Leistungsbeschreibung in Rechnungen

Wie ausführlich muss die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung sein, damit diese zum Vorsteuerabzug berechtigt? Mit dieser Frage musste sich der EuGH in einem portugiesischen Vorabentscheidungsersuchen befassen. Die Entscheidung könnte auch Auswirkungen au das deutsche Recht haben.

Sachverhalt

Das portugiesische Vorabentscheidungsersuchen betraf die Frage der Auslegung von Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL, wie ausführlich die Art der erbrachten Leistung auf einer Rechnung angegeben sein muss, um für Zwecke des Vorsteuerabzugs anerkannt zu werden.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft, die im Hotelgewerbe tätig ist. In den Streitjahren 2008 bis 2010 nahm sie Beratungsleistungen einer Rechtsanwaltskanzlei in Anspruch. Hierüber erhielt sie insgesamt vier Rechnungen, aus denen sie den Vorsteuerabzug geltend machte. Über die erbrachten Leistungen enthielten die Rechnungen Angaben wie folgt: „Vom 1. Dezember 2007 bis zum heutigen Tag erbrachte juristische Dienstleistungen“, „Honorare für von Juni bis zum heutigen Tag erbrachte juristische Dienstleistungen“, „Honorare für bis zum heutigen Tag erbrachte juristische Dienstleistungen“, „Honorare für vom 1. November 2009 bis zum heutigen Tag erbrachte juristische Dienstleistungen“. Unter „heutigem Tag“ war jeweils das Ausstellungsdatum der Rechnung zu verstehen.

Finanzbehörde verweigert Vorsteuerabzug

Die Finanzbehörde versagte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen, da die Angaben über die bezogenen Leistungen unzureichend konkret seien. Daraufhin legte die Klägerin weitere Dokumente vor, die eine detailliertere Beschreibung der erhaltenen Leistungen enthielten. Die Finanzbehörde blieb bei ihrer Auffassung, dass der Vorsteuerabzug zu versagen sei, weil die Rechnungsangaben nicht den Pflichtanforderungen genügten, unabhängig davon, dass nachgewiesen sei, dass die zugrunde liegenden Leistungen erbracht wurden. Das Fehlen bzw. die Unvollständigkeit der Rechnungsangaben werde nicht dadurch geheilt, dass weitere Dokumente vorgelegt worden seien, weil diese keine den Rechnungen gleichwertige Dokumente darstellten.

Die im portugiesischen MwStG genannten „gleichwertigen Dokumente“ müssten selbst und für sich allein alle in Art. 36 Abs. 5 des CIVA genannten Anforderungen erfüllen, was nicht durch Beifügung eines Anhangs erfolgen könne. Der Umstand, dass die erbrachten Dienstleistungen nicht auf den Rechnungen oder gleichwertigen Dokumenten genau bezeichnet werden, mache es unmöglich, zu beurteilen, ob die auf den betreffenden Dokumenten ausgewiesene MwSt nach den Art. 19 und 20 des CIVA abgezogen werden kann. Die in Rede stehenden Rechnungen und die beigefügten Dokumente seien nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form ausgestellt, d. h., auf keinem der Dokumente werde die erbrachte Dienstleistung mit den für die Bestimmung der anzuwendenden Steuer erforderlichen Angaben aufgeführt; auf den Rechnungen oder gleichwertigen Dokumenten müssten die erbrachten Leistungen spezifiziert und quantifiziert werden, der bloße Hinweis „Erbringung juristischer Dienstleistungen“ ohne genaue Angabe und Spezifizierung der erbrachten „juristischen Dienstleistungen“ sei inakzeptabel.

Die Finanzbehörde verwies auf Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL, wonach gem. den Art. 220 und 221 MwStSystRL ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke die Angabe der Menge und Art der gelieferten Gegenstände beziehungsweise des Umfangs und der Art der erbrachten Dienstleistungen enthalten müssen. Auf den genannten Rechnungen werde lediglich angegeben, dass es sich bei den erbrachten Dienstleistungen um juristische Dienstleistungen handele, was dieser Vorschrift tatsächlich nicht genügte. Diese Angabe sei vage und ungenau und bezeichne weder die konkret erbrachten Dienstleistungen, noch den Umfang der einzelnen Dienstleistungen oder deren Gesamtumfang. Es müsse spezifiziert werden, welche Dienstleistung tatsächlich erbracht wurde, wenn auch nur durch die reine Angabe ihrer üblichen Bezeichnung, ohne dass weitere Spezifizierungen erforderlich wären.

Vorlagefrage an den EuGH

Das Vorlagegericht fragte den EuGH, ob es nach Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL zulässig ist, die auf einer Rechnung verwendete Bezeichnung „Erbringung juristischer Dienstleistungen ab einem bestimmten Datum bis zum heutigen Tag“ oder lediglich „Erbringung juristischer Dienstleistungen bis zum heutigen Tag“ als unzureichend einzustufen, wenn die Finanzbehörde ergänzende Informationen anfordern kann, die sie zur Bestätigung der Erbringung und der detaillierten Merkmale der Leistungen für erforderlich erachtet.

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass die Angabe „Erbringung juristischer Dienstleistungen“ die Anforderungen von Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL, wonach die Rechnung Art und Umfang der erbrachten Dienstleistungen enthalten muss, a priori nicht erfüllt, was endgültig aber das vorlegende Gericht zu prüfen hat. Er begründet dies mit dem Zweck der Regelung, wonach die Rechnungsangaben es den Steuerverwaltungen ermöglichen sollen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Die Angabe „juristische Dienstleistungen“ scheine bereits die Art der fraglichen Dienstleistungen nicht hinreichend detailliert zu bezeichnen. Darüber hinaus sei diese Angabe derart allgemein, dass sich ihr der Umfang der erbrachten Dienstleistungen nicht entnehmen lässt. Damit ist der EuGH im Ergebnis insoweit den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott vom 18.2.2016 gefolgt.

EuGH äußert sich auch zum Leistungszeitpunkt

Obwohl vom Vorlagegericht nicht ausdrücklich hierzu gefragt, hat der EuGH auch die Anforderungen an eine Rechnung nach Art. 226 Nr. 7 MwStSystRL angesprochen, wonach das Datum, an dem eine Dienstleistung erbracht bzw. abgeschlossen wird, in der Rechnung anzugeben ist. Hier gelangt der EuGH – wie bereits die Generalanwältin - zu dem Ergebnis, dass zwar die Angabe „Erbringung juristischer Dienstleistungen ab [einem bestimmten Datum] bis zum heutigen Tag“ den Anforderungen des Art. 226 Nr. 7 MwStSystRL genügt, nicht jedoch die Angabe „Erbringung juristischer Dienstleistungen bis zum heutigen Tag“, die keine Konkretisierung des Beginns des Abrechnungszeitraums enthält.

Der EuGH verweist jedoch darauf, dass dem vorlegenden Gericht die Prüfung obliege, ob die von der Klägerin vorgelegten zusätzlichen Dokumente eine detailliertere Beschreibung der juristischen Dienstleistungen enthalten und gem. Art. 219 MwStSystRL als einer Rechnung gleichgestellte Dokumente angesehen werden können.

EuGH betont formellen Charakter der Rechnungsangaben

Hinsichtlich der Folgen des Verstoßes gegen Art. 226 Nr. 6 und 7 MwStSystRL ist der EuGH nicht den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott gefolgt, das strikte Erfordernis einer ordnungsgemäßen Rechnung für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug betont hatte. Er betont vielmehr (wie bereits in der am gleichen Tag ergangenen Entscheidung zur Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung in der Sache C-518/14) den rein formellen Charakter der Rechnungsangaben. Aus dem Neutralitätsprinzip der MwSt folge, dass die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigern kann, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nr. 6 und 7 MwStSystRL aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Vorsteuerabzugsvoraussetzungen erfüllt sind.

In diesem Zusammenhang verweist der EuGH ebenso wie in der Sache C-518/14 auf die Nachweispflichten des Steuerpflichtigen und die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Missachtung der Formerfordernisse mit finanziellen Sanktionen zu ahnden.

Praxishinweis: Anpassung der deutschen Regelungen erforderlich

Das deutsche Recht ist von dem Urteil betroffen. § 14 Abs. 4 UStG regelt bisher (neben den Sonderbestimmungen in § 14a UStG) in seinen Nummern 1 bis 10 abschließend die obligatorischen Angaben, die eine Rechnung für Umsatzsteuerzwecke enthalten muss. Ergänzt wird § 14 Abs. 4 UStG durch die zusätzlichen Regelungen über Rechnungsangaben in § 31 UStDV. Die Pflichtangaben haben erhebliche Auswirkungen auf die Eignung der Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG setzt der Vorsteuerabzug (materiell-rechtlich) voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. So setzt der Vorsteuerabzug z.B. grundsätzlich eine auf den Namen des umsatzsteuerlichen Leistungsempfängers lautende Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer voraus. Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen (vgl. BFH, Urteil v. 6.12.2007, V R 61/05, BStBl 2008 II S. 695). Der Vorsteuerabzug kann gefährdet sein, wenn einzelne Rechnungsangaben entweder nicht vorhanden oder unvollständig oder unrichtig sind (vgl. dazu die Regelungen in Abschn. 15.2a UStAE).

Die Gesamtheit aller Dokumente, die die nach § 14 Abs. 4 UStG (und § 14a UStG) geforderten Angaben insgesamt enthalten, bildet die Rechnung. In einem Dokument fehlende Angaben müssen in anderen Dokumenten enthalten sein. In einem dieser Dokumente müssen mindestens das Entgelt und der Steuerbetrag angegeben werden. Außerdem sind in diesem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 UStG (und § 14a UStG) erforderlichen Angaben insgesamt ergeben. Alle Dokumente müssen vom Rechnungsaussteller erstellt werden. Dokumente, aus denen sich die übrigen nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Angaben ergeben können, sind z.B. Verträge, Bestellscheine, Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Versandanzeigen, Frachtbriefe, Schriftwechsel, usw.

Nach bisherigem deutschen Recht (§ 31 Abs. 1 UStDV) setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs materiell-rechtlich voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Das vorliegende Urteil (und auch das EuGH-Urteil in der Sache C-518/14) weisen der Rechnung bzw. den Rechnungsangaben für Zwecke des Vorsteuerabzugs aber nur noch eine formelle Funktion zu. Somit erfordert das Urteil zumindest eine Anpassung der deutschen Regelungen zur Gewährung des Vorsteuerabzugs bei (nachgewiesener) Erfüllung der materiellen Voraussetzungen und Nichterfüllung der formellen Rechnungsanforderungen.

EuGH, Urteil v. 15.9.2016, C-516/14

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