I. Bedeutung der Regelungen

 

Tz. 32

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 180 Abs. 2 AO ermächtigt zum Erlass einer Verordnung für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, soweit diese nicht nach anderen Vorschriften zu erfolgen hat. Die Ermächtigung ist wirksam (Söhn in HHSp, § 180 AO Rz. 497; Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 80 m. w. N.; a. A. Streck/Mack, DStR 87, 707), denn sie bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß in einer den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügenden Weise. Zweck ist die Sicherstellung einheitlicher Rechtsanwendung bei gleichen Sachverhalten und die Erleichterung des Besteuerungsverfahrens. Inhalt und Ausmaß ergeben sich aus § 180 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO, wenngleich Gegenstand und Umfang der Feststellung nicht genannt sind. Diese sind jedoch durch den Zweck der Ermächtigung sowie die Entstehungsgeschichte hinreichend verdeutlicht.

 

Tz. 33

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Auf dieser Ermächtigung beruht die "Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (V zu § 180 Abs. 2 AO)" v. 19.12.1986 (BGBl I 1986, 2663, BStBl I 1987, 2, zuletzt geändert durch Dritte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen v. 18.07.2016, BGBl I 2016, 1722).

II. Text der V zu § 180 Abs. 2 AO

 

Tz. 34

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 1 Gegenstand, Umfang und Voraussetzungen der Feststellung

(1) Besteuerungsgrundlagen, insbes. einkommensteuerpflichtige oder körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte, können ganz oder teilweise gesondert festgestellt werden, wenn der Einkunftserzielung dienende Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen

  1. von mehreren Personen betrieben, genutzt oder gehalten werden oder
  2. mehreren Personen getrennt zuzurechnen sind, die bei der Planung, Herstellung, Erhaltung oder dem Erwerb dieser Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen gleichartige Rechtsbeziehungen zu Dritten hergestellt oder unterhalten haben (Gesamtobjekt).

Satz 1 Nummer 2 gilt entsprechend bei Wohneigentum, das nicht der Einkunftserzielung dient, und bei Mietwohngebäuden, wenn die Feststellung für die Besteuerung von Bedeutung ist.

(2) Absatz 1 gilt für die Umsatzsteuer nur, wenn mehrere Unternehmer im Rahmen eines Gesamtobjekts Umsätze ausführen oder empfangen.

(3) Die Feststellung ist gegenüber den in Absatz 1 genannten Personen einheitlich vorzunehmen. Sie kann auf bestimmte Personen beschränkt werden.

§ 2 Örtliche Zuständigkeit

(1) Für Feststellungen in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung. Die Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen gelten als gewerblicher Betrieb im Sinne dieser Vorschrift.

(2) Für Feststellungen in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist das Finanzamt zuständig, das nach § 19 oder § 20 der Abgabenordnung für die Steuern vom Einkommen und Vermögen des Erklärungspflichtigen zuständig ist.

(3) Feststellungen nach § 1 Abs. 2 hat das für die Feststellungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zuständige Finanzamt zu treffen.

(4) § 18 Abs. 2 der Abgabenordnung gilt entsprechend.

§ 3 Erklärungspflicht

(1) Eine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen haben nach Aufforderung durch die Finanzbehörde abzugeben:

  1. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die Personen, die im Feststellungszeitraum die Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen betrieben, genutzt oder gehalten haben,
  2. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 die Personen, die bei der Planung, Herstellung, Erhaltung, dem Erwerb, der Betreuung, Geschäftsführung oder Verwaltung des Gesamtobjektes für die Feststellungsbeteiligten handeln oder im Feststellungszeitraum gehandelt haben; dies gilt in den Fällen des § 1 Abs. 2 entsprechend.

§ 34 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(2) Die Erklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und von der zur Abgabe verpflichteten Person eigenhändig zu unterschreiben. Name und Anschrift der Feststellungsbeteiligten sind anzugeben. Der Erklärung ist eine Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen beizufügen. Ist Besteuerungsgrundlage ein nach § 4 Abs. 1 oder § 5 des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnder Gewinn, gilt § 5b des Einkommensteuergesetzes entsprechend; die Beifügung der in Satz 3 genannten Unterlagen kann in den Fällen des § 5b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes unterbleiben.

(3) Die Finanzbehörde kann entsprechend der vorgesehenen Feststellung den Umfang der Erklärung und die zum Nachweis erforderlichen Unterlagen bestimmen.

(4) Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen abgegeben, sind andere Erklärungspflichtige insoweit von der Erklärungspflicht befreit.

§ 4 Einleitung des Feststellungsverfahrens

Die Finanzbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und in welchem Umfang sie ein Feststellungsverfahren durchführt. Hält sie eine gesonderte Feststellung nicht für erforderlich, insbesondere weil das Feststellungsverfahren nicht der einheitlichen Rechtsanwendung und auch nicht der Erleichterung des Beste...

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