Zuordnung bei Erwerb einer gemischt genutzten Photovoltaikanlage

Die Tatsache, dass im Lauf des Jahres, in dem eine Photovoltaikanlage erworben wurde, ein Vertrag mit dem Recht zum Weiterverkauf des gesamten von der Anlage erzeugten Stroms zuzüglich Umsatzsteuer abgeschlossen wurde, ist ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige die Photovoltaikanlage dem Unternehmen voll zugeordnet hat.

Für die Dokumentation der Zuordnung (grundlegend BFH Urteil vom 07.07.2011 - V R 42/09, BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76) ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden (Teilweise inhaltsgleich mit BFH Urteil vom 04.05.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19)).

Hintergrund: Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer gemischt genutzten Photovoltaikanlage

Der Kläger und das Finanzamt (FA) streiten über den Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer Photovoltaikanlage.

Der Kläger erwarb im Jahr Streitjahr 2014 eine Photovoltaikanlage. Den seit 22.9.2014 erzeugten Strom verbrauchte er teilweise selbst, teilweise speiste er ihn in das Stromnetz eines Netzbetreibers (X) ein.

Der Einspeisevertrag mit X vom 25.9.2014 sieht für den gelieferten Strom eine Vergütung pro kWh zuzüglich Umsatzsteuer vor. Entsprechend wurden in einer Gutschrift des X vom 19.1.2015 die im Streitjahr ausgeführten Stromlieferungen des Klägers an X abgerechnet.

Gegenüber dem FA gab der Kläger zunächst weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch sonstige Erklärungen zu den Ausgangs- und Eingangsumsätzen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage sowie den unentgeltlichen Wertabgaben ab. Am 29.2.2016 reichte er eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2014 ein und zog darin u.a. die in der Rechnung für den Erwerb der Photovoltaikanlage vom 11.9.2014 offen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer ab.

Das FA stimmte der Steuererklärung zunächst zu, versagte später aber den Vorsteuerabzug für die Photovoltaikanlage, weil der Kläger nicht rechtzeitig (bis zum 31. Mai des Folgejahrs) eine Zuordnungsentscheidung getroffen habe. Das FA machte als Folge hiervon auch den Ansatz der unentgeltlichen Wertabgabe rückgängig. Es setzte mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr 2014 die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

Auch die Klage war erfolglos

Das FG Baden-Württemberg wies die Klage, mit der der Kläger vortrug, er habe mit Abschluss des Einspeisevertrags seine Zuordnungsentscheidung nach außen dokumentiert, ab. Es nahm an, der Kläger habe die Photovoltaikanlage nicht rechtzeitig seinem Unternehmen zugeordnet. Die Zuordnung habe der Kläger gegenüber dem FA als Adressaten dokumentieren müssen.

Aussetzung und Fortsetzung des Revisionsverfahrens durch den BFH

Der BFH hat mit Beschluss vom 18.09.2019 - XI R 7/19 (BStBl II 2021, S. 118) das Revisionsverfahren ausgesetzt und den EuGH um Vorabentscheidung von 2 Fragen zur Unionsrechtskonformität der Ausschlussfrist für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmensvermögen gebeten. Nachdem der EuGH darauf mit Urteil vom 14.10.2021 - C-45/20 und C-46/20 geantwortet hat, hat der BFH das Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen XI R 29/21 (XI R 7/19) fortgesetzt.

Entscheidung: Photovoltaikanlage rechtzeitig dem Unternehmen zugeordnet

Der BFH hält die Revision für begründet. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Kläger der begehrte Vorsteuerabzug nicht zustehe, weil er die erforderliche Zuordnungsentscheidung nicht gegenüber dem FA innerhalb der Zuordnungsfrist mitgeteilt habe. Der Kläger hat die Photovoltaikanlage rechtzeitig voll seinem Unternehmen zugeordnet.

Hinweise des BFH

Der BFH macht noch folgende Hinweise:

  • Bei Bezug eines einheitlichen Gegenstands, der gemischt verwendet wird oder werden soll, steht dem Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht zu: Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem – geschätzten – unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen zuordnen.
  • Steht anhand objektiver Anhaltspunkte, die innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden sind, fest, dass der Steuerpflichtige einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat, ist es entgegen dem Urteil des FG nicht zusätzlich erforderlich, dass er die erfolgte Zuordnung der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist mitteilt. Die Dokumentation der Zuordnung erfordert keine Mitteilung gegenüber der Finanzbehörde.
  • Danach steht – entgegen der Auffassung des FG – dem Vorsteuerabzug des Klägers nicht entgegen, dass er seine im Jahr 2014 erfolgte Zuordnung zum Unternehmen erst am 29.2.2016 dem FA mitgeteilt hat.
  • Im Streitfall liegt eine Zuordnung vor. Diese Zuordnung erfolgte in vollem Umfang und nicht nur teilweise. Die konkludente (implizite) Zuordnung durch Abschluss des Einspeisevertrags vom 25.9./26.9.2014 als Indiz erfasst die Photovoltaikanlage insgesamt.

Hinweis: Innerhalb der Frist erfolgte Dokumentation ist ausreichend

Das Zuordnungswahlrecht ist zwar zu dokumentieren; aber die wirksame Ausübung des Wahlrechts ist nicht von einer fristgebundenen Mitteilung an das Finanzamt abhängig. Entscheidend ist eine innerhalb der Frist erfolgte Dokumentation.

BFH Urteil vom 04.05.2022 - XI R 29/21 (XI R 7/19), XI R 29/21, XI R 7/19 (veröffentlicht am 30.06.2022)

Alle am 30.06.2022 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen.