BFH

Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks


einheitliches Vertragswerk bzw. einheitlicher Erwerbsgegenstand

Beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks sind die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das "Ob" und "Wie" der Bebauung erworben wird. Das gilt auch dann, wenn das Grundstück von einer Gesellschaft erworben wird, die von dieser Person beherrscht wird.

Grundsätzliches

Beim Erwerb eines noch zu errichtenden Grundstücks stellt sich oftmals die Frage, ob auch die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Zu unterscheiden ist, ob der Erwerber eines unbebauten, zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks es

  • als zukünftiger Bauherr erwirbt und anschließend selbst bebauen lässt, oder
  • ob er das Grundstück im Zustand seiner (späteren) Bebauung als Käufer erwirbt.

Vom BFH zu klärende Frage

Der BFH musste die Frage entscheiden, ob die Bauerrichtungskosten Grunderwerbsteuer auslösen, wenn durch eine KG ein unbebautes Grundstück zur Bauerrichtung erworben wird. Besonderheit war, dass der Mehrheitsgesellschafter der erwerbenden KG auch die Veräußerungsseite mit beherrschte.

Sachverhalt: Einheitlicher Erwerbsgegenstand?

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:

  • An der Klägerin – einer GmbH & Co. KG – (kurz: C KG) waren als Kommanditisten A (94%) und dessen Kinder i.H.v. insgesamt 6% beteiligt.
  • Ende Januar 2017 erwarb die Klägerin Miteigentumsanteile an zwei zusammenhängenden Grundstücken von der X-GmbH.
  • An der grundbesitzenden X GmbH waren A und B i.H.v. jeweils 2,55% sowie die Y GmbH i.H.v. 94,9% beteiligt.
  • An der Y GmbH war die Z GmbH i.H.v. 100 % beteiligt, an der Z GmbH waren die A und B i.H.v. jeweils 50 % beteiligt.
  • Die X-GmbH war seit Jahren Alleineigentümerin von Grundstücken. Die X-GmbH plante, auf dem Grundbesitz ein Wohn- und Gewerbeprojekt zu erstellen.
  • Ende 2016 entschieden A und B, dass Bauvorhaben gemeinsam über die X-GmbH und die C KG zu verwirklichen.
  • Am 31.1.2017 schlossen die X GmbH und die C KG als Auftraggeberinnen mit der Baufirma S einen Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Planung und Erstellung des Bauvorhabens zum Pauschalfestpreis ab.
  • Ebenfalls am 31.1.2027 erwarb die C KG den Miteigentumsanteil an den zur Bebauung anstehenden Grundstücken.

Das Finanzamt ging von einem einheitlichen Vertragsgegenstand aus und berücksichtigte bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer auch die Bauerrichtungskosten. Das FG München ging ebenso davon aus, die Klägerin habe die Miteigentumsanteile im Zustand der späteren Bebauung der Grundstücke erworben und bezog die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage ein (FG München, Urteil v. 20.4.2022, 4 K 1857/19).

Entscheidung: Baukosten sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen

Der BFH hat Revision als begründet angesehen. Der BFH begründet die Nichteinbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage im Wesentlichen wie folgt:

  • Ergibt sich aus Vereinbarungen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (Rz. 25 m.w.N.).
  • Ein hierfür sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen ist gegeben, wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war und deshalb feststeht, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten würde.
  • Die Bauerrichtungskosten sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer zur Veräußerungsseite gehörenden Person mit bestimmtem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung erworben wird.
  • Zwar war die Klägerin als Erwerberin bei Abschluss des Kaufvertrags über die Miteigentumsanteile in ihrer Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung nicht mehr frei. Der Mehrheitsgesellschafter der Erwerberin beherrschte zusammen mit B auch die Veräußererseite. Angesichts des bestimmenden Einflusses des Mehrheitsgesellschafters der Erwerberin auf die Planung und Umsetzung des Bauvorhabens ist die C-KG als Bauherrin anzusehen (Rz. 32).

Praxisfolgen

Die Rezensionsentscheidung ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus bedeutsam. Sie geht näher auf die Frage ein, wann Bauerrichtungskosten beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Sie berücksichtigt dabei auch die gesellschaftsrechtlichen Strukturen auf Seiten des Veräußerers.

Die Entscheidung ist auch verfahrensrechtlich bedeutsam: Der Käufer und der Verkäufer vereinbarten, dass die geschuldete Grunderwerbsteuer jeweils hälftig zu tragen ist. War dies dem Finanzamt bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheides bekannt – wovon infolge des Vorliegens des Kaufvertrags auszugehen ist – bedarf die Inanspruchnahme nur des Käufers oder nur des Verkäufers für die gesamte Steuer einer Begründung. Im Entscheidungsfall wurde trotz einer solchen Vereinbarung nur der Kläger mit Grunderwerbsteuer in Anspruch genommen. Der Bescheid war bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, weil das Finanzamt dies nicht begründete (Rz. 17 ff.).

BFH, Urteil v. 2.7.2025, II R 19/22; veröffentlicht am 27.11.2025

Alle am 27.11.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen


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