Schrifttum

Lemaire, Rechte Dritter in der Zwangsvollstreckung, AO-StB 2005, 183.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift hat den Schutz Dritter zum Ziel, deren Rechte durch die Zwangsvollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner betroffen sind. Sie regelt, in welchen Fällen und in welcher Form der Dritte Einwendungen gegen die Vollstreckung erheben kann. S. Abschn. 13 VollstrA.

B. Dritter i. S. von § 262 AO

 

Tz. 2

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Dritter ist, wer nicht Vollstreckungsschuldner ist (§ 253 AO). Als Dritter gilt auch, wer zur Duldung der Vollstreckung in ein Vermögen, das von ihm verwaltet wird, verpflichtet ist, wenn er geltend macht, dass ihm gehörende Gegenstände von der Vollstreckung betroffen sind (§ 262 Abs. 1 Satz 2 AO). Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, sind Gesamtschuldner und damit als Vollstreckungsschuldner keine Dritten (§§ 26b EStG, 44 Abs. 1 AO).

C. Die Veräußerung hindernde Rechte (§ 771 ZPO)

 

Tz. 3

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Soweit § 262 Abs. 1 Satz 1 AO auf die dem Dritten zustehenden "die Veräußerung hindernden Rechte" Bezug nimmt, stimmt die Vorschrift inhaltlich mit § 771 ZPO überein.

§ 771 ZPO Drittwiderspruchsklage

(1) Behauptet ein Dritter, dass ihm an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt.

(2) Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen.

(3) Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln sind die Vorschriften der §§ 769, 770 entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.

 

Tz. 4

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Ein die Veräußerung hinderndes Recht im eigentlichen Wortsinn gibt es nicht. Gemeint sind diejenigen Rechte Dritter, die dazu führen, dass die betreffenden Gegenstände nicht dem Schuldnervermögen, sondern dem Vermögen des Dritten zuzurechnen sind (s. BFH v. 24.02.1981, VII B 66/80, BStBl II 1981, 348). In Frage kommen insbes. folgende Rechte:

  • Eigentum Dritter an körperlichen Sachen (Alleineigentum, Miteigentum, Sicherungseigentum, Eigentumsvorbehalt) sowie (Mit-)Inhaberschaft an Forderungen und sonstigen Rechten, insbesondere an Geldforderungen;
  • Beschränkt dingliche Rechte Dritter (z. B. Erbbaurecht, Pfandrecht, Nießbrauch, Hypothek);
  • Schuldrechtliche Herausgabeansprüche Dritter aus der Überlassung von Gegenständen an den Vollstreckungsschuldner (z. B. Miete, Pacht, Leihe, Verwahrung);
  • Uneigennützige Treuhand (z. B. Recht des Treugebers bei Inkassozession und Vollstreckung in diese Forderung beim Treuhänder).
 

Tz. 5

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Zu den Einzelheiten s. bei Seiler in Thomas/Putzo, § 771 ZPO Rz. 14 ff.

 

Tz. 6-9

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vorläufig frei

D. Einwendungen nach §§ 772 bis 774 ZPO

 

Tz. 10

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Gegen die Vollstreckung können auch die Einwendungen nach §§ 772 bis 774 ZPO geltend gemacht werden (§ 262 Abs. 1 Satz 1 AO).

§ 772 ZPO Drittwiderspruchsklage bei Veräußerungsverbot

Solange ein Veräußerungsverbot der in den §§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art besteht, soll der Gegenstand, auf den es sich bezieht, wegen eines persönlichen Anspruchs oder aufgrund eines infolge des Verbots unwirksamen Rechts nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden. Aufgrund des Veräußerungsverbots kann nach Maßgabe des § 771 Widerspruch erhoben werden.

§ 773 ZPO Drittwiderspruchsklage des Nacherben

Ein Gegenstand, der zu einer Vorerbschaft gehört, soll nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden, wenn die Veräußerung oder die Überweisung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach § 2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam ist. Der Nacherbe kann nach Maßgabe des § 771 Widerspruch erheben.

§ 774 ZPO Drittwiderspruchsklage des Ehegatten oder Lebenspartners

Findet nach § 741 die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut statt, so kann ein Ehegatte oder Lebenspartner nach Maßgabe des § 771 Widerspruch erheben, wenn das gegen den anderen Ehegatten oder Lebenspartner ergangene Urteil in Ansehung des Gesamtgutes ihm gegenüber unwirksam ist.

 

Tz. 11

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§ 772 ZPO betrifft Fälle des bedingten (relativen) Veräußerungsverbots, das dem Schutz bestimmter Personen dient und Verfügungen nur diesen geschützten Personen gegenüber unwirksam macht (§ 135 BGB). § 136 BGB stellt derartige Veräußerungsverbote, die von einem Gericht oder von einer Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen werden, gesetzlichen Veräußerungsverboten i. S. des § 135 BGB gleich (z. B. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 81 InsO und bei Beschlagnahme nach § 23 ZVG eintretende Veräußerungsverbote).

 

Tz. 12

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§ 773 ZPO betrifft Fälle der Nacherbschaft (§§ 2100ff. BGB). Zwar ist der Vorerbe mit dem Eintritt des Erbfalls bis zum Eintri...

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