Beantragung eines pauschalen Verlustrücktrags bei der Einkommensteuererklärung 2019
Beispiel: B erzielt inim Jahr 2019 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. 100.000 EUR. A erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i. H. v. 80.000 EUR (Gesamtbetrag der Einkünfte 180.000 EUR). Aufgrund der Corona-Krise hat B in ihrem Reisebüro erhebliche Umsatzeinbußen in Kauf zu nehmen. Sie stellte daher einen Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen für 2020 (auf 0 EUR). Nach einer Hochrechnung geht B davon aus, in 2020 einen nicht unerheblichen Verlust aus Gewerbebetrieb i. H. v. 50.000 EUR zu erzielen. Sie beantragt daher im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2019 einen vorläufigen Verlustrücktrag zu berücksichtigen, welcher aber pauschal angesetzt werden soll
§ 111 EStG: Vorläufiger Verlustrücktrag für 2020
Im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz v. 29.6.2020 (BGBl 2020 I S. 1512) wurde festgelegt, dass mit Einführung des § 111 EStG auf Antrag des Stpfl. bereits im Veranlagungsverfahren 2019 ein vorläufiger Verlustrücktrag aus dem VZ 2020 berücksichtigt werden soll. Da die genaue Höhe des Verlustes zurzeit noch nicht bekannt sein kann, ist er zu schätzen und stellt insoweit einen vorläufigen Verlustrücktrag dar. Voraussetzung für die Anwendung des § 111 EStG ist, dass die Vorauszahlungen für den VZ 2020 auf 0 EUR herabgesetzt wurden.
Der Verlustrücktrag beträgt gem. § 111 Abs: 1 EStG pauschal 30% des Gesamtbetrags der Einkünfte (G. d. E.) des VZ 2019. Bei der Berechnung der Höhe des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) nicht zu berücksichtigen, die im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind. Ein Rücktrag von mehr als 30% ist möglich (niedriger aber nicht), wenn die Höhe dieses voraussichtlichen Verlustrücktrags anhand detaillierter Unterlagen nachgewiesen wird.
Hier wäre daher wie folgt zu rechnen:
G. d. E. ohne § 19 Ehemann = 100.000 EUR x 30% = 30.000 EUR
Vorläufiger pauschaler Verlustrücktrag 2019: 30.000 EUR. Den Spitzensteuersatz unterstellt (42%) ergäbe sich ein steuerlicher Vorteil von ca. 12.600 EUR (nur ESt).
Jahresveranlagung 2020
Unabhängig von einem tatsächlichen Verlustrücktrag aus 2020 nach § 10d Abs. 1 EStG ist die bisherige Berücksichtigung des vorläufigen Verlustrücktrags bei der Veranlagung 2019 in jedem Fall rückgängig zu machen, in dem dieser dem G. d. E. hinzugerechnet wird (§ 111 Abs. 6 EStG). § 111 Abs. 6 EStG ist insoweit eine eigenständige Korrekturvorschrift. Das heißt der steuerliche Vorteil wird dann (zunächst) wieder aufgelöst.
Soweit sich dann rücktragsfähige negative Einkünfte aus der Einkommensteuererklärung 2020 ergeben und der Stpfl. nicht ganz oder teilweise auf einen Verlustrücktrag verzichtet hat, ist der Steuerbescheid für 2019 zusätzlich unter Eingabe des tatsächlichen Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 i. V. m. Satz 3 EStG zu ändern.
In Beispiel absehbar: Kein Verlustrücktrag nach 2019 möglich
Im Beispielsfall ist aber schon absehbar, dass sich bei Abgabe der Einkommensteuererklärung 2020 kein rücktragsfähiger Verlust ergeben wird. A hat nämlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, welche im Rahmen der Zusammenveranlagung dazu führen, dass zwischen den Ehegatten ein vorrangiger vertikaler Verlustausgleich durchgeführt wird. Nichtsdestotrotz erfasst § 111 EStG auch diese Konstellation, weil die Vorschrift nichts Gegenteiliges hergibt.
Dies bedeutet hier, dass der steuerliche Vorteil für 2019 in voller Höhe (ca. 12.600 EUR) zurückgezahlt werden muss. Durch den vertikalen Verlustausgleich in 2020 wird zwar vermutlich eine Steuererstattung entstehen, diese wird bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i. H. von 80.000 EUR (- 50.000 EUR Verlustausgleich) aber nicht ganz ausreichen (ca. 12.000 EUR, wenn Ehemann Steuerklasse III), um in voller Höhe mit der Nachzahlung 2019 aufrechnen zu können.
Einzelveranlagung prüfen
Es sollte daher geprüft werden, ob eine Einzelveranlagung von Ehegatten günstiger ist. Kann B nämlich den Verlust i. H. v. ca. 50.000 EUR in voller Höhe nach 2019 (§ 62d Abs. 2 S. 1 EStDV) zurücktragen, ergibt sich (der Spitzensteuersatz bei den vorliegenden Einkünften unterstellt) eine zusätzliche Steuererstattung i. H. v. 8.400 EUR (50.000 EUR x 42 % = 21.000 EUR - Korrekturbetrag 12.600 EUR). Abzüglich der Steuernachzahlung beim Ehemann i. H. v. ca. 6.700 EUR (Differenz zwischen Besteuerung nach Steuerklasse 3 und 1) verbleibt eine Steuererstattung von ca. 1.700 EUR.
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