Vorsteuer aus Leistungsbezügen eines kommunalen Kurbetriebs

Das Schleswig-Holsteinisches FG hat einen Fall entschieden, in dem das Finanzamt eine ausschließlich unternehmerische Verwendung vom Kurbetrieb bezogener Marketingleistungen maßgeblich aufgrund des Inhalts einer Satzung über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Abrede gestellt hatte.

Im Streitfall sash die Abgabensatzung einen Gemeindeanteil an der Finanzierung von Maßnahmen der Tourismuswerbung in Höhe von zunächst 65 % und später von 30 % vor. Hieraus leitete das Finanzamt indiziell eine anteilige Verwendung der Eingangsleistungen auch für öffentliche Zwecke, z. B. in Gestalt der Förderung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde, ab.

Die Klägerseite sah in dieser Würdigung eine Benachteiligung kommunaler Unternehmen. Maßgeblich für den Vorsteuerabzug sei allein der direkte und unmittelbare Zusammenhang der Eingangsleistungen zu steuerpflichtigen Umsätzen. Dieser sei hier nachvollziehbar dargelegt. Auf reflexartige mittelbare Vorteile Dritter könne es nicht ankommen.

FG: Nichtunternehmerische Verwendung nicht nachgiewsen

Das Schleswig-Holsteinisches FG sah keine zureichenden Anhaltspunkte für eine anteilig nichtunternehmerische Verwendung der Eingangsleistungen. Die eingekauften Werbeleistungen waren inhaltlich an Kurgäste adressiert, so dass ein nachvollziehbarer Zusammenhang zu steuerpflichtigen Umsätzen des Kurbetriebes bestand. Der Kurbetrieb arbeitete auch wettbewerbs- und gewinnorientiert.

Die Mitfinanzierung der Werbeaufwendungen durch eine an den Kurbetrieb weitergeleitete Fremdenverkehrsabgabe rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Abgabe knüpfe zwar nach dem Inhalt der kommunalen Abgabensatzung an Vorteile der Abgabe und auch der Allgemeinheit an der Tourismusförderung an.  Das Schleswig-Holsteinisches FG wertete die mittelbaren Vorteile der Gemeinde aus den Werbeleistungen allerdings als nebensächlich i. S. der EuGH-Entscheidung "Vos Aannemingen" v. 1.10.2020, C-405/19.

Indizwert der Festlegung eines Gemeindeanteils

Bei dieser Würdigung hat der Senat auch in Rechnung gestellt, dass der Indizwert der Festlegung eines Gemeindeanteils an der Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe für Zwecke der Abgrenzung einer unternehmerischen von einer nicht-unternehmerischen Verwendung i. S. d. § 15 Abs. 1 UStG vergleichsweise gering ist. Denn dieser dient maßgeblich der Vermeidung einer übermäßigen Belastung der privaten Abgabepflichtigen. Wegen des für kommunale Beiträge geltenden Äquivalenzprinzips (z. B. § 8 KAG SH) dürfen Beiträge den (mittelbaren) Vorteil der Abgabepflichten aus der mit der Abgabe finanzierten kommunalen Leistung (hier: Tourismusförderung) nicht übersteigen. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der satzungsmäßigen Festlegung eines Gemeindeanteils an der Finanzierung der Tourismuswerbung nicht zwangsläufig auf eine anteilig nichtunternehmerische Verwendung vom Kurbetrieb eingekaufter Werbeleistungen schließen.

Kein steuerbarer Leistungsaustausch

Für eine Saldierung mit weitergehenden Umsatzsteueransprüchen des Finanzamts aus entgeltlich erbrachten Gegenleistungen des Kurbetriebes sah das Gericht ebenfalls keine ausreichende Grundlage. Ein steuerbarer Leistungsaustausch war in Ansehung der Fremdenverkehrsabgabe nicht festzustellen. Die Überlassung des Aufkommens aus der Fremdenverkehrsabgabe an den Kurbetrieb stellte sich unter den Bedingungen des Streitfalls nicht als Entgelt für eine konkrete Gegenleistung des Kurbetriebes (unechter Zuschuss) dar.

Der 4. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 33/21 anhängig.

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 29.9.2021, 4 K 118/18, erkannt Newsletter III-IV/2021

Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Kommunen, Kur