Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 138 Abs. 2 AO will den Finanzbehörden die Möglichkeit verschaffen, bestimmte Auslandssachverhalte besser und insbes. früher zu erkennen und zu prüfen. Die Kenntnisse werden vom BZSt zentral gesammelt und ausgewertet (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG), s. dazu BMF v. 06.02.2012, IV B 6-S 1509/07/10001, BStBl I 2012, 241. Im Hinblick darauf, dass die unterlassene, unvollständige oder nicht rechtzeitige Anzeige eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 2 Nr. 1 AO darstellt, verbietet sich eine extensive Auslegung oder gar eine analoge Anwendung der Vorschrift (FG Münster v. 06.06.1989, XII 8740/88, EFG 1989, 498; Brandis in Tipke/Kruse, § 138 AO Rz. 5).

I. Anzeigepflichtige Personen

 

Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Verpflichtung zur Anzeige von Auslandsengagements trifft nach § 138 Abs. 2 Satz 1 AO lediglich natürliche Personen mit Wohnsitz (§ 8 AO) oder gewöhnlichem Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland, und Körperschaften mit Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder Sitz (§ 11 AO) im Inland, folglich unbeschränkt stpfl. Personen. Bei Personengesellschaften will die h. M. § 7 AStG anwenden.

II. Anzeigepflichtige Sachverhalte

1. Die Gründung und der Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland

 

Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Durch die Gründung wird ein neuer wirtschaftlicher Organismus geschaffen, während der Erwerb eines Betriebs die Übertragung eines bestehenden wirtschaftlichen Organismus von einer anderen Person auf den Anzeigepflichtigen darstellt. Daher unterfällt auch die Rechtsnachfolge der Anzeigepflicht des § 138 Abs. 2 Nr. 1 AO. Die Verlagerung eines Betriebs oder einer Betriebsstätte vom Inland in das Ausland stellt ebenfalls eine (Neu-)Gründung im Ausland dar.

2. Die Beteiligung an ausländischen Personengesellschaften

 

Tz. 13

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Die Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft umschreibt lediglich den Erwerbsvorgang. Allerdings ist auch die Änderung (der Beteiligungshöhe) und die Aufgabe des Anteils anzeigepflichtig (Art. 2 des UntStFG v. 20.12.2001). Ob es sich um eine Personengesellschaft handelt, ist nicht nach ausländischem Recht zu beurteilen, sondern entscheidend ist, ob das Rechtsgebilde nach seiner inneren Struktur und Erscheinung einer deutschen Mitunternehmerschaft entspricht (s. dazu BFH v. 23.06.1992, IX R 182/87, BStBl II 1992, 972).

3. Der Erwerb von Beteiligungen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse

 

Tz. 14

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§ 138 Abs. 2 Nr. 3 AO erfasst den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (vgl. dazu § 2 Nr. 1 KStG), wenn diese sowohl Sitz als auch Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der AO hat. Es muss sich nicht um eine Drittstaat-Gesellschaft i. S. des § 138 Abs. 3 AO handeln. Anzuzeigen ist der Beteiligungserwerb, wenn entweder bestimmte prozentuale Grenzen des Anteils am Grund- oder Stammkapital (ist ein solches nicht vorhanden, ist die "Beteiligung am Vermögen" maßgeblich) überschritten werden oder die Anschaffungskosten den Betrag von 150 000 EUR übersteigen. Da durch eine Veräußerung weder die prozentuale noch die absolute Grenze überschritten werden kann, ist anzunehmen, dass die Veräußerung anzeigepflichtig ist, wenn zuvor eine der Grenzen überschritten war (so auch Schmidt/Ruckes, DStR 2017, 473, 475).

 

Tz. 15

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Anzeigepflichtig ist der Beteiligungserwerb, wenn entweder eine unmittelbare oder eine mittelbare Beteiligung von mindestens 10 % erworben wird. Beide Beteiligungsarten sind nach der Neuregelung in § 138 Abs. 2 Satz 2 AO durch das StUmgBG v. 23.06.2017 (BGBl I 2017, 1682) zusammenzurechnen. Anzuzeigen ist nur der Erwerb, mit dem die genannte Grenze überschritten wird. Ein Anteilserwerb, der einen bereits über der Grenze liegenden Anteil weiter aufstockt, ist nach dem Wortlaut nicht anzuzeigen (BFH v. 28.11.1990, I R 71/89, BStBl II 1991, 440 a. E.; s. FG Münster v. 06.06.1989, XII 8740/88, EFG 1989, 498). Ob es sich um eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung handelt, beurteilt sich nach §§ 39, 41, 42 AO. Wird die Beteiligung der anzeigepflichtigen Person selbst zugerechnet, handelt es sich um eine unmittelbare Beteiligung (z. B. Treuhandschaft).

 

Tz. 16

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Für die Berechnung, ob ein Überschreiten der Grenze von 150 000 EUR vorliegt, sind die Anschaffungskosten, nicht eventuelle Wertsteigerungen, des Anzeigepflichtigen für seine unmittelbare und mittelbare Beteiligung maßgebend (vgl. § 138 Abs. 2 Satz 2), d. h., es sind die Anschaffungskosten der anzeigepflichtigen Person maßgeblich. Unerheblich sind die Anschaffungskosten des die Auslandbeteiligung vermittelnden Rechtssubjekts selbst. Auch im Rahmen dieser Alternative ist nur der Erwerb meldepflichtig, mit dem die genannte Grenze überschritten wird (s. Rz. 15).

4. Das Ausüben eines beherrschenden Einflusses

 

Tz. 16a

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Der durch das StUmgBG v. 23.06.2017 (BGBl I 2017, 1682) eingefügte § 138 Abs. 2 Nr. 4 AO schafft eine Anzeigepflicht auch für die Fälle, dass der Steuerpflichtige erstmals, d. h. nach dem Wortlaut nicht erneut, einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf eine Drittstaat-Gesellschaft i. S. des § 138 Abs. 3 AO erlangt. Dabei reicht es aus, wenn der Ste...

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