I. Gegenstand der Anzeigepflichten

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 138 Abs. 1 AO ist die Eröffnung, die Aufgabe und die Verlegung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, eines Gewerbebetriebs oder einer Betriebsstätte oder einer freiberuflichen Tätigkeit anzuzeigen. Ob eine der genannten Erwerbstätigkeiten vorliegt, richtet sich nach materiellem Recht (§§ 13, 15, 18 EStG), ob eine Betriebstätte gegeben ist, beurteilt sich nach § 12 AO.

 

Tz. 3

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Als Betriebseröffnung/Eröffnung einer Betriebsstätte/Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit ist der Beginn der steuerlich erheblichen Tätigkeit in der Person des Stpfl. anzusehen. Deshalb fällt nach h. M. sowohl die Fortführung durch einen Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger als auch die Übernahme der Tätigkeit durch den Pächter oder Nießbraucher unter die Anzeigepflicht. Nicht von § 138 Abs. 1 AO erfasst ist dagegen die bloße Erweiterung der Erwerbstätigkeit, solange keine neue Betriebsstätte eröffnet wird.

 

Tz. 4

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Verlegen der Erwerbstätigkeit ist das Weiterführen des bestehenden wirtschaftlichen Organismus an anderer Stelle, die Aufgabe ist die Beendigung der konkreten steuerlich erheblichen Tätigkeit.

II. Person des Anzeigepflichtigen

 

Tz. 5

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Anzeigepflichtig ist diejenige Person, der die Tätigkeit, bzw. der verwirklichte Sachverhalt steuerlich zuzurechnen ist. Hierbei ist eine Orientierung an der ertragsteuerlichen Handhabung geboten. Allerdings ist nach h. M. bei Personenvereinigungen die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter anzeigepflichtig. Entsprechend Rz. 3 trifft auch Pächter, Nießbraucher, Einzel- und Gesamtrechtsnachfolger die Anzeigepflicht.

III. Adressat der Anzeige

 

Tz. 6

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Land- und Forstwirte sowie Gewerbetreibende haben die Anzeige ausschließlich bei der zuständigen Gemeinde zu erstatten, die das nach § 22 Abs. 1 AO zuständige FA unverzüglich unterrichtet. Zu Besonderheiten für die Stadtstaaten s. § 138 Abs. 1 Satz 2 AO. Soweit neben § 138 Abs. 1 AO zusätzlich eine Anzeigepflicht nach § 14 GewO besteht, erfüllt der Stpfl. mit der gewerberechtlichen Anzeige zugleich seine steuerliche Anzeigepflicht (s. AEAO zu § 138, Nr. 1), siehe aber auch Rz. 8. Freiberufler haben den anzeigepflichtigen Vorgang dagegen entweder dem Wohnsitz- oder dem Tätigkeits-FA (§ 19 Abs. 1 oder 3 AO) anzuzeigen.

 

Tz. 7

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Entsprechend der Gesetzesfassung ist es erforderlich, die Anzeige nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten. Da ein amtlicher Vordruck für § 138 AO nicht besteht, ist die Anzeige nach § 138 AO (anders als die Anzeige nach § 14 GewO) auch formlos möglich.

 

Tz. 8

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Seit dem 21.05.2003 ist es – nur – Unternehmern i. S. des § 2 UStG auch möglich, ihre Anzeigepflicht elektronisch nach Maßgabe des § 87a AO – dann allerdings bei der für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzbehörde und nicht der Gemeinde – zu erfüllen, d. h.: eine körperliche Anzeige durch Übermittlung eines Schriftstücks ist nicht mehr erforderlich (§ 138 Abs. 1a AO dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/38 EG). Allerdings soll nach der Gesetzesbegründung die Anzeigepflicht nach § 138 Abs. 1 AO von einer Anzeige nach § 138 Abs. 1a AO unberührt bleiben (s. BT-Drs. 15/481 v. 20.02.2003, 44). M. E. trägt der Wortlaut des § 138 Abs. 1a AO "Anzeigepflichten nach Absatz 1" ein derartiges Auslegungsergebnis nicht, weshalb der Stpfl. mit seiner Anzeige nach § 138 Abs. 1a AO seiner Verpflichtung aus § 138 Abs. 1 AO nachkommt (so auch Schallmoser in HHSp, § 138 AO Tz. 16).

Soweit § 138 Abs. 1b AO eine Pflicht zur elektronischen Abgabe der Auskunft begründet (vgl. dazu auch § 72a AO und §§ 87a bis 87e AO), fehlt es bislang an der erforderlichen Rechtsverordnung.

IV. Folgen der Anzeige

 

Tz. 9

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§ 138 Abs. 1 Satz 1 AO ordnet an, dass die Gemeinde der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich, soll heißen, innerhalb von zwei Wochen, den Inhalt der Anzeige zu übermitteln hat; erhalten die Finanzbehörden von Abmeldungen Kenntnis, sind umgekehrt die Gemeinden zu informieren (s. insgesamt: OFD Münster v. 19.08.2002, S 7030–46/10 – St 11–32, DStR 2002, 2038). Gleiches dürfte unter Geltung des § 138 Abs. 1a AO nunmehr auch für bei der Finanzbehörde erstattete Anzeigen über die Eröffnung/Verlegung einer Erwerbstätigkeit i. S. des § 138 Abs. 1 AO gelten.

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