Wenn das Finanzamt eine offenbare Unrichtigkeit übernimmt

Ist die zutreffende steuerliche Behandlung von Zahlungen an ein Versorgungswerk aus beigefügten Bescheinigungen ersichtlich, kann eine offenbare Unrichtigkeit vorliegen.

Der Kläger war als Notar tätig. In seiner Einkommensteuererklärung trug er die Zahlungen an das Versorgungswerk fälschlicher Weise als Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht ein. Die Bescheinigungen des Versorgungswerks fügte er bei. Das Finanzamt übernahm diese Eintragung. Mit Schreiben vom Mai 2015 beantragte der Kläger die Änderung der Steuerfestsetzungen der betreffenden Jahre und verwies auf die zutreffende Erfassung der Zahlungen, was steuerliche Vorteile für ihn habe. Das Finanzamt lehnte die Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzungen ab. Insbesondere sei, so das Finanzamt, hier keine offenbare Unrichtigkeit gegeben, so dass § 129 AO nicht in Betracht komme.

Offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO 

Die Klage hatte Erfolg. Entgegen der Ansicht des Finanzamts urteilte das Finanzgericht Düsseldorf sei eine Korrektur nach § 129 AO möglich. Eine offenbare Unrichtigkeit liege immer dann vor, wenn ein Schreib- und Rechenfehler  oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit gegeben sei. Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setze dabei voraus, dass der Fehler in der Sphäre des Finanzamts entstanden sei. Dieses komme auch in Betracht, wenn sich die Finanzverwaltung einen Fehler des Steuerpflichtigen zu eigen mache. Zwar habe der Bundesfinanzhof in einem anderen Fall entschieden, dass § 129 AO dann nicht eingreife, wenn ein Steuerpflichtiger eine Eintragung in eine falsche Kennziffer vorgenommen habe. Diese Entscheidung sei aber auf den Sachverhalt nicht übertragbar, da die fehlerhafte Eintragung ohne weiteres aus den Bescheinigungen des Notarversorgungswerks erkennbar gewesen sei. Insofern sei der Fehler offensichtlich gewesen, eine Berichtigung komme in Betracht.

Belege waren klar ersichtlich 

Ob ein Steuerpflichtiger mit einem Antrag auf Änderung unter Verweis auf § 129 AO durchdringt oder nicht, ist im Vorwege oftmals nur schwer einzuschätzen. Hier hatte der Steuerpflichtige aber insofern wohl gute Karten, als die richtige steuerliche Behandlung der Zahlungen an das Versorgungswerk aus den beigefügten Bescheinigungen klar ersichtlich war. Die Einschätzung, es liege eine offenbare Unrichtigkeit vor, die die Finanzverwaltung übernommen hat, erscheint deshalb sehr plausibel. Hinzuweisen ist darauf, dass auch nach der aktuellen Rechtslage in einem solchen Fall wohl auf § 129 AO abzustellen wäre, da es jetzt zwar die Bestimmung des § 173a AO gibt, diese aber keine Änderungsmöglichkeit bei ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten vorsieht. Aus Sicht des Steuerpflichtigen bleibt zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof die Entscheidung nicht noch einmal aufhebt, denn das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

FG Düsseldorf, Urteil v. 17.10.2017, 13 K 3544/15 E (Haufe Index 11526507)


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