechenden Anteil in Höhe eines Viertels beteiligt gewesen wäre ... Wenn schließlich das FG meine, aus den Akten des FA ergebe sich nichts, was auf einen Anspruch der Mutter gegenüber dem Vater schließen lasse, so müsse darauf hingewiesen werden, daß die Geltendmachung eines solchen Anspruchs nach dem bisherigen Steuer- und Abgabenrecht ohne jede Auswirkung geblieben wäre, so daß aus der Unterlassung der Geltendmachung keine Schlüsse gezogen werden könnten.
Der Revisionsbeklagte (FA) hat keine Anträge gestellt und von einer Gegenäußerung abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG.
Die Vorinstanz hat die Frage, ob die Mutter der Revisionsklägerin am Währungsstichtag Miteigentümerin des Grundstücks gewesen und ihr aus diesem Grunde ein Freibetrag nach § 55c LAG zuzuerkennen sei, mit Recht verneint. Wie der Senat im Grundsatzurteil III 195/64 S vom 5. Februar 1965 (BFH 82, 161, BStBl III 1965, 304 ff.) ausgesprochen hat, beurteilt sich die Frage, ob und inwieweit ein - wie im Streitfall - allein einem Ehegatten zugerechneter Einheitswert eines Grundstücks für die Zwecke des § 55c LAG nachträglich formlos auf beide Ehegatten aufzuteilen ist, nach den Grundsätzen über die steuerliche Zurechnung, die zu beachten gewesen wären, wenn die Frage einer gesonderten Zurechnung auf die einzelnen Ehegatten bereits bei der Feststellung des Einheitswerts wegen ihrer Maßgeblichkeit für die Berechnung der Freibeträge zu entscheiden gewesen wäre. Dabei kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, welche Möglichkeiten die Ehegatten gehabt hätten, ihre Vermögensverhältnisse, insbesondere auch ihre dinglichen Rechte, zu gestalten, sondern nur darauf, wie sie sie wirklich gestaltet haben. Demgegenüber reicht die Erklärung der Revisionsklägerin, ihre Eltern seien sich immer darüber im klaren gewesen, daß sie das abgabepflichtige Vermögen gemeinsam erwirtschaftet und erworben hätten jedenfalls nicht dazu aus, ein wirtschaftliches Miteigentum der Mutter am Grundstück des Vaters darzutun. Gerade die von der Revisionsklägerin hervorgehobene gemeinsame Pachtung der Gastwirtschaft im Jahre 1908 läßt erkennen, daß ihre Eltern nach Ablauf des von ihnen gemeinsam unterzeichneten Pachtvertrags auch das Hotel ebenso gemeinsam zu Eigentum hätten erwerben können; ein gemeinsamer Erwerb der Eltern wäre also damals keineswegs völlig außerhalb ihres Gesichtskreises oder unüblich gewesen. Wenn statt dessen der Vater das Hotelgrundstück nur auf seinen Namen hat eintragen lassen, nachdem auch der Kaufvertrag nur auf seinen Namen gelautet hatte, so haben die Eltern damit bewußt eine andere dingliche Rechtsgestaltung als die des gemeinschaftlichen Eigentums gewählt. Das Alleineigentum des Vaters am Hotelgrundstück ist daher auch für die Zwecke des § 55c LAG maßgeblich. Ohne änderung dieser dinglichen Rechtsverhältnisse am Grundstück hätte vor dem Währungsstichtag keine andere steuerliche Zurechnung als nur auf den Vater erfolgen können.
Hinsichtlich des zum Hotel gehörenden Wirtschaftsinventars, das mit einem Wert von 1.200 DM zur VA herangezogen worden ist, hat die Vorinstanz sich mit der äußerung begnügt, hierfür könne in bezug auf das bürgerlich-rechtliche Eigentum am 21. Juni 1948 nichts anderes gelten, als für das Grundvermögen. Aus welchem Grunde das FG zu dieser Annahme gekommen ist, hat es nicht ausgeführt. Da das Wirtschaftsinventar nach bürgerlichem Recht offenbar als Zubehör des Hotelgrundstücks anzusehen ist und das Zubehör keineswegs stets das rechtliche Schicksal der Hauptsache, hier des Grundstücks, zu teilen braucht, Grundstückseigentümer und Zubehöreigentümer vielmehr verschiedene Personen sein können, wäre vom FG in erster Linie zu prüfen gewesen, ob nicht hinsichtlich des verpachteten Wirtschaftsinventars die Eigentumsverhältnisse in der von der Revisionsklägerin behaupteten Weise als gemeinschaftliches Eigentum der Eltern gestaltet gewesen seien. Da das FG, wie die Urteilsgründe erkennen lassen, dies nicht geprüft hat, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß es bei seiner äußerung, in bezug auf das bürgerlich-rechtliche Eigentum des Wirtschaftsinventars könne nichts anderes gelten, als für das Grundvermögen, von der rechtsirrigen Auffassung ausgegangen ist, das Zubehör müsse stets das rechtliche Schicksal der Hauptsache teilen, Zubehörseigentümer müsse stets der Grundstückseigentümer sein. Es besteht daher die Möglichkeit, daß die Vorentscheidung auf diesem Rechtsirrtum beruht.
Unzutreffend erscheint dem Senat die Begründung mit der in der Vorentscheidung ein Anspruch der Mutter gegenüber dem Vater verneint worden ist. Dies gilt sowohl für die Verneinung einer Anspruchsgrundlage, also für die Entstehung eines Anspruchs überhaupt, als auch für die Verneinung der steuerlichen Anerkennung des Abzugs der entsprechenden Schuld des Vaters gegenüber der Mutter. Die Auffassung der Vorinstanz, das Fehlen eines Verzeichnisses des eingebrachten Gutes gemäß § 1372 Abs. 1 BGB in der am 21. Juni 1948 geltenden Fassung rechtfertige im Streitfall den Schluß, daß den Ehegatten an einer klaren Abgrenzung ihrer Vermögensverhältnisse nicht gelegen gewesen sei und deshalb kein gesondertes Vermögen der Ehefrau angenommen werden könne, teilt der Senat nicht. Er hat vielmehr wiederholt ausgesprochen, erstmalig in dem Grundsatzurteil III 195/64 S, a. a. O., daß es auf die Umstände des einzelnen Falles abzustellen ist, ob und inwieweit schriftliche Vereinbarungen zwischen Ehegatten aus der Zeit vor dem Währungsstichtag nach deren Lebens- und Vermögensverhältnissen erwartet werden konnten oder nicht, so daß keineswegs immer die vom Bundesminister der Finanzen in Tz. 22 des Erlasses vom 26. Februar 1963 IV C/4 - LA 2342 c - 28/63 (BStBl I 1963, 262) erwähnten Vermögensverzeichnisse vorzuliegen brauchen. Andererseits sind nach der Rechtsprechung des BFH, insbesondere auch des erkennenden Senats, an den Nachweis schuldrechtlicher Beziehungen zwischen Ehegatten besondere Anforderungen zu stellen, was vom BVerfG bei der Frage der Ehegatten-Arbeitsverträge als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet worden ist (vgl. BVerfGE 6, 55 (84); BVerfGE 9, 237 (245 f.) und BVerfGE 13, 318 (327)) FA und FG glaubten deshalb, weil eine schriftliche Abmachung zwischen den beiden Ehegatten, insbesondere ein Gesellschaftsvertrag, nicht vorgelegen habe, die Existenz eines Gesellschaftsverhältnisses oder eines sonstigen Schuldverhältnisses zwischen den Ehegatten überhaupt verneinen zu können. Dies mag in vielen Fällen berechtigt sein, zumal nach § 1356 Abs. 2 BGB a. F. die Frau kraft Gesetzes zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäft des Mannes verpflichtet war, soweit eine solche Tätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten lebten, üblich war. Dies darf jedoch nicht in dem Sinn verallgemeinert werden, daß die Anwendung des § 55 c LAG stets das Vorliegen schriftlicher Gesellschaftsverträge oder anderer schuldrechtlicher Verträge voraussetze, um einen schuldrechtlichen Anspruch der Ehegatten untereinander anerkennen zu können. Bereits das Reichsgericht (RG) hatte § 1356 Abs. 2 BGB a. F. dahin ausgelegt, daß darunter nur Hilfeleistungen der Ehefrau fallen, die dem Ehemann als Leiter des Geschäfts geleistet werden, daß aber die selbständige Leitung des Betriebes oder auch nur eines Teiles darüber hinausgehe (Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 52 S. 279 f.). Auch das Kammergericht hatte entschieden, daß eine Ehefrau, die über die nach § 1356 Abs. 2 BGB a. F. bestehende Verpflichtung hinaus im Geschäft des Mannes mitarbeite, einen Anspruch auf einen Teil der vom Mann gemachten Ersparnisse habe (Juristische Wochenschrift 1921 S. 635). Wenn auch das RG zu der Annahme neigte, daß mangels ausdrücklicher Vereinbarung eine über die Verpflichtung aus § 1356 Abs. 2 BGB a. F. hinausgehende Mitarbeit der Ehefrau unentgeltlich erfolge und eine gegenteilige Annahme stets das Vorliegen besonderer Anhaltspunkte erfordere, so hat demgegenüber der BGH, und zwar noch unter der Geltungsdauer des § 1356 Abs. 2 BGB a. F., eindeutig ausgesprochen, daß sich die allgemeine Annahme, eine solche Mitarbeit der Ehefrau solle im Zweifel oder in der Regel nach dem Willen der Ehegatten unentgeltlich erfolgen, nicht halten lasse, weil eine solche allgemein gehaltene Annahme der Stellung der Ehefrau nicht gerecht werde; bei verständiger Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse im Rahmen einer Ehe liege vielmehr die Annahme näher, daß die Ehefrau neben ihrem Mann in einem solchen Geschäftsbetrieb nicht allein für diesen, sondern mit ihm für die eheliche Gemeinschaft ihre wirtschaftlich erfolgreiche Arbeit leiste (BGHZ 8, 252). Obwohl die Revisionsklägerin bereits im Einspruchsverfahren geltend gemacht und unter Beweis gestellt hatte, daß die Tätigkeit ihrer Mutter über den in § 1356 Abs. 2 BGB a. F. gegebenen Rahmen hinausgegangen sei, haben weder das FA noch das FG dies ausdrücklich berücksichtigt.
Das FG hat allerdings ausgeführt, daß angesichts der Berufsausbildung (Fachausbildung) der beiden Ehegatten die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Führung eines Hotelbetriebs in jeder Weise gegeben gewesen sind, es hat aber aus dieser Feststellung keine rechtlichen Folgerungen gezogen und die sich aus § 1356 Abs. 2 BGB a. F. ergebenden Gesichtspunkte in keiner Weise gewürdigt. Der BGH (a. a. O.) hat die Ansicht vertreten, man werde, falls nicht besondere Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme gegeben sind, davon ausgehen können, daß die entgeltliche Mitarbeit einer Ehefrau, die sie über den Rahmen des § 1356 Abs. 2 BGB a. F. in einem Geschäftsbetrieb ihres Mannes leistet, nicht gegen eine feste Vergütung, sondern gegen eine Erfolgsvergütung oder gegen eine irgendwie geartete Beteiligung geleistet werden sollte; habe die Tätigkeit der Ehefrau selbständig und gleichwertig neben der Tätigkeit des Ehemannes gestanden, hätten also die Ehegatten eine Art Arbeitsteilung in der Weise vorgenommen, daß der eine Ehegatte den einen Tätigkeitsbereich, der andere Ehegatte den anderen Tätigkeitsbereich im Betrieb selbständig nebeneinander gehabt hätten, so würde dies für die Annahme eines Beteiligungsverhältnisses sprechen. Der BGH hält in solchen Fällen den stillschweigenden Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, und zwar einer Innengesellschaft für möglich und naheliegend (vgl. den Leitsatz des BGH-Urteils a. a. O., S. 249) mit der Folgerung, daß sich die Beteiligung auf das gesamte Gesellschaftsvermögen in schuldrechtlicher Hinsicht erstreckt habe und der Ehefrau daraus ein schuldrechtlicher Anspruch auf Zahlung des ihr zustehenden Auseinandersetzungsguthabens erwachsen sei (a. a. O., S. 256). Das BVerfG hat unter Bezugnahme gerade auch auf dieses Urteil des BGH ausgeführt, dieser Judikatur könne mit Recht eine tatsächliche Vermutung entnommen werden, daß bei gleichgeordneter Tätigkeit der Ehegatten im Unternehmen die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses näherliege (BVerfGE 13, 309). Die Ertragsteuersenate des BFH haben allerdings ertragsteuerliche Konsequenzen, insbesondere Gewinnzuflüsse bei den Ehegatten aus einer Innengesellschaft, steuerlich nicht anerkannt (vgl. BFH- Urteile I 116/58 U vom 26. August 1958, BFH 67, 450, BStBl III 1958, 445; VI 147/58 U vom 20. Februar 1959, BFH 68, 451, BStBl III 1959, 172). Diese Entscheidungen und auch die sich daran anschließende Rechtsprechung der Ertragsteuersenate betrafen aber nur die ertragsteuerliche Seite, vor allem die Fragen der Mitunternehmerschaft, der Gewinnzurechnung und Gewinnverteilung für ertragsteuerliche Zwecke und darüber hinaus Fragen der Aufteilung der Kapitalanteile, die sich auch auf die Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens auswirkten. Unberührt hiervon blieb jedoch die Frage eines nur schuldrechtlichen Ausgleichs- oder Auseinandersetzungsanspruchs des einen Ehegatten gegen den anderen Ehegatten. Auch die oben angeführte Rechtsprechung des BGH führte in der Regel nur zu schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen. Zu diesen schuldrechtlichen Fragen brauchten die Ertragsteuersenate keine Stellung zu nehmen und haben dies auch nicht getan, weil es sich hierbei um Probleme handelte, die außerhalb des für sie steuerlich Relevanten lagen. Bewertungsrechtlich und vermögensteuerrechtlich waren diese schuldrechtlichen Fragen jedenfalls bis zur Einfügung der Abs. 2 und 3 des § 67 BewG durch das Gesetz zur änderung vermögensteuerrechtlicher Vorschriften mit Wirkung vom 1. Januar 1957 (vgl. Abschnitt 69 a VStR 1963) in der Regel ohne Auswirkung und daher ohne Bedeutung, da sie im Einheitswert des Betriebsvermögens anteilsmäßig nicht zum Ausdruck kommen konnten, sich vielmehr nur bei der Berechnung des Gesamtvermögens hätten auswirken können, wenn nicht bei Ehegatten nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 BewG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 VStG die Zusammenrechnung der Vermögen vorgeschrieben wäre. Das hiernach gegebenenfalls nur zu einem schuldrechtlichen Ausgleich führende Rechtsinstitut der Innengesellschaft bei Ehegatten hat eine Parallele in dem seinerzeit von der Zivilrechtsprechung bei der Auslegung des § 18 Abs. 1 Ziff. 3 des Umstellungsgesetzes (UG) entwickelten und über den Begriff des sachlich-rechtlich gemeinschaftlichen Vermögens hinausgehenden Begriff des "wirtschaftlich gemeinsamen Vermögensbestandes" der Ehegatten, der grundsätzlich ebenfalls zur Anerkennung eines - im Verhältnis 1 : 1 umgestellten - Auseinandersetzungsanspruchs der Ehegatten untereinander geführt hat (vgl. BGHZ 2, 270 ff.; BGHZ 8, 265 ff.; BGHZ 11, 74 ff.). Der erkennende Senat hatte damals bereits diese Rechtsprechung anerkannt und den Begriff des wirtschaftlich gemeinsamen Vermögensbestandes und des daraus resultierenden Auseinandersetzungsanspruchs in seine eigene Rechtsprechung übernommen (vgl. u. a. III 40/55 U vom 27. Juli 1956, BFH 64, 324, BStBl III 1957, 122). Der Senat trägt keine Bedenken, beschränkt auf die Zwecke der Abgrenzung der Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Ehegatten im Sinne des § 55 c Abs. 1 LAG, ein zu schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen führendes internes Gesellschaftsverhältnis zwischen Ehegatten grundsätzlich anzuerkennen, wenn die notwendigen Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Mit Rücksicht darauf, daß es sich hierbei um eine nur die Vermögensabgrenzung unter Ehegatten bei der VA für die Freibetragsregelung des § 55 c LAG betreffende Frage handelt, die Ertragsteuersenate des BFH dagegen das Rechtsinstitut der sogenannten faktischen Innengesellschaft zwischen Ehegatten aber nur unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten gewürdigt haben, kann von einem "Abweichen" in einer Rechtsfrage angesichts der unterschiedlichen Struktur des VA gegenüber den Ertragsteuern keine Rede sein. Im übrigen sei noch darauf hingewiesen, daß auch das BVerwG in dem zum Lastenausgleich (Leistungsseite) ergangenen Urteil III C 268/57 vom 3. September 1959 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 26 a, Rechtsspruch 25) in einem ähnlich gelagerten Fall das Vorliegen einer Innengesellschaft zwischen Ehegatten bejaht hat.
Die Vorinstanz hat zu dieser für die Auslegung des § 55 c LAG rechtserheblichen Frage des Bestehens eines nur schuldrechtliche Ansprüche erzeugenden internen Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Eltern der Revisionsklägerin nicht Stellung genommen, weil sie irrtümlich glaubte, nur ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag zwischen den Ehegatten könne eine bei Anwendung des § 55 c LAG zu beachtende Anspruchsgrundlage bilden. Die Vorentscheidung war daher wegen dieses Rechtsirrtums und aus den oben zu 2. am Ende dargelegten Gründen aufzuheben. Auf Grund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellung, daß angesichts der Berufsausbildung (Fachausbildung) beider Ehegatten, also der Eltern der Revisionsklägerin, die Voraussetzungen für eine gemeinsame Führung eines Hotelbetriebs in jeder Weise gegeben gewesen sind, und nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Revisionsklägerin, die Ehegatten hätten seit 1910 das Hotel in der Weise gemeinschaftlich geführt, daß der Vater die Gastwirtschaft und die Mutter Hotel und Hotelküche geleitet haben, sieht der Senat die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines stillschweigend vereinbarten internen Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Ehegatten als gegeben an, bei der die Mutter im Verhältnis zum Vater der Revisionsklägerin in schuldrechtlicher Hinsicht ebenso gestellt wurde, als ob sie Mitträgerin des gemeinsamen Vermögens wäre. Denn die Ehegatten haben sich auf diese Weise in den Dienst einer gemeinsamen, über die Verwirklichung der eigentlichen ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Aufgabe gestellt. Daß sie sich seinerzeit dessen nicht bewußt gewesen sein mögen, daß ihre Beziehungen gesellschaftsrechtlich zu beurteilen sind, ist angesichts der von ihnen jahrzehntelang geübten und beibehaltenen Aufgabenteilung bei der Leitung des Hotels nicht entscheidend. Nur dann allerdings, wenn die tatsächlichen Verhältnisse so eindeutig und überzeugend sind wie im Streitfall, kann das Vorliegen eines solchen stillschweigend vereinbarten internen Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Ehegatten mit rein schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen bejaht werden, weil nur dann dem Erfordernis, daß an den Nachweis schuldrechtlicher Beziehungen zwischen Ehegatten besondere Anforderungen zu stellen sind, Genüge geschieht.
Zu der vom FA und der Vorinstanz in den Vordergrund gestellten Verneinung einer ernstlichen wirtschaftlichen Belastung des Vaters durch einen Anspruch der Mutter der Revisionsklägerin am Währungsstichtag verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil III 342/63 vom 16. Dezember 1966 (BFH 87, 361, BStBl III 1967, 104), die auch hier entsprechend zu gelten haben. Die Ausführungen der Vorinstanz, es habe keine ernstliche Belastung vorgelegen, weil weder eine dingliche Absicherung der Forderung der Mutter am Grundstück des Vaters erfolgt, noch in der langen Zeit bis zum 21. Juni 1948 jemals der Anspruch seitens der Mutter in irgendeiner Form geltend gemacht worden sei, sind nicht überzeugend. Bei Ehegatten bedarf es in einer gut verlaufenden Ehe nicht in jedem Fall der Absicherung der gegeneinander zustehenden Ansprüche, um die Ernstlichkeit ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen zum Ausdruck zu bringen. Auch wird man bei einer lebensnahen, den Verhältnissen beider Ehegatten gerecht werdenden Betrachtung mangels Vorliegens besonderer Anhaltspunkte davon ausgehen können, daß die Ehegatten während des Bestehens der Ehe im allgemeinen auf eine Geltendmachung der Ansprüche keinen Wert legen und auch eine Verjährung ihrer Ansprüche nicht zu befürchten brauchen, weil nach § 204 BGB die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten gehemmt ist, solange die Ehe besteht. Es entspricht dem Wesen der ehelichen Gemeinschaft, daß die Ehegatten während der Ehe in der ihren Verhältnissen entsprechenden Weise an den Ergebnissen ihrer gemeinsamen Arbeit gemeinsam teilhaben, ohne sich des für die steuerliche Anerkennung einer Schuld grundsätzlichen Erfordernisses einer gegenseitigen Geltendmachung bzw. Abrechnung ihrer Ansprüche bewußt zu werden. Nach Ansicht des Senats würde es dem Sinn des § 55 c LAG widersprechen, dem Anspruch allein deshalb die steuerliche Anerkennung für die Zwecke des § 55 c LAG zu versagen, weil die Ehegatten am Währungsstichtag an die Geltendmachung des Anspruchs ernstlich nicht gedacht haben bzw. nicht haben denken können, weil sie sich möglicherweise des Vorliegens eines solchen Anspruchs nicht hinreichend bewußt gewesen sind. Im Hinblick auf die lange Laufzeit der VA, die auch im Fall des § 55 c LAG immer noch 18 Jahre beträgt, glaubt der Senat, den für die allgemeinen Veranlagungszeiträume und Feststellungszeitpunkte geltenden Grundsatz, daß eine Schuld steuerlich nur dann als Belastung anzuerkennen und abzugsfähig ist, wenn am Bewertungsstichtag ernstlich mit der Geltendmachung des Anspruchs habe gerechnet werden müssen, bei § 55 c LAG in solchen Fällen wie dem vorliegenden mit der Maßgabe anwenden zu sollen, daß ein solcher Anspruch in der Regel als ernstliche Belastung anerkannt werden muß, es sei denn, daß besondere Umstände dagegen sprechen. Solange es nicht feststeht, daß ein derartiger Anspruch nicht geltend gemacht werden wird, bewirkt auch der Unsicherheitsfaktor, wann die Geltendmachung der Forderung erfolgt, wobei etwa an den Tod des einen Ehegatten und die Geltendmachung des Anspruchs durch oder gegenüber dessen Erben oder auch an die Möglichkeit einer Ehescheidung gedacht ist, eine ernst zu nehmende wirtschaftliche Belastung des schuldenden Ehegatten, dem jedenfalls bei der VA in Anwendung des § 55 c LAG Rechnung zu tragen ist.
Die Sache ist nicht spruchreif, weil die Vorinstanz die bei der Bejahung eines internen Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Eltern der Revisionsklägerin notwendig werdenden weiteren tatsächlichen Feststellungen bisher unterlassen hat. Bei der erneuten Verhandlung wird festzustellen sein, ob der schuldrechtliche Ausgleichsanspruch der Mutter in Höhe der Hälfte des der VA unterliegenden Vermögens, wie dies von der Revisionsklägerin behauptet wird, oder in einer davon abweichenden Höhe bestanden hat. Dabei wird es u. a. darauf ankommen, welchen Umfang die Mitarbeit der beiden Ehegatten im Verhältnis zueinander gehabt hat. Weiter wird das FG, sofern es für die antragsgemäße Anwendung des § 55 c LAG noch darauf ankommen sollte, sich darüber zu äußern haben, aus welchen Gründen es zu der Annahme gelangt ist, das FA habe zu Recht den Nachweis nicht als erbracht angesehen, daß die Mutter der Revisionsklägerin im Jahre 1910 einen Betrag von 3.500 Mark aus eigenen Mitteln zum Ankauf des Hotelgrundstücks beigesteuert habe. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, daß das FG über diese Frage einen Beweis erhoben hat. Hat ein solcher Erstattungsanspruch bestanden, so könnte dessen steuerliche Anerkennung nicht allein schon aus dem Grunde versagt werden, weil er nach dem Tode des Vaters nicht geltend gemacht worden sei. Denn alleinige Erben waren Mutter und Tochter (Revisionsklägerin); letztere hat erklärt, daß ihrer alten Mutter ohnehin alle Mieteinkünfte zugeflossen seien, so daß für eine sofortige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kein Bedürfnis bestanden haben wird. Eine spätere Erbauseinandersetzung dürfte sich durch den 1 Jahr und 10 Monate später eingetretenen Tod der Mutter erübrigt haben. Die Gründe der Vorinstanz reichten somit nicht aus, die steuerliche Anerkennung der Schuld von 3.500 RM/DM, sofern ihr Bestand festgestellt wäre, zu versagen.
Fundstellen
Haufe-Index 412461 |
BStBl III 1967, 408 |
BFHE 1967, 336 |
BFHE 88, 336 |