Kosten eines Zivilverfahrens als außergewöhnliche Belastung
Die Beteiligten stritten um den Abzug von Verfahrenskosten als außergewöhnliche Belastung. Die im Jahr 2011 - und damit vor Einführung der gesetzlichen Neuregelung zum 1. Januar 2013 - angefallenen Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten und Sachverständigenkosten standen im Zusammenhang mit einer Schmerzensgeldklage des Klägers und seiner Kinder wegen ärztlicher Behandlungsfehler, die zum Versterben der Ehefrau des Klägers geführt haben sollen. In dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren hatte das Landgericht ein Gutachten sowie ein Ergänzungsgutachten eingeholt. Das beklagte Finanzamt verweigerte mit Blick auf den Nichtanwendungserlass, mit dem sich die Finanzverwaltung gegen die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Abzug von Zivilprozesskosten gestellt hatte, den Abzug der Kosten.
Dem ist das Finanzgericht Düsseldorf (erneut) entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass Kosten eines Zivilprozesses nach der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung - unabhängig vom Gegenstand des Prozesses - aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen könnten. Die Rechtsverfolgung erscheine auch nicht von vornherein aussichtslos und sei zudem nicht mutwillig. Im Hinblick auf die erfolgte Beweiserhebung durch das Landgericht sei der Erfolg der Klage mindestens ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg. Die außergewöhnliche Belastung sei damit im Veranlagungszeitraum der Verausgabung steuermindernd zu berücksichtigen. Erstattungen, die dem Kläger in späteren Veranlagungszeiträumen zuflössen, führten als sog. rückwirkende Ereignisse zu einer Änderung des Steuerbescheids.
FG Düsseldorf, Urteil v. 23.9.2013, 7 K 1549/13 E
Die Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten war noch in einem weiteren Verfahren streitig. Die Kläger hatten im Hinblick auf Baumängel an ihrem selbstgenutzten Einfamilienhaus ein selbständiges Beweisverfahren beim Amtsgericht angestrengt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte eine nicht fachgerechte Abdichtung zur Nachbarwand fest. Die Schadensersatzklage gegen den Bauträger blieb jedoch ohne Erfolg, da das Landgericht dem Ergebnis eines weiteren Gutachtens folgte, das konstruktive Mängel des Gebäudes verneinte. Die Kläger begehrten erfolglos den Abzug der angefallenen Rechtsanwalts- und Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastung.
Auch in diesem Streitfall konnten sich die Kläger gegen das Finanzamt durchsetzen. Nach der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf können die Aufwendungen - nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung - als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei zu folgen. Die Zivilklage habe bereits deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten, weil ein unabhängiger Gutachter im selbständigen Beweisverfahren zu dem Ergebnis gelangt sei, dass das Gebäude vom Bauträger verursachte Mängel aufweise. Dass die Klage aufgrund des abweichenden Gutachtens letztlich keinen Erfolg gehabt habe, hätten die Kläger nicht voraussehen können. Die Finanzverwaltung sei zudem durchaus in der Lage, die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses summarisch zu prüfen. Schließlich habe im Unterschied zu einem anders lautenden Urteil des Finanzgerichts Hamburg im Streitfall kein freiwilliger Erwerb eines Anspruchs vom Berechtigten zur (gerichtlichen) Durchsetzung stattgefunden; die Kläger hätten den etwaigen Schadensersatzanspruch unfreiwillig erlangt.
Das Finanzgericht hat in diesem Fall die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
FG Düsseldorf, Urteil v. 9.10.2013, 15 K 1102/13 E
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