Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In Angelegenheiten des Straf- und Bußgeldverfahrens ist der Finanzrechtsweg nicht eröffnet (§ 33 Abs. 3 FGO). Dies gilt zum einen für die Durchführung des Strafverfahrens (§ 385 Abs. 1 AO i. V. m. §§ 199ff. StPO) bzw. des Bußgeldverfahrens (§ 410 Abs. 1 Nr. 2 AO i. V. m. § 391 Abs. 1 AO). Auch die Weitergabe von Erkenntnissen, welche die Steuerfahndung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gewonnen haben, ist eine Maßnahme der Steuerfahndung im Steuerstrafverfahren; für die rechtliche Überprüfung der Weitergabe ist deshalb der ordentliche Rechtsweg gegeben (FG Nds v. 24.06.2003, 6 V 142/01, EFG 2003, 1799). Darüber hinaus gilt dies für alle strafprozessualen Maßnahmen nach AO bzw. StPO, sodass z. B. eine Klage zum FG, mit der sich der Kläger dagegen wendet, dass ihm das Finanzamt während eines beim Amtsgericht gegen ihn anhängigen Steuerstrafverfahrens eine unangemessene Frist gem. § 371 Abs. 3 AO gesetzt habe, unzulässig ist (FG He v. 08.02.1973, VI 137/71, EFG 1973, 389;) wie für den Streit darüber, ob im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO eine Schlussbesprechung abzuhalten ist (BFH v. 04.09.1989, IV B 54/89, BFH/NV 1990, 151). Wegen der in diesen Verfahren gegen Maßnahmen der Verwaltungsbehörde zulässigen Rechtsbehelfe § 399 AO Rz. 20 ff., § 410 AO Rz. 3. Nach Abschluss eines Straf- oder Bußgeldverfahrens stellt jedoch das Begehren, Einblick in die Akten der Steuerfahndung nehmen zu dürfen, eine Abgabenangelegenheit dar, für die der Finanzrechtsweg gegeben ist (BFH v. 02.12.1976, IV R 2/76, BStBl II 1977, 318). Die Eröffnung des Finanzrechtswegs hängt bei Maßnahmen der Steuerfahndung (Zollfahndung) davon ab, ob diese dem Besteuerungsverfahren (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) zuzuordnen sind. Sind sie im Steuerstrafverfahren (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) ergangen, sind die ordentlichen Gerichte zuständig (§ 13 GVG). Wurde das Strafverfahren gem. § 397 Abs. 1 AO eingeleitet, so besteht eine Vermutung dafür, dass die Steuerfahndung als Strafverfolgungsbehörde handelt (z. B. BFH v. 20.04.1983, VII R 2/82, BStBl II 1983, 482; FG Sa v. 23.05.1990, 2 K 33/90, EFG 1990, 641; auch Seer in Tipke/Kruse, § 33 FGO Rz. 64). Dient das Auskunftsersuchen der Aufdeckung unbekannter Steuerfälle (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO), ist für eine Klage hiergegen der Finanzrechtsweg eröffnet (BFH v. 05.10.2006, VII R 63/05, BStBl II 2007, 155; FG Sachsen v. 21.06.2005, 3 K 2294/04, EFG 2006, 82; FG RP v. 28.02.2007, 2 K 2455/05, StE 2007, 293). Der für die Frage der Rechtmäßigkeit von Steuerbescheiden nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO eröffnete Finanzrechtsweg bleibt auch dann zulässig, wenn und solange hinsichtlich der betroffenen Steuerforderungen ein Straf- bzw. Bußgeldverfahren anhängig ist, in dessen Rahmen noch Anträge gestellt werden können (BFH v. 01.08.2005, X S 16/05, BFH/NV 2005, 2040). § 33 Abs. 3 FGO steht dem nicht entgegen. Wendet sich demnach ein "Beschuldigter" gegen die aufgrund einer Steuerfahndung festgesetzten Steuern, handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit i. S. des § 33 Abs. 2 FGO, über die gem. § 393 Abs. 1 Satz 1 AO unabhängig vom Strafverfahren zu entscheiden ist (BFH v. 04.05.2005, XI B 230/03, BFH/NV 2005, 1485).