Tz. 46

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Annahme, dass der Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, muss für den Stpfl. erkennbar gewesen sein. Dies ist der Fall, wenn der Stpfl. bei verständiger Würdigung des fehlerhaften Bescheids erkennen musste, warum der streitige Vorgang dort nicht berücksichtigt wurde (BFH v. 29.10.1991, VIII R 2/86, BStBl II 1992, 832; BFH v. 27.08.2014, II R 43/12, BStBl II 2015, 241). Die Voraussetzung der Erkennbarkeit ist Ausfluss des Vertrauensschutzes (von Wedelstädt, DB 1981, 2574 f.). War für den Stpfl. nicht erkennbar, dass das FA beabsichtigte, den Sachverhalt in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen, so verdient er Vertrauensschutz. Der Stpfl. oder sein steuerlicher Berater muss nicht nur erkennen können, dass die Finanzbehörde den bestimmten Sachverhalt nicht berücksichtigt hat, er muss auch feststellen können, dass der Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid berücksichtigt werden soll (AEAO zu § 174, Nr. 6 Abs. 2). Hinweise darauf können sich aus dem Steuerbescheid selber, aus Anlagen, einem Außenprüfungsbericht oder aus sonstigem Schriftverkehr zwischen dem FA und dem Stpfl. ergeben. Die Erkennbarkeit der – sich später als unrichtig erweisenden – Annahme des FA muss aus den eigenen Beziehungen des Stpfl. zum FA resultieren; der Umstand, dass ein Dritter aus der Kenntnis weiterer Zusammenhänge in der Lage ist, zu erkennen, dass das FA sich geirrt hat, reicht nicht aus. Ansonsten wäre dem Prinzip des Vertrauensschutzes nicht Rechnung getragen.

 

Tz. 47

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Von Erkennbarkeit ist auch auszugehen, wenn der Stpfl. selber die Nichtberücksichtigung veranlasst hat. Er würde sich in Widerspruch zu seinem vorangegangenen Tun setzen, wenn er sich trotz dieser Veranlassung auf die Nichtberücksichtigung beruft (BFH v. 21.02.1989, IX R 67/84, BFH/NV 1989, 687).

 

Tz. 48

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die fehlende Erkennbarkeit hindert auch eine Korrektur zugunsten des Stpfl. (BFH v. 27.08.1996, IX R 56/94, BFH/NV 1997, 273; Rüsken in Klein, § 174 AO Rz. 44; a. A. Loose in Tipke/Kruse, § 174 AO Rz. 38). Zwar wird der Vertrauensschutz dadurch in sein Gegenteil verkehrt, ist dem Stpfl. aber die unrichtige Vorstellung des FA nicht bekannt, so muss er bei Nichtberücksichtigung des Sachverhaltes davon ausgehen, dass dieser gänzlich unberücksichtigt bleiben soll und ist gehalten Einspruch einzulegen (von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1185; Koenig in Koenig, § 174 AO Rz. 48).

 

Tz. 49

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Maßgeblich für die Erkennbarkeit ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides. Eine nachträgliche Änderung des Bescheides zum Zwecke der Erkennbarmachung ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen, z. B. gem. § 164 AO oder nach § 173 AO (von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 82).

 

Tz. 50

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

vorläufig frei

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