Aufwendungen für die Feier eines Dienstjubiläums sind Werbungskosten
Hintergrund
A war als Beamter beim Finanzamt (FA) beschäftigt. Anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums lud er an einem Arbeitstag für die Zeit von 11 Uhr bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des FA ein. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen (sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten eines anderen FA). Zur Bewirtung kaufte er Wein und Sekt und bestellte Häppchen für 50 Personen. Die Kosten von insgesamt 830 EUR machte A vergeblich als Werbungskosten geltend. Ebenso entschied das FG und wies die Klage mit der Begründung ab, ein Dienstjubiläum sei ein persönliches, durch die private Sphäre des Arbeitnehmers veranlasstes Ereignis. Außerdem habe für A keine Verpflichtung bestanden, die Feier auszurichten.
Entscheidung
Der BFH vertritt eine großzügigere Auffassung. Für die Beurteilung, ob die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, ist in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Der Anlass stellt aber nur ein Indiz, nicht das alleinentscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungskosten dar. Deshalb kann trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses sich aufgrund der Umstände eine berufliche Veranlassung ergeben. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein noch nicht die Annahme, die Aufwendungen seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch solche Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Teilnahme befreundeter Arbeitskollegen begangen.
Deshalb sind für die Frage der beruflichen Veranlassung weitere Kriterien heranzuziehen:
- Wer tritt als Gastgeber auf und wer bestimmt die Gästeliste,
- handelt es ich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde und Mitarbeiter, um Vertreter des öffentlichen Lebens, der Presse, von Verbänden oder um private Bekannte oder Angehörige,
- wo findet die Veranstaltung statt,
- bewegen sich die Kosten Rahmen vergleichbarer Veranstaltungen,
- trägt das Fest eher einen betrieblichen oder einen privaten Charakter?
Da unter Arbeitskollegen häufig auch private Kontakte gepflegt werden, kann ferner entscheidend sein, ob nur ausgesuchte Kollegen eingeladen wurden oder ob die Einladung nach abstrakten Kriterien ausgesprochen wurde. Werden Arbeitskollegen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten betrieblichen Einheit (z.B. alle Arbeitnehmer einer Abteilung) oder nach ihrer Funktion (z.B. alle Außendienstmitarbeiter oder Auszubildenden) eingeladen, legt dies den Schluss nahe, dass die Aufwendungen für diese Gäste (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, und zwar auch dann, wenn zu einzelnen dieser Kollegen freundschaftliche Kontakte gepflegt werden. Werden dagegen nur einzeln ausgesuchte Arbeitskollegen eingeladen, kann dies auf private Beziehungen und somit auf eine nicht nur unerhebliche private Mitveranlassung schließen lassen, sodass ein Abzug ausgeschlossen ist.
Hiervon ausgehend waren die dem A entstandenen Aufwendungen (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Zum einen ist ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis. Denn der Beschäftigte wird in diesem Rahmen für seine Pflichterfüllung geehrt. Zum anderen hatte A nicht nur befreundete Kollegen, sondern unterschiedslos alle Amtsangehörigen eingeladen. Im Übrigen sprechen die maßvollen Kosten (830 EUR bei 50 Gästen), der Veranstaltungsort (Sozialraum der Behörde), die Veranstaltungszeit (teilweise während der Dienstzeit) und darüber hinaus die Genehmigung durch die Amtsleitung gegen einen privaten Charakter.
Hinweis
Der BFH hat bisher ein Dienstjubiläum als herausgehobenes persönliches Ereignis angesehen, das durch die private Sphäre des Arbeitnehmers veranlasst ist. Damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen wurden daher nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang als Werbungskosten anerkannt, sofern sich die berufliche Veranlassung nicht aus den besonderen Umständen ergab (BFH, Urteil v. 24.9.2013, VI R 35/11, BFH/NV 2014 S. 500). Hiervon abweichend anerkennt der BFH nunmehr für ein Dienstjubiläum grundsätzlich die berufliche Veranlassung. Damit dürften die Ausgaben für solche Feiern regelmäßig als Werbungskosten abziehbar sein. Denn üblicherweise werden dazu nicht nur individuell ausgesuchte Kollegen, sondern generell alle Mitarbeiter des Betriebs oder der Abteilung eingeladen. Entsprechendes gilt wohl für die in Betrieben und Behörden gebräuchlichen ähnlichen Feiern aus Anlass von Beförderungen, Amtseinführungen und Verabschiedungen. Für den Werbungskostenabzug spricht auch, ohne dass dies der BFH angesprochen hat, dass sich der Arbeitnehmer häufig dem Entrichten einer solchen Feier nicht entziehen kann.
BFH, Urteil v. 20.1.2016, VI R 24/15, veröffentlicht am 27.7.2016
Alle am 27.7.2016 veröffentlichten Entscheidungen des BFH
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Taxbaer
31.07.2016 17:46 Uhr
Diese rechtsprechungsänderung war überfällig. Denn ohne ansehensverlust kann man eine solche Feier im Betrieb gar nicht vermeiden. Man ist praktisch dazu verpflichtet, sei es Einstand, Ausstand oder Beförderung. Hierin etwas privates zu vermuten, hieße die arbeitswirklichkeit zu verkennen. Allerdings dürften künftig die Feiern dank der steuerersparnis etwas üppiger ausfallen. Keiner kann sich nun unter Blick auf die Kosten kniggrig zeigen. Ein Glas Sekt und eine trockene Brezel - das dürfte der Vergangenheit angehören.