Schrifttum

Fett/Bank, Die Rückforderung von Investitionszulagen bei Subventionsnehmern und Haftungsschuldnern, DStZ 1999, 591;

Kamps/Wulf, Neue Rechtsprechung zur Geltung des Grundsatzes "in dubio pro reo" im Verfahrensrecht der AO, DStR 2003, 2045;

Pump Der Großhändler als Haftungsschuldner, StBp 2005, 356; Pflaum, Zu den Voraussetzungen der Haftung des Steuerhinterziehers, § 71 AO, wistra 2010, 368;

Bruschke, Haftungsfragen bei Rechnungssplitting, DStZ 2013, 831;

Moritz, Steuerhinterziehung und Voraussetzung der Haftung nach § 71 AO, BB 2013, 1562;

Tormöhlen, Steuerliche Haftung bei Pflichtverletzung und Steuerhinterziehung, AO-StB 2015, 357.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift begründet eine Haftung der Steuerhinterzieher und der Steuerhehler sowie der Teilnehmer an solchen Steuerstraftaten für die durch diese verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile. Als Steuerstrafe ist die Haftung nicht anzusehen, ihrer Rechtsnatur nach hat sie Schadensersatzcharakter (BFH v. 26.02.1991, VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504; BFH v. 26.08.1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8). Soweit der Steuerschuldner selbst die Steuerstraftat begangen oder an ihr teilgenommen hat, ist § 71 AO nicht einschlägig, weil er die verkürzten Beträge selbst schuldet und nicht nur für sie haftet. Eine Ausnahme von der Unvereinbarkeit der Haftungs- mit der Steuerschuld wird dann gemacht, wenn auf einen Tatbeteiligten Ehegatten nach Aufteilung der Gesamtschuld kein vollstreckbarer Rückstand entfällt (BFH v. 07.03.2006, X R 8/05, BStBl II 2007, 594). Eine weitere Ausnahme lässt das FG Ha entgegen der h. M. bei der Haftung für TabakSt zu (a. A. FG Ha v. 18.11.2016, 4 V 142/16, EFG 2017, 182).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der BFH hatte die Haftung über den Wortlaut des § 71 AO hinaus auch zunächst auf Fälle des § 264 StGB ausgedehnt, in denen mit Hinblick auf die Investitionszulage ein Subventionsbetrug vorliegt (BFH v. 27.04.1999, III R 21/96, BStBl II 1999, 670). Diese Rechtsprechung hat der BFH aufgegeben (BFH v. 19.12.2013, III R 25/10, BStBl II 2015, 119: deliktischer Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB; s. auch BFH v. 12.01.2016, IX R 20/15, BStBl II 2017, 21 zur EigZul).

B. Haftungsvoraussetzungen

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Haftung setzt voraus, dass eine Steuerhinterziehung (s. § 370 AO) oder eine Steuerhehlerei (s. § 374 AO) begangen wurde und Täter (Mittäter) oder Anstifter bzw. Gehilfe (Teilnehmer) eine Person war, die nicht selbst Steuerschuldner ist. Die leichtfertige Steuerverkürzung (s. § 378 AO) führt nicht zur Haftung nach § 71 AO, möglicherweise jedoch nach § 69 AO, in dessen Anwendungsbereich auch in leichtfertige Pflichtverletzung genügt. Andererseits erfasst § 69 AO einen anderen Personenkreis, denn nicht jeder an einer Steuerverkürzung beteiligte, hat eine Vertreterstellung i. S. der §§ 34, 35 AO inne. Ist zwar der Tatbeitrag des Beteiligten bekannt und ist gewiss, dass es zu Steuerhinterziehungen gekommen ist, können aber die konkreten Steuerschuldner und folglich auch die konkreten Steuerforderungen nicht ermittelt werden, kann die Haftung insoweit nicht auf den Tatbeitrag zur Steuerhinterziehung gestützt werden (BFH v. 15.01.2013, VIII R 22/10, BStBl II 2013, 526; AdV-Verfahren: BFH v. 16.07.2009, VIII B 64/09, BStBl II 2010, 8). U. E. spricht hier auch die Akzessorietät, also die Abhängigkeit der Haftung vom Bestand einer konkreten Hauptforderung, gegen die Haftung.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Steuerstraftat muss vollendet, die Verkürzung der Steuer also eingetreten, bzw. der Tatbestand der Steuerhehlerei erfüllt sein. Die Beteiligung eines zuständigen Beamten an der Tat lässt weder deren Strafbarkeit noch die Haftung entfallen (BFH v. 25.10.2005, VII R 10/04, BStBl II 2006, 356; s. § 370 AO Rz. 9). Wegen der Begriffe Steuerhinterziehung, Steuerhehlerei, Erfolgseintritt und der Formen der Teilnahme an diesen Steuerstraftaten s. die Erläuterungen zu den §§ 370 und 374 AO. Darauf, ob die hinterzogenen Beträge dem Steuergläubiger auch bei steuerehrlichem Verhalten zugeflossen wären, kam es nach einer älteren Entscheidung des BFH nicht an (BFH v. 02.04.1981, V R 39/79 BStBl II 1981, 627). Dies lässt jedoch den Schadensersatzcharakter der Vorschrift außer Acht, der Kausalität zwischen Pflichtwidrigkeit und Schadenseintritt bedingt (s. § 69 AO Rz. 20). Dies erkennt der BFH an (BFH v. 26.08.1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8) und wendet den Grundsatz der anteiligen Gläubigerbefriedigung (s. § 69 AO Rz. 13) auch im Fall der Haftung wegen Steuerhinterziehung an, mit der Folge, dass die Haftung ggfs. ganz entfällt (BFH v. 16.03.1993, VII R 89/90, BFH/NV 1994, 359). Etwas anderes mag dann gelten, wenn nach dem Tatplan in fiktive Warenkreisläufe Personen eingeschaltet werden, die bewusst unterkapitalisiert sind und ein Vorteil dadurch erlangt werden soll, dass sich Zahlung von Umsatzsteuer und Vorsteuer nicht mehr ausgeglichen gegenüberstehen (BFH v. 11.02.2002, VIII B 323/00, BFH/NV 20...

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