Gesonderte Feststellung des verbleibenden Spendenvortrags
Hintergrund: Errichtung einer steuerbegünstigten Stiftung
Die Eheleute A (Kläger) errichteten mit zwei weiteren Gründungsstiftern im Jahr 2001 eine privatrechtliche Stiftung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke und wandten dieser ein im Miteigentum aller Stifter stehendes Grundstück zu. Stiftungsgeschäft und Grundstücksübertragung waren zunächst nur in schriftlicher Form erfolgt. Erst am 21.11.2003 erklärten die Stifter die Auflassung vor dem Notar. Die notarielle Urkunde enthält den Hinweis, dass das Grundstück mit Wirkung zum 11.7.2001 übertragen werde und dass Besitz, Nutzungen und Gefahr des zufälligen Untergangs sowie alle öffentlichen und privaten Lasten bereits durch den privatschriftlichen Einbringungsvertrag vom 11.7.2001 übergegangen seien. Im Jahr 2004 wurde die Stiftung als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Finanzamt verweigert Sonderausgabenabzug
Die Kläger machten erstmals für 2005 eine Zuwendung in den Vermögensstock der Stiftung anlässlich deren Neugründung gemäß § 10b Abs. 1a EStG geltend und beantragten, auch in den Einkommensteuererklärungen 2006 und 2007 solche Zuwendungen als Sonderausgaben abzuziehen.
Das FA versagte den Sonderausgabenabzug mit der Begründung, dass das Grundstück der Stiftung nicht im Jahr ihrer Gründung zugewandt worden sei.
Finanzgericht gab der Klage statt
Das FG gab den Klägern Recht. Diese hätten das Grundstück bereits im Gründungsjahr 2001 in den Vermögensstock der Stiftung eingebracht und damit eine Zuwendung i.S. von § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG in Form einer Sachzuwendung (§ 10b Abs. 3 Satz 1 EStG) erbracht.
Entscheidung des BFH: Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens durch das Finanzgericht
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Dieses hätte gemäß § 74 FGO die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens anordnen müssen, da die erforderliche gesonderte Feststellung eines Spendenvortrags nicht durchgeführt worden ist. Damit habe das FG gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen.
Verbleibender Spendenvortrag hätte vom Finanzamt gesondert festgestellt werden müssen
Zuwendungen, die anlässlich der Neugründung in den Vermögensstock einer Stiftung geleistet werden, können nach § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Jahren bis zu einem Betrag von 307.000 € als Sonderausgaben abgezogen werden. Dabei ist ein noch nicht verbrauchter Spendenvortrag zum Ende des Veranlagungszeitraums gesondert festzustellen (§ 10b Abs. 1a Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG). Dieser Feststellungsbescheid entfaltet als Grundlagenbescheid Bindungswirkung hinsichtlich des Grundes und der Höhe der steuerlichen Berücksichtigung einer Vermögensstockspende als Sonderausgabe im Rahmen späterer Einkommensteuerfestsetzungen innerhalb eines Verteilungszeitraums von maximal zehn Jahren.
Das FG wird nun das Verfahren nach § 74 FGO aussetzen müssen, um dem FA die Gelegenheit zu geben, über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Spendenvortrags zu entscheiden.
Hinweis des BFH zur Förderung des Verfahrens
Wegen der Zurückverweisung der Sache an das FG aus verfahrensrechtlichen Gründen konnte der BFH keine Entscheidung zur materiellen Rechtslage treffen. Zur Förderung des Fortgangs des Verfahrens weist der BFH am Ende seiner Urteilsgründe allerdings darauf hin, dass im Streitfall die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug für eine Vermögensstockspende nicht gegeben sein dürften.
Grundstück wurde nicht anlässlich der Neugründung geleistet
Anders als vom FG angenommen - so der BFH - sei im Gründungsjahr 2001 das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück nicht auf die Stiftung übertragen worden, was aber für die Annahme einer Sachzuwendung gemäß § 10b Abs. 3 EStG notwendig gewesen wäre (vgl. BFH Urteil vom 08.08.1990 - X R 149/88, BStBl II 1991 S. 70). Wirtschaftlicher Eigentümer wird der Erwerber eines Grundstücks zu dem Zeitpunkt, zu dem ihm aufgrund einer notariellen Vereinbarung Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten übertragen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH Urteil vom 20.10.2011 - IV R 35/08, BFH/NV 2012 S. 377). Eine solche notarielle Vereinbarung aber wurde hier erst am 21.11.2003 geschlossen. Die darin ausgesprochene Rückbeziehung des Gefahrübergangs auf den 11.7.2001 ist wirkungslos, da der Erwerber dadurch nicht in die Lage versetzt wird, den Veräußerer bereits vor dem Vertragsabschluss von der Einwirkung auf das übertragene Grundstück auszuschließen. Der bloße schuldrechtliche Anspruch der Stiftung auf Übertragung des Grundstücks reicht für die Annahme des wirtschaftlichen Eigentums nicht aus.
BFH Urteil vom 06.12.2018 - X R 11/17 (veröffentlicht am 03.04.2019)
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