Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück

Die vertragliche Kaufpreisaufteilung zwischen Grundstücks- und Gebäudeanteil ist der AfA-Berechnung zugrunde zu legen, sofern sie nicht zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt.

Hintergrund

X erwarb mit Besitzübergang per 1.7.2001 zwei Eigentumswohnungen im Obergeschoss eines Hauses für je 498.000 DM. Dabei entfielen laut Vertrag auf jede Wohnungseinheit/Gebäude 300.000 DM und auf den anteiligen Grund und Boden 198.000 DM. Das entspricht einer Kaufpreisaufteilung von 60,24 % auf das Gebäude und 39,76 % auf den Grund und Boden. X erklärte daher für 2001/2002 Verluste aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung einer AfA auf den Gebäudeanschaffungswert von 627.831 DM (60,24 % der Gesamtanschaffungskosten von 1.042.387 DM).

Das FA ließ eine Kaufpreisaufteilung im qualifizierten Sachwertverfahren durch einen Bausachverständigen durchführen, der für die beiden Eigentumswohnungen einen Gebäudewertanteil von 24 % und 23 % feststellte. Ausgehend von geringeren AfA-Beträgen setzte das FA die ESt entsprechend höher fest.

Das FG gab der dagegen gerichteten Klage im Streitpunkt mit der Begründung statt, eine Einigung der Vertragsparteien sei grundsätzlich dann zu berücksichtigen, wenn die Vereinbarung von wechselseitigen Interessen getragen sei.

Entscheidung

Wurde die Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen. Auch wenn dem Käufer im Hinblick auf seine AfA-Berechtigung typischerweise an einem höheren Anschaffungswert des Gebäudes gelegen ist und die entsprechende Aufteilung auch im Interesse des Verkäufers liegen kann, rechtfertigt dies grundsätzlich noch keine abweichende Aufteilung. Die Vereinbarungen der Vertragsparteien binden das FA allerdings dann nicht, wenn Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft oder einen Gestaltungsmissbrauch vorliegen. Darüber hinaus hat das FG im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Das FG hat daher das vertragliche Ergebnis durch weitere Umstände, insbesondere der objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte zu verifizieren.

Bei einer wesentlichen Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten dürfen diese nicht ohne Weiteres an die Stelle der vereinbarten Werte gesetzt werden. Denn es handelt sich dabei lediglich um ein Indiz für nicht reale Werte, das durch andere Indizien entkräftet werden kann. Das FG hat daher die Gesamtumstände aufzuklären und zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen. In Betracht kommen z.B. besondere Ausstattungsmerkmale, ursprüngliche Baukosten, Renovierungen, eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder Wohnwert des Gebäudes im Hinblick auf Straßenlärm oder besondere Ruhe. Parallel dazu sind die besonderen Kriterien des Grundstücks zu berücksichtigen, etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störender Baumbestand. Eine Korrektur der von den Vertragsparteien getroffenen Aufteilung ist aber nur geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Hiervon ausgehend hat das FG keine hinreichende Würdigung der Gesamtumstände vorgenommen. Es fehlt zum einen an der Konkretisierung des Bodenrichtwerts und zum anderen an der Herausarbeitung konkreter Anhaltspunkte für die Nachvollziehbarkeit der vertraglichen Aufteilung. Der BFH hob daher das FG-Urteil lauf und verwies die Sache an das FG zurück.

Hinweis

Ausgehend davon, dass die Vertragsparteien nicht die Höhe der Besteuerung bestimmen können, bestätigt der BFH den allgemeinen Grundsatz, dass die vertragliche Aufteilung des Kaufpreises für die Besteuerung nur dann bindend sein kann, wenn sie den real erzielbaren Werten entspricht. Das FG hat dazu die Gesamtumstände aufzuklären und entsprechend zu würdigen. Dabei steht ihm allerdings ein gewisser Bewertungsspielraum zu.

Die vom BFH für die Bewertung durch das FG aufgestellten Grundsätze gelten entsprechend für die Sachverhaltsermittlung des FA. Für die Praxis ist daher davon auszugehen, dass Grundlage der Bewertung zunächst die im Kaufvertrag vorgenommene Aufteilung ist. Nur wenn daran nennenswerte Zweifel bestehen, wird das FA anhand der sich aus den Gesamtumständen ergebenden Indizien eine konkrete Wertermittlung vornehmen. Dabei steht dem FA - ebenso wie im entschiedenen Fall dem FG - der jeder Bewertung oder Schätzung wesensgemäß immanente Bewertungsspielraum zu. Das bedeutet, dass das vom FA gefundene Ergebnis nur dann angreifbar ist, wenn es außerhalb des Bewertungsspielraums liegt. Das dem Verfahren beigetretene BMF hatte im Revisionsverfahren vorgetragen, nennenswerte Zweifel seien jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Vertragswerte um 10 % von den Werten einer bausachverständigen Stellungnahme oder der Arbeitshilfe der Verwaltung zur vereinfachten Kaufpreisermittlung abweichen (gemeint ist wohl FinMin Berlin, Erlass v. 20.4.2012, III B-S 2196-1/1993, Haufe Index 3253184). Das dürfte eine für die Praxis handhabbare Behandlung darstellen.

BFH, Urteil v. 16.9.2015, IX R 12/14, veröffentlicht am 30.12.2015


Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, AfA, Gebäude