Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 52 Abs. 2 AO enthält eine Aufzählung gemeinnütziger Zwecke. Auf eine Darstellung aller Zwecke wird verzichtet, da viele für sich sprechen. Die Aufzählung ist grundsätzlich abschließend, erfährt aber durch § 52 Abs. 2 Satz 2 AO eine Öffnungsmöglichkeit (AEAO zu § 52, Nr. 2 und 2.6; Nacke, DStZ 2008, 445, 451 sieht hierin einen Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts). Das BMF hat den AEAO zu § 52, Nr. 2.6 ergänzt (Schr. v. 24.01.2018, BStBl I 2018, 258, Tz. 3). Körperschaften, die die Allgemeinheit in einer den Katalogfällen ähnlichen Weise auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos fördern, können in einem besonderen Verfahren für gemeinnützig erklärt werden (z. B. Turnierbidge: BFH v. 09.02.2017, V R 70/14, BStBl II 2017, 1106). Die Anerkennung ist zwingend auszusprechen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 2 vorliegen; es besteht kein Ermessen (BFH v. 09.02.107, V R 70/14, BStBl II 2017, 1106). Zuständig ist die durch die oberste Landesfinanzbehörde bestimmte Finanzbehörde, deren Entscheidung eingeholt werden muss. Mangels Bestimmung einer nachgeordneten Behörde ist die oberste Finanzbehörde selbst zuständig (BFH v. 09.02.2017, V R 70/14, BStBl II 2017, 1106). M.E. handelt es sich bei der Entscheidung dieser Behörde um einen Grundlagenbescheid (BFH v. 09.02.2017, V R 70/14, BStBl II 2017, 1106; a. A. OFD Koblenz v. 11.01.2010, DB 2010, 756; Schauhoff/Kirchain, DStR 2007, 1985, 1990; Nacke, DStZ 2008, 445, 452: bloße Innenwirkung). Das Verfahren unterscheidet sich von dem in § 60a AO vorgesehenen Verfahren dadurch, dass die Entscheidung einer bestimmten anderen Behörde eingeholt werden muss. Wegen ihrer Verbindlichkeit hat diese Entscheidung Außenwirkung gegenüber dem Stpfl. (VA-Qualität: BFH v. 09.02.2017, V R 70/14, BStBl II 2017, 1106).

 

Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Förderung der Religion(Nr. 2) ist regelmäßig als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen und zwar auch dann, wenn es sich um religiöse Anschauungen handelt, die nicht von einer anerkannten Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts vertreten werden, sodass die Annahme kirchlicher Zwecke ausscheidet (BFH v. 06.06.1951, III 69/51 U, BStBl III 1951, 148). Eine Religionsgemeinschaft ist dann nicht gemeinnützig, wenn ihre Ziele im Widerspruch zum Wertesystem der Grundrechte stehen (BFH v. 31.05.2005, I R 105/04, BFH/NV 2005, 1741). Die Vermittlung praktischer und theoretischer Lebensweisheiten durch einen esoterischen Verein ist nicht Förderung der Religion (FG BW v. 04.02.1988, X K 196/85, EFG 1988, 270).

 

Tz. 12

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Die Förderung der Kunst(Nr. 5) umfasst die Bereiche der Musik, der Literatur, der darstellenden und bildenden Kunst und schließt die Förderung von kulturellen Einrichtungen, wie Theater und Museen, sowie von kulturellen Veranstaltungen, wie Konzerte und Kunstausstellungen ein (Abschn. A Nr. 3 a) der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV a. F.). Kulturwerte sind Gegenstände von künstlerischer und sonstiger kultureller Bedeutung, Kunstsammlungen und künstlerische Nachlässe, Bibliotheken, Archive sowie andere vergleichbare Einrichtungen (Abschn. A Nr. 3 b) der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV a. F.). Eine Förderung von Kunst und Kultur liegt z. B. vor, wenn eine Körperschaft die Lehrfächer der klassischen Herstellung von Musikinstrumenten, der Musikgeschichte oder Musikwissenschaft unterstützt (BFH v. 20.12.2006, I R 94/02, BStBl II 2010, 331). Keine Förderung der Kunst liegt vor, wenn Kunstwerke in privaten Räumlichkeiten ausgestellt werden (BFH v. 23.02.2017, V R 51/15, BFH/NV 2017, 882).

 

Tz. 13

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Die Förderung der Denkmalpflege (Nr. 6) bezieht sich auf die Erhaltung und Widerherstellung von Bau- und Bodendenkmälern, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt sind. Die Anerkennung ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle nachzuweisen (Abschn. A Nr. 3 c) der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV a. F.).

 

Tz. 14

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Der Begriff der Bildung (Nr. 7) umfasst auch die politische Bildung (BFH v. 23.09.1999, XI R 63/98, BStBl II 2000, 200). Zu den so genannten Freiwilligenagenturen, die sich mit der Qualifikation von Menschen für ein ehrenamtliches Engagement befassen s. BMF v. 04.08.2003, BStBl I 2003, 446.

 

Tz. 15

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Umweltschutz (Nr. 8) umfasst seinem weiten Bereich entsprechend eine Vielzahl verschiedener und vielgestaltiger Tätigkeiten. Es genügt, wenn Maßnahmen durchführt werden, die "darauf gerichtet sind", u. a. die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen zu sichern. Es kommt weder auf den tatsächlichen Erfolg der Maßnahme, noch auf die Vollendung der Förderung an (BFH v. 20.03.2017, X R 13/15, BStBl II 2017, 1110). So lange sich die Tätigkeiten im Rahmen der Rechtsordnung halten (s. Rz. 7), zählen hierzu auch Aktionen gegen geplante Bauvorhaben, von denen Umwelteinflüsse ausgehen können (z. B. nukleare Entsorgungsanlage). D...

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