Tz. 32

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Es muss diejenige Gestaltung festgestelltwerden, die nach Grund und/oder Höhe den wirtschaftlichen Vorgängen, Umständen und Verhältnissen angemessen ist. Diese Gestaltung ist der Besteuerung im Wege der Tatsachenfiktion zugrunde zu legen (BR-Drs 544/07, 106). Die hier zu lösende Aufgabe bedeutet die Ermittlung und Feststellung tatsächlich nicht gegebener Besteuerungsgrundlagen. Diese Fiktion führt zu einer Ausnahme vom Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (s. § 38 AO), denn die gewählte zivilrechtliche Gestaltung bleibt als solche bestehen, der Steuerpflichtige kann sich nur nicht mit steuerlichen Folgen auf sie berufen (BFH v. 06.03.1996, II R 38/93, BStBl II 1996, 377). Die zu treffenden Annahmen müssen sich auf das notwendige Mindestmaß beschränken. An den gegebenen (vorgefundenen) Sachverhalt ist so weit wie möglich anzuknüpfen. Dies kann zur Folge haben, dass eine Vertragsgestaltung (z. B. eine Betriebsaufspaltung), nicht insgesamt zu verwerfen ist, sondern nur eine Korrektur der den Umständen nach unangemessenen Pachtzinsregelung stattzufinden hat (BFH v. 08.11.1960, I 131/59 S, BStBl III 1960, 513) oder dass sich Beanstandung auf Korrekturen des Gewinnverteilungsschlüssels beschränken, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Gesellschaftsverhältnisses mit Ehegatten oder Kindern gegeben sind. Trifft aber der Umgehungscharakter das gesamte Geschäft, sodass es auch nicht in Teilen akzeptiert werden kann, muss die Unterstellung eines den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Sachverhalts entsprechend weiter gehen. So kann sich im Fall eines Arbeitsvertrages mit der Ehefrau, der in entscheidender Hinsicht überhaupt nicht durchgeführt worden ist, die Beanstandung nicht auf die Höhe der Vergütung beschränken. Hier kommt nur die völlige Verwerfung mit der Folge in Betracht, dass die auf die Ehefrau verlagerten Einkommensteile dem Ehemann uneingeschränkt zuzurechnen sind.

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