Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Elektronisches Dokument ist ein Dokument, das in elektronischer Form erstellt, versandt und abgerufen wird. Das Eröffnen des Zugangs setzt neben der Bereitstellung der technischen Zugangsmöglichkeit (elektronisches Postfach) die Willensentscheidung voraus, den Zugang für die Nutzung zur elektronischen Kommunikation zur Verfügung zu stellen. Es bedarf also eines Einverständnisses durch den Betroffenen, das auch nur für Einzelfälle erteilt werden kann und widerruflich ist. Das Einverständnis kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erteilt werden. Die FinVerw. (AEAO zu § 87a AO, Nr. 1) differenziert zwischen Privatpersonen und Personen mit selbstständiger oder gewerblicher Tätigkeit. Bei Ersteren soll stets eine ausdrückliche Erklärung erforderlich sein, während bei selbstständig oder gewerblich Tätigen ausreichen soll, dass der im Verkehr mit der Finanzbehörde verwendete Briefkopf eine E-Mail-Anschrift enthält oder sie sich per E-Mail an die Finanzbehörde gewandt haben. Insoweit wird unterstellt, dass eine büromäßige Nutzung mit regelmäßiger Kontrolle der eingehenden Nachrichten vorliegt. U. E. sollten beide Fallgruppen gleich behandelt werden, da jeweils in gleicher Weise nach außen kundgetan wurde, sich an elektronischer Kommunikation zu beteiligen. Dies vermeidet Abgrenzungsschwierigkeiten. Für eine automatische Beschränkung auf bestimmte Verfahrenssituationen bei Privatpersonen (so Brandis in Tipke/Kruse, § 87a AO Rz. 5) gibt die gesetzliche Regelung keine Grundlage. Auch bei Annahme einer Zugangseröffnung kann der Absender der elektronischen Post nicht damit rechnen, dass das elektronische Postfach täglich oder in regelmäßig wiederkehrenden Abständen geöffnet und die Nachrichten abgerufen werden. Dem tragen die Zugangsregelungen in Satz 2 Rechnung. Darüber hinaus enthalten die §§ 122 Abs. 2a AO, 122a AO und 123 AO gesetzliche Sonderregelungen über die Bekanntgabe elektronischer Dokumente. Sie gehen der allgemeinen Regelung des Satzes 2 vor. Die Angabe einer E-Mail-Anschrift auf einer Homepage reicht zur Zugangseröffnung nicht aus, da damit nicht dokumentiert ist, dass die Bereitschaft besteht, auch mit den Finanzbehörden elektronisch zu kommunizieren. Die Finanzbehörden eröffnen den Zugang allein durch Angabe ihrer E-Mail-Anschrift. Wendet sich der Stpfl. per E-Mail an die Behörde, wird in aller Regel davon auszugehen sein, dass auch der die Anfrage betreffende Schriftwechsel per E-Mail geführt werden kann. Die Grenze ist allerdings erreicht, wenn das Gesetz Schriftform erfordert, die nicht durch die elektronische Form ersetzt werden kann.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei Dokumenten, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen sind, wird von einer allgemeinen Zugangseröffnung nur nach einer entsprechenden Mitteilung des Empfängers ausgegangen werden können; zweifelhaft ist, ob allein die Versendung eines mit einer elektronischen Signatur versehenen Dokuments durch den Empfänger für eine Zugangseröffnung ausreicht (so Brandis in Tipke/Kruse, § 87a AO Rz. 6). Dies dürfte allenfalls für den konkreten Vorgang anzunehmen sein, für den sich der Stpfl. dieser Übersendungsform bedient hat, nicht aber für eine allgemeine Zugangseröffnung ausreichen. U. E. bedarf es wegen der besonderen Bedeutung der Versendung mittels einer elektronischen Signatur für die allgemeine Zugangseröffnung einer ausdrücklichen Zustimmung des Empfängers.

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