Zuflussbesteuerung bei Veräußerungszeitrenten

Der Zinsanteil einer Zeitrente aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs ist im Fall der Wahl der Zuflussbesteuerung als nachträgliche Betriebseinnahme gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen.

Hintergrund: Wahl der Zuflussbesteuerung

Zu entscheiden war, ob der Zinsanteil aus einer verrenteten Kaufpreiszahlung Einkünfte aus KV oder aus Gewerbebetrieb sind.

X war bis 2009 Gesellschafter einer KG. Die KG veräußerte in 2009 ein Grundstück für 1.500.000 EUR. Für den auf X entfallenden Gewinnanteil wurde die Verrentung des Kaufpreises in Form von 123 monatlichen Zahlungen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. vereinbart. Diese dienten laut Kaufvertrag der Altersversorgung des X. Im Streitjahr 2011 betrugen die Zinsen 59.655 EUR.

Das Feststellungs-FA sah die Grundstücksveräußerung und die anschließende Anwachsung aufgrund des Ausscheidens der Komplementär-GmbH aus der KG als einheitlichen Vorgang an und rechnete X einen entsprechenden Veräußerungsgewinn zu. Der Feststellungsbescheid wurde bestandskräftig. Im Rahmen der ESt-Erklärung 2009 wählten die Eheleute die Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach dem Zuflussprinzip gemäß R 16.11 EStR.

Erstmals für das Streitjahr 2011 beantragten die Eheleute, den in den Zahlungen enthaltenen Zinsanteil nicht mehr als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte aus KV zu behandeln. Das FA berücksichtigte dagegen den Gesamtbetrag als nachträgliche Betriebseinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des X. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, der Zinsanteil teile das Schicksal des Tilgungsanteils.

Entscheidung: Der Zinsanteil ist als nachträgliche Betriebseinnahme zu erfassen

Veräußert ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb gegen wiederkehrende Bezüge (gegen eine Leibrente oder einer Leibrente gleichende Bezüge), gestehen Rechtsprechung und Verwaltung (R 16 Abs. 11 EStR) abweichend vom gesetzlichen Normalfall der Sofortbesteuerung ein auf Billigkeitserwägungen beruhendes Wahlrecht zu zwischen einer tarifbegünstigten Besteuerung des Veräußerungsgewinns im Zeitpunkt der Betriebs- oder Anteilsveräußerung nach §§ 16, 34 EStG (Sofortbesteuerung) und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung nachträglicher Einkünfte aus Gewerbebetrieb im jeweiligen Jahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses nach §§ 15 Abs. 1, 24 Nr. 2 EStG (Zuflussbesteuerung).

Das Wahlrecht gilt bei länger als 10 Jahre zu leistenden Kaufpreisratenzahlungen

Die Voraussetzungen für die Wahl der Zuflussbesteuerung sind im Streitfall erfüllt. Die Verwaltung stellt bei der Abgrenzung von Kaufpreiseraten und betrieblicher Veräußerungszeitrente auf einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren ab, bei dem eine Veräußerungszeitrente im Hinblick auf das Wahlrecht einer Leibrente gleichzustellen ist (BMF, Schreiben v. 3.8.2004, BStBl I 2004, 1187). Das Feststellungs-FA hat das Vorliegen einer Betriebsveräußerung bindend festgestellt.

Die Zinsen sind nachträgliche Betriebseinnahmen

Die als Teil dieser Zeitrente dem X zufließenden Zinsen sind wie die Tilgungsanteile nachträgliche Betriebseinnahmen. Denn die Forderung auf Zahlung der Zeitrente bleibt bei Wahl der Zuflussbesteuerung eines Veräußerungsgewinns auch nach dem Ende der gewerblichen Tätigkeit weiterhin Teil des (Rest-)Betriebsvermögens.

Die Kaufpreisforderung bleibt weiterhin Betriebsvermögen

Anders als bei der Sofortbersteuerung kommt es im Fall der Zuflussbesteuerung nicht zur Besteuerung der stillen Reserven im Veräußerungszeitpunkt. Es kommt vielmehr zu einer ratierlichen Aufdeckung der stillen Reserven, sobald das Kapitalkonto überschritten wurde. Diese Betrachtung zwingt zu der Annahme, dass die Kaufpreisforderung des Veräußerers, die ja auch die stillen Reserven des Unternehmens umfasst, weiterhin (Rest-)Betriebsvermögen bzw. betrieblich verhaftet bleiben muss. Sie wird (allein) aufgrund der Veräußerung des Betriebs im Ganzen nicht in das Privatvermögen überführt. Wenn dem so ist, kann der Zufluss des in den Kaufpreisanteilen enthaltenen Zinsanteils nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Dies verbietet die Subsidiarität dieser Einkünfte nach § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG.

Keine Parallele zu § 17 EStG

Da die Kaufpreisforderung im Betriebsvermögen verblieben ist, ist das BFH Urteil vom 18.11.2014 - IX R 4/14 (BStBl II 2015, 526) zur vergleichbaren Fragestellung bei einer Veräußerung gemäß § 17 EStG nicht einschlägig. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG betrifft nur die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die sich im Privatvermögen des Veräußerers befinden.

Hinweis: Unterschied zwischen Sofortbesteuerung und Zuflussbesteuerung

Bei der Sofortbesteuerung werden sämtliche stillen Reserven der Besteuerung unterworfen. Bei der Zuflussbesteuerung werden die stillen Reserven dagegen im Veräußerungszeitpunkt nicht aufgedeckt, sondern ratierlich erst mit Überschreiten des Kapitalkontos. Daraus folgt zwangsläufig, dass die die stillen Reserven umfassende Kaufpreisforderung weiterhin Betriebsvermögen bleiben muss. Der Zinsanteil kann daher nicht zu Einkünften aus KV führen.  

BFH Urteil vom 05.11.2019 - X R 12/17 (veröffentlicht am 27.02.2020)

Alle am 27.02.2020 veröffentlichten Entscheidungen

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Zuflussprinzip, Rente