Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten bei Bilanzierenden

Eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten ist tarifbegünstigt, wenn sie typischerweise eine entsprechende Progressionswirkung erwarten lässt.

Hintergrund

S betrieb einen Spielsalon mit Geldspielautomaten. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Für 1997 bis 2002 waren die gegen ihn ergangenen USt-Festsetzungen im Hinblick auf die seinerzeit umstrittene USt-Pflicht der Umsätze mit Geldspielautomaten zunächst nicht bestandskräftig geworden. In 2005 wurde - der Rechtsprechung des EuGH folgend - durch den BFH geklärt, dass derartige Umsätze nach damaliger Rechtslage (anders als heute) von der USt befreit waren. Für S ergab sich hieraus für 1997 bis 2002 ein USt-Erstattungsanspruch von rd. 72.000 EUR, der ab 2006 ausgezahlt wurde.

Das FA aktivierte den Erstattungsanspruch im Jahresabschluss 2005 und legte dem geänderten ESt-Bescheid 2005 einen Gewinn von rd. 96.000 EUR zugrunde. Es versagte die Anwendung der auf Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit geltenden Tarifbegünstigung nach § 34 EStG, da in einem Unternehmen stärkere Schwankungen der Ergebnisse durchaus üblich seien.

Das FG wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, zum einen hätte S die USt jeweils jährlich als Forderung aktivieren können, so dass es in 2005 nicht zu einer Zusammenballung von Einkünften gekommen wäre. Zum anderen sei die Begünstigung bei Bilanzierenden ohnehin nicht anwendbar.

Entscheidung

Der BFH verritt eine großzügigere Auffassung und widerspricht dem FG für beide Begründungen. Der einmalige Ertrag aus der zusammengeballten Aktivierung der USt-Erstattungsansprüche ist tarifbegünstigt zu besteuern.

Der BFH weist zunächst das Argument des FG zurück, S hätte die Steuererstattungsansprüche laufend aktivieren und so eine progressionserhöhende Zusammenballung vermeiden können. Denn das Realisationsprinzip untersagt die Aktivierung von Forderungen, die am Bilanzstichtag vom Schuldner - wie hier vom FA - bestritten werden.

Sodann begründet der BFH, dass - entgegen der Auffassung des FG - die Ermittlung der Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich der Steuerermäßigung nicht entgegensteht. Die Rechtsprechung hat schon bisher in Fällen mit Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung die Tarifbegünstigung zugelassen. Da das Gesetz keine Differenzierung zwischen den Gewinnermittlungsarten enthält und Gründe für die unterschiedliche Behandlung nicht ersichtlich sind, bejaht der BFH nunmehr auch die Anwendung bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Dem Wortlaut ist eine Beschränkung auf bestimmte Gewinnermittlungsarten nicht zu entnehmen.

Der BFH bejaht auch, dass bei den USt-Erstattungen "Vergütungen" für mehrjährige Tätigkeiten i.S.d. § 34 Abs. 2 EStG vorliegen. Denn als Vergütungen kommen alle Vorteile von wirtschaftlichem Wert in Betracht, die im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart erzielt werden. Eine USt-Erstattung fällt unter diese Begriffsbestimmung. Es handelt sich auch um eine Vergütung für "mehrjährige Tätigkeiten". Davon ist auszugehen, wenn sich die Tätigkeit über mindestens zwei Veranlagungszeiträume oder über mehr als 12 Monate erstreckt.

Hinweis

Da § 34 EStG ausdrücklich nur "außerordentliche Einkünfte" umfasst, ist die Tarifbegünstigung jedenfalls dann anzuwenden, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit atypisch zusammengeballt anfällt. Der BFH beschränkt seine Argumentation auf Fälle, in denen Forderungen erst durch Führung eines Rechtsstreits realisiert werden können. Hier bestehen die - in der Rechtsprechung z.T. in den Vordergrund gerückten - Gestaltungs- und Missbrauchsmöglichkeiten nicht. Denn der Forderungseingang ist hier ebensowenig disponibel wie der Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung der Einnahme. Zwar sind schwankende Einnahmen bei den Gewinneinkünften nicht ungewöhnlich. Bei den streitigen USt-Erstattungen tritt jedoch nicht nur im Einzelfall, sondern typischerweise eine Progressionswirkung ein. Die erweiternde Auslegung des Anwendungsbereichs der Tarifbegünstigung durch den BFH beschränkt sich damit auf Fälle, die der Gestaltung durch den Unternehmer entzogen sind und für das konkrete Unternehmen atypisch sind.

Zu erwähnen ist noch, dass nach der am 6.5.2006 in Kraft getretenen Neuregelung die Umsätze eines Betreibers von Geldspielautomaten steuerpflichtig sind.

Schließlich verweist der BFH noch auf den allgemeinen - auch vom BVerfG hervorgehobenen - Grundsatz, dass allein die systematische Unterscheidung verschiedener Einkunftsarten eine Ungleichbehandlung in den Rechtsfolgen nicht rechtfertigt. Unterschiedliche Rechtsfolgen müssen ihre Rechtfertigung in besonderen sachlichen Gründen finden.