Notwendiges Betriebsvermögen bei einem Verpachtungsbetrieb

Ein vom Verpächter eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs erworbenes verpachtetes landwirtschaftliches Grundstück ist nur dann dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs zuzuordnen, wenn es innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (12 Monate) in das bestehende Pachtverhältnis des landwirtschaftlichen Betriebs einbezogen wird.

Hintergrund: Hinzuerwerb eines verpachteten Grundstücks

A war seit 1996 Inhaberin eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ihr Ehemann (E) unterhielt einen Gewerbebetrieb. In 1996 erwarb A Grundstücke zum Kaufpreis von 31.000 DM. Die Grundstücke waren an den Landwirt B verpachtet. B gab sie nach Kündigung des Pachtverhältnisses im Mai 1996 frei. Sie wurden fortan von E für dessen Betrieb genutzt. Da E für den Aufwuchs keine Verwendung hatte, verpachtete A die Grundstücke ab Mai 1999 an den benachbarten Landwirt R. Ende 2008 kündigte A das Pachtverhältnis. Während des Pachtverhältnisses war es E weiterhin gestattet, die Grundstücke für seinen Gewerbebetrieb zu nutzen.

In 2008 verkaufte A die Grundstücke für 850.000 EUR. Einen Veräußerungsgewinn erfasste sie bei ihren Einkünften aus LuF nicht, da sie die Grundstücke ihrem Privatvermögen zuordnete.

Das FA vertrat die Auffassung, die Grundstücke seien mit dem Erwerb 1996, spätestens im Mai 1999 (Verpachtung an R) in das BV des Verpachtungsbetriebs eingelegt worden. Unter Ansatz des Teilwerts, der dem 1996 vereinbarten Kaufpreis entspreche, sei ein Veräußerungsgewinn von 800.361 EUR erzielt worden.

Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Grundstücke seien weder dem notwendigen noch dem gewillkürten Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs, sondern dem Privatvermögen der A zuzuordnen gewesen.

Entscheidung: Fehlende Zuordnung zum Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs

Der BFH teilt die Auffassung des FG. Der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke war wegen fehlender Zuordnung zum notwendigen oder gewillkürten BV des landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs nicht bei den Einkünften aus LuF und wegen Veräußerung außerhalb der Zehnjahresfrist auch nicht bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG zu erfassen. Die Revision des FA wurde daher in der Sache als unbegründet zurückgewiesen. Die Revision hatte lediglich zu einem kleinen Teil insofern Erfolg, als dem FG ein Rechenfehler unterlaufen war.

Begriff des notwendigen Betriebsvermögens

Ein WG gehört zum notwendigen BV, wenn es objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt ist. Das WG muss, wenn auch nicht notwendig i.S. von "erforderlich", so doch auf den Betriebsablauf bezogen und ihm zu dienen bestimmt sein. Die Bestimmung erfordert eine endgültige Funktionszuweisung. Dafür genügt die abschließende Bestimmung, dass das WG in Zukunft betrieblich genutzt wird (BFH, Urteil v. 19.7.2011, IV R 10/00, BStBl II 2012, 93).

Notwendiges Betriebsvermögen eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs

Wirtschaftsgüter, die der Verpächter für seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des Pachtverhältnisses überlässt, gehören zum notwendigen BV des verpachteten Betriebs (BFH, Urteil v. 26.3.1991, VIII R 104/87, BFH/NV 1991, 671). Eine vom Verpächter hinzugekaufte Nutzfläche wird somit nur dann notwendiges BV, wenn sie in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird (BFH, Urteil v. 24.9.1998, IV R 1/98, BStBl II 1999, 55). Ist sie beim Erwerb noch an einen fremden Landwirt verpachtet, ist notwendigen BV ebenso wie bei der Eigenbewirtschaftung nur gegeben, wenn das Grundstück geeignet und endgültig dazu bestimmt ist, dem verpachteten Betrieb auf Dauer zu dienen. Außerdem muss eine Bewirtschaftung durch den Pächter des Betriebs in einem überschaubaren Zeitraum (d.h. laut Leitsatz: 12 Monate) möglich sein (BFH, Urteil v. 19.7.2011, IV R 10/00, BStBl II 2012, 93).

Kein notwendiges Betriebsvermögen mangels eindeutiger Zweckbestimmung

Das FA ging davon aus, ein vom Verpächter hinzuerworbenes an einen Dritten verpachtetes Grundstück sei ohne weitere Zweckbestimmung immer dem notwendigen BV des Verpachtungsbetriebs zuzurechnen, auch wenn es nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen werde. Dem widerspricht der BFH. Für die Zuordnung zum BV kommt es – beim aktiven Betrieb ebenso wie beim Verpachtungsbetrieb – darauf an, ob der Betriebsinhaber eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen hat. Davon ist bei einem Verpachtungsbetrieb nur auszugehen, wenn das Grundstück in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird. Im Streitfall waren die Grundstücke indes nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen worden. Denn die Pächter B und R waren nicht Pächter eines der übrigen landwirtschaftlichen Grundstücke des Verpachtungsbetriebs.

Auch keine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen

Erwirbt der Verpächter an Dritte verpachtete Grundstücke, die von vornherein nicht zur Verpachtung an den Pächter des Verpachtungsbetriebs vorgesehen sind, kann er die hinzuerworbenen Grundstücke dem gewillkürten BV zuordnen, da deren Eignung, den Betrieb dem Grunde nach zu fördern, regelmäßig zu bejahen ist. Für die Zuordnung zum gewillkürten BV ist allerdings die klare und eindeutige Bekundung des Zuordnungswillens erforderlich. Daran fehlt es hier. Denn A wollte die Grundstücke weiterhin für die Erweiterung des Gewerbebetriebs des E nutzen. Sie verkaufte die Grundstücke erst, als eine Nutzung für E aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kam. Außerdem hat sie die Grundstücke nicht in das Anlageverzeichnis des Verpachtungsbetriebs aufgenommen.

Hinweis: Gleichbehandlung des Verpachtungsbetriebs mit einem aktiv bewirtschafteten Betrieb

Nach der Auffassung des FA könnte der Inhaber eines Verpachtungsbetriebs ein an einen Dritten verpachtetes Grundstück, auch wenn er dieses nicht zum Einsatz im Pachtbetrieb vorgesehen hat, nicht im Privatvermögen erwerben, obwohl diese Möglichkeit dem Inhaber eines aktiv bewirtschafteten Betriebs zustände. Da der Verpachtungsbetrieb indes lediglich eine Unterbrechung des zuvor aktiv bewirtschafteten Betriebs darstellt, ist eine unterschiedliche Beurteilung schon aus Gleichheitsgründen nicht gerechtfertigt.

Da die Grundstücke außerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist veräußert wurden, schied eine Erfassung als privater Veräußerungsgewinn aus (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

BFH Urteil vom 19.12.2019 - VI R 53/16 (veröffentlicht am 09.04.2020)

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