1. Bedeutung des § 171 Abs. 2 AO

 

Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 171 Abs. 2 AO stellt sicher, dass der Finanzbehörde für die Berichtigung einer ihr unterlaufenen offenbaren Unrichtigkeit (§ 129 AO) eine Frist von einem Jahr zur Verfügung steht. Die Frist beginnt mit Bekanntgabe des fehlerbehafteten Bescheids zu laufen. Die Vorschrift hat Bedeutung, wenn ein Steuerbescheid kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen wird, weil sie es der Finanzbehörde ermöglicht, die offenbare Unrichtigkeit trotz Ablaufs der normalen Festsetzungsfrist innerhalb eines Jahres zu beseitigen (auch Paetsch in Gosch, § 171 AO Rz. 11; Rüsken in Klein, § 171 AO Rz. 17). Dies gilt auch für die von § 173a AO erfassten Fälle, der dem § 129 AO nachgebildet wurde (s. § 173a AO Rz. 10).

2. Offenbare Unrichtigkeit

 

Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zum Begriff der offenbaren Unrichtigkeit s. § 129 AO Rz. 6. Für die Ablaufhemmung ist es unerheblich, ob die offenbare Unrichtigkeit sich zugunsten oder zuungunsten des Stpfl. auswirkt (Drüen in Tipke/Kruse, § 170 AO Rz. 7a). Für die nach § 171 Abs. 2 AO eintretende Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist ist auch dann allein auf die Bekanntgabe desjenigen Bescheids abzustellen, bei dessen Erlass die offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist, wenn sich der Fehler in mehreren nachfolgenden Bescheiden im Wege der Übernahme wiederholt (BFH v. 08.03.1989, X R 116/87, BStBl II 1989, 531). Die Ablaufhemmung tritt auch dann ein, wenn der die Unrichtigkeit enthaltende Steuerbescheid zulässigerweise nach Ablauf der normalen Festsetzungsfrist erlassen worden ist (BFH v. 14.06.1991, III R 64/89, BStBl II 1992, 52; BFH v. 03.03.2011, III R 45/08, BStBl II 2011, 673; a. A. Drüen in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 7a; von Wedelstädt in Gosch, § 129 AO Rz. 53 m. w. N.). Der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Steuerbescheids bestimmt sich nach § 122 AO und den Vorschriften des VwZG. § 169 Abs. 1 Satz 3 AO findet keine Anwendung (Cöster in Koenig, § 171 AO Rz. 17, Banniza in HHSp, § 171 AO, Rz. 18).

 

Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei Unrichtigkeiten, die sich zulasten des Betroffenen auswirken, empfiehlt es sich, die Berichtigung zu beantragen, um in Bezug auf die offenbare Unrichtigkeit den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO zu hemmen (s. Rz. 20).

3. Umfang der Ablaufhemmung

 

Tz. 14

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 2 AO greift, soweit sich die offenbare Unrichtigkeit auswirkt (BFH v. 08.03.1989, X R 116/87, BStBl II 1989, 531). Wird bspw. ein Steuerbescheid, bei dessen Erlass eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist, einen Monat vor Ablauf der Festsetzungsfrist bekannt gegeben, so ermöglicht § 171 Abs. 2 AO zwar die Berichtigung des Fehlers bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Steuerbescheids. Die Aufhebung und Änderung des Bescheids aus sonstigen Gründen, wie z. B. gem. § 173 AO, ist jedoch nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO) nicht mehr möglich, sofern nicht ein anderer Ablaufhemmungsgrund (z. B. wegen Anfechtung des Steuerbescheids, s. § 171 Abs. 3 und 3a AO) eingreift.

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