rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenbuchführung. Kassenbericht. Zuschätzung. Kalkulation. Unsicherheitszuschlag. Gewinnfeststellungen 1993 bis 1995

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei dem in Form des „Kassenberichtes” geführten Kassenbuch müssen die Notizen über den täglichen Kassenendbestand, nicht aufbewahrt werden, wenn ihnen lediglich eine Transportfunktion zukommt; es muss aber täglich der Kassenendbestand ermittelt werden. Beim fortlaufend geführten Kassenbuch muss keine tägliche Feststellung des Kassenendbestandes er-folgen; es müssen aber die Aufzeichnungen über die Tageseinnahmen aufbewahrt werden.

Zuschätzungen zu den Umsatzerlösen können u.a. aufgrund einer Kalkula-tion oder aufgrund eines Sicherheitszuschlages erfolgen. Die Zuschätzungen können sich aber nur dann auf beide Methoden gleichzeitig stützen (eine Zuschätzung aufgrund Kalkulation und eine weitere Zuschätzung als Unsicherheitszuschlag), wenn sie nicht an dieselben Unsicherheiten anknüpfen.

Das Finanzgericht kann einen unberechtigten Unsicherheitszuschlag im Ergebnis ausgleichen, indem es von einem höheren Rohaufschlagsatz bei der Kalkulation ausgeht.

 

Normenkette

AO § 140 ff., §§ 158, 162

 

Tenor

1. Unter Änderung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des Gewinns für 1993, 1994 und 1995, alle vom 17. November 1998, in Form der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2000, wird dem Beklagten aufgegeben, den Gewinn (einschließlich Sonderbilanz) unter Berücksichtigung weiterer gewinnmindernder Positionen, die sich 1993 auf insgesamt 14.861 DM, 1994 auf insgesamt 12.818 DM und 1995 auf insgesamt 7.328 DM belaufen, neu zu berechnen.

2. Im übrigen wird die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger haben 1989 die X GbR – gegründet, an denen der Kläger zu 30% und die Klägerin zu 70% beteiligt sind (§ 3 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 1989; Bl. 3 Dok). Zweck der Gesellschaft ist die Herstellung von Imbisswaren (Dok.). Die Kunden der GbR, die – nach Klägervortrag – ihrerseits zum ganz überwiegenden Teil Unternehmer sind, holen in aller Regel ihre Ware bei der GbR ab und bezahlen die Rechnungen überwiegend in bar (Bl. 2, 3 Rbh).

Die Gewinn- und Verlustrechnungen der GbR weisen folgende Daten aus:

1992

1993

1994

1995

1996

1997

Umsatz

380.697

355.568

340.980

353.680

396.273

482.646

Materialaufwand

253.143

224.465

218.307

211.367

291.526

337.714

Gewinn/Verlust

+ 14.416

+ 28.382

+ 13.692

+ 40.192

- 12.721

+ 29.815

1998 fand bei der GbR für 1993 bis 1995 eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer nahm Zuschätzungen zum Umsatz und Korrekturen bei verschiedenen Privatanteilen vor. Am 17. November 1998 erließ der Beklagte dementsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2000 als unbegründet zurück.

Am 12. Mai 2000 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen,

unter Änderung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des Gewinns für 1993, 1994 und 1995, alle vom 17. November 1998, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2000, den Gewinn (einschließlich Sonderbilanz) unter Berücksichtigung weiterer gewinnmindernder Positionen, die sich

1993 auf insgesamt 32.061 DM,

1994 auf insgesamt 34.618 DM und

1995 auf insgesamt 7.328 DM belaufen,

festzustellen.

Ordnungsmäßigkeit der Buchführung

Es sei unstreitig, dass die Kassenführung nicht ordnungsgemäß sei. Aus der formellen Ordnungswidrigkeit der Unterlagen könne aber nicht ohne Weiteres auf die materielle Unrichtigkeit der Aufzeichnungen geschlossen werden.

Zuschätzung von Umsatzerlösen

Die Zuschätzung sei auch der Höhe nach nicht zutreffend. Die Schätzungsmethode müsse geeignet sein, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen (BFH-Urteile vom 19. Juni 1962 1 150/61, HFR 1963, 60; vom 24. November 1988 IV R 150/86, BFH/NV 1989, 416). Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen in 1993 die Umsatzerlöse höher als 1995 gewesen sein sollen (Bl. 43 f.).

Es sei unzulässig, für 1993 bis 1995 einen konstanten Rohgewinnaufschlagssatz in Höhe von 68,27% anzunehmen. Die Kläger hätten in 1995 wesentlich günstigere Wareneinkaufsmöglichkeiten als in den Vorjahren gehabt, während das Preisgefälle in den Jahren 1993, 1994 und 1995 „relativ konstant” gewesen sei (Bl. 68). Die Zuschätzungen könnten nicht sowohl durch Kalkulation als auch (Un-)Sicherheitszuschlag erfolgen. Angemessen sei im Hinblick auf die Mängel in der Kassenführung lediglich ein Unsicherheitszuschlag von jeweils 5.000 DM pro Streitjahr.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen, soweit gewinnmindernde Positionen von mehr als 14.861 DM (1993), 12.818 DM (1994) und 7.328 DM (1995) geltend gemacht werden.

Ordnungsmäßigkeit der Buchführung

Obwohl nach den Feststellungen des Prüfers täglich Barverkäufe getätigt worden seien, seien tägliche Kassenaufzeichnungen nicht vorhanden. Uraufzeichnungen seien ebenfalls nicht vorgelegt worden....

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