Keine umsatzsteuerliche Organschaft mit Nicht-Unternehmer
Sachverhalt:
An der Klägerin (GmbH) ist die B als alleinige Gesellschafterin und Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligt. B hat gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen, sie ist hoheitlich tätig und keine Unternehmerin. Gegenstand der Klägerin ist die Erfüllung von Aufgaben, die B im Rahmen des nach dem SGB V festgelegten Umfangs sicherzustellen hat. Dazu gehört insbesondere die Beratung und Unterstützung von Mitgliedern der B und über die Mitgliedschaft der Ärzte organisatorisch verbundener Einrichtungen bei Abschluss, Durchführung und Abwicklung von Verträgen mit Krankenkassen oder ihren Verbänden i. S. d. SGB V. Die Klägerin unterhält kein eigenes Büro und hat keine eigenen Mitarbeiter für die Verwaltung. Tatsächlich beschränkt sich ihre Aufgabe im Wesentlichen darauf, das nichtärztliche Personal einzustellen und der B für ihre Verwendung zu überlassen. Die ihr entstehenden Aufwände für Löhne und Sozialversicherungsbeiträge werden der B weiterberechnet, zuzüglich eines Aufschlags für Gemeinkosten. Nachdem das Finanzamt Umsatzsteuer für die „Umsätze der Klägerin“ forderte, machte diese u. a. geltend, dass sie lediglich Innenumsätze an B erbracht habe und diese nach den Grundsätzen für umsatzsteuerliche Organschaften nicht steuerbar seien.
Entscheidung:
Das Finanzgericht hat zunächst klargestellt, dass es der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft nicht entgegensteht, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Eine solche ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht erforderlich. Außerdem ist auch derjenige Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuerrechts, der im Ergebnis lediglich die entstandenen Kosten zuzüglich eines Aufschlags für Gemeinkosten als Entgelt erhält. Eine Organschaft zur B (Körperschaft des öffentlichen Rechts) könne schon deshalb nicht vorliegen, weil dies dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2 Abs. 2 UStG widerspreche, wonach nur Unternehmer Organträger sein können. Aus Art. 11 MwStSystRL erwächst insoweit keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, Nicht-Unternehmer in eine umsatzsteuerliche Organschaft (zwingend) einzubeziehen. Zwar mag eine solche Einbeziehung nach der neueren Rechtsprechung des EuGH nicht gegen Art. 11 MwStSystRL verstoßen, allerdings gestattet Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL den Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Steuerhinterziehungen oder -umgehungen durch die Anwendung von Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL vorzubeugen. Das Gericht versteht die Regelung des § 2 Abs. 2 UStG dahingehend, dass der deutsche Gesetzgeber durch die Beschränkung der umsatzsteuerlichen Organschaft auf Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuergesetzes eine solche Maßnahme getroffen hat.
Praxishinweis:
Nach Ansicht des Finanzgerichts können Unternehmer keinen Anspruch darauf herleiten, im Rahmen einer Mehrwertsteuergruppe mit einem Nicht-Unternehmer als „Organträger“ als (nur) ein Steuerpflichtiger behandelt zu werden. Mit anderen Worten: Ein Nicht-Unternehmer kommt als Organträger nach diesem Rechtverständnis nicht in Betracht. Das Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen V R 67/14 beim BFH anhängig. Hinzuweisen ist darauf, dass nach Auffassung des Generalanwalts Mengozzi im Rahmen seiner Schlussanträge vom 26.3.2015 im EuGH-Verfahren C-108/14 grundsätzlich keine Möglichkeit besteht, sich unmittelbar auf Art. 11 MwStSystRL zu berufen; es obliege vielmehr dem vorlegenden Gericht (z. B. BFH), seine nationalen Rechtsvorschriften soweit wie möglich in Einklang mit der genannten Bestimmung der Richtlinie auszulegen (vgl. MwStR 2015, S. 253).
FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid v. 18.11.2014, 1 K 1480/12, Haufe Index 7619093
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