Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

Auch bei Zivilprozesskosten muss unter Berücksichtigung der zu dem Prozess führenden Umstände wertend beurteilt werden, ob die Prozessführung für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war.

Hintergrund:

Die Kläger begehren die Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als vorweggenommene Betriebsausgaben (BA), hilfsweise als außergewöhnliche Belastung (agB), die im Zusammenhang mit einer erfolglos erhobenen Klage auf Erlösauskehr bzw. Zahlung einer Entschädigung nach dem Vermögensgesetz (VermG) im Streitjahr entstanden sind. Für das Streitjahr machten die Kläger die Prozesskosten als agB in Höhe von insgesamt 6.664 EUR geltend. Im Verlauf des außergerichtlichen Vorverfahrens führten sie aus, der Kläger habe ein lebendes Unternehmen erworben, das er habe fortführen wollen. Es sei eine Rückübertragung angestrebt worden. Die Rechtsverfolgungskosten seien daher als BA im Zusammenhang mit dem geplanten Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Berücksichtigung der Rechtsverfolgungskosten als BA, hilfsweise als agB. Sie tragen vor, der Kläger habe eine Rückübertragung eines noch lebenden Unternehmens von der Treuhandanstalt angestrebt, um das Unternehmen der KG weiterzuführen.

Entscheidung:

Die dem Kläger entstandenen Zivilprozesskosten sind keine BA, da nicht erkennbar war, dass der Kläger eine Rückübertragung des früheren Unternehmens angestrebt hat. Das FG vermag sich der geänderten Rechtsprechung des BFH, Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015, nicht anzuschließen. Nach Auffassung des FG entspricht die grundsätzliche Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als agB bei hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht den Vorgaben des § 33 EStG. Die dem Kläger im Jahr 2008 entstandenen Prozesskosten sind dem Grunde nach nicht als zwangsläufig anzusehen. Der Kläger hat die Ansprüche auf Erlösauskehr und Entschädigung nach dem VermG freiwillig von den früheren Berechtigten erworben, um diese Ansprüche - notfalls mit gerichtlicher Hilfe - durchzusetzen. Dabei hat es sich um eine freiwillige Entscheidung des Klägers gehandelt.

FG Hamburg, Urteil v. 24.9.2012, 1 K 195/11

Praxishinweis:

Die von dem FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision wurde inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. X R 34/12 geführt. Man darf gespannt sein, ob der X. Senat des BFH die positive Sichtweise des VI. Senates teilt, oder der Auffassung des FG folgt.