Investitionsabzugsbetrag: Verlängerung des Investitionszeitraums

Im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz der Bundesregierung ist eine Verlängerung des 3-jährigen Investitionszeitraums nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG auf 4 Jahre für Investitionsabzugsbeträge vorgesehen, die in 2017 endenden Wirtschaftsjahren abgezogen wurden.

Damit soll eine gewinnerhöhende Rückgängigmachung bei denjenigen Steuerpflichtigen vermieden werden, die 2017 Investitionsabzugsbeträge gewinnmindernd berücksichtigt haben, infolge der Corona-Krise aber nicht wie geplant in 2020 investieren können.

Investitionsabzugsbetrag: Gesetzliche Regelung

Kleine und mittlere Betriebe können nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbeträge). Abzugsbeträge können bis zur Obergrenze von 200.000 EUR je Betrieb auch dann in Anspruch genommen werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht.

Wird später tatsächlich investiert, kann mithilfe des Investitionsabzugsbetrags die Steuerschuld in ein späteres Jahr verlagert werden. Durch die dann zinslose Steuerstundung sollen die Liquidität und die Investitionsfähigkeit der Betriebe verbessert werden.

Folgen der Nicht-Investition

Kommt es innerhalb des 3-jährigen Investitionszeitraums zu keiner Investition, muss der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz EStG rückgängig gemacht werden. Der Investitionsabzugsbetrag wird dann rückwirkend im Jahr der Bildung gewinnerhöhend aufgelöst und der Steuerbescheid des früheren Jahrs zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert. Die Nachzahlung ist mit 6 % zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Jahrs der Bildung und endet mit dem Monat vor Ergehen des geänderten Bescheids.

Ohne ernsthafte Investitionsabsicht macht die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags regelmäßig keinen Sinn. Denn eine endgültige Gewinnverlagerung in ein späteres Jahr ist ohne Investition nicht möglich. Der ursprüngliche Bescheid kann wegen der eigenständigen Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG selbst dann geändert werden, wenn er bereits bestandskräftig ist. Die Rückgängigmachung des Abzugsbetrags erfolgt – wie auch seine Inanspruchnahme – außerhalb der Bilanz.

Betriebsaufgabe wegen der Corona-Krise

Kommt es wegen der Corona-Krise zu einer Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG und ist bis dahin keine Investition erfolgt, kommt es ebenfalls zur Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags. Die im Jahr der ursprünglichen Vornahme des Gewinnabzugsbetrags eintretende Gewinnerhöhung ist Teil des laufenden Gewinns des Jahrs der Rückgängigmachung, eine Auflösung zugunsten des begünstigten Aufgabegewinns ist nicht zulässig (BFH Urteil vom 27.04.2016 - X R 16/15).

Investitionsprobleme infolge der Corona-Krise

In der Praxis gibt es Fälle, in denen 2017 in ernsthafter Investitionsabsicht ein Investitionsabzugsbetrag gebildet wurde. Die Corona-Krise und die daraus folgende Liquiditätskrise machen es aber unmöglich, die geplante Investition bis zum Ende des 3-jährigen Investitionszeitraums durchzuführen.

Nach bisheriger Rechtslage wären dann die betreffenden Investitionsabzugsbeträge rückgängig zu machen und die daraus resultierenden Steuernachforderungen nach § 233a AO zu verzinsen. Das würde die finanziellen Möglichkeiten vieler Betriebe überfordern.

Neuregelung zur Vermeidung der genannten negativen Effekte

Zur Vermeidung dieser negativen Effekte und zur Steigerung der Liquidität der Unternehmen, wird die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren 3-jährige Investitionsfrist in 2020 ausläuft, durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz um ein Jahr auf 4 Jahre verlängert. Dadurch haben Steuerpflichtige, die in 2020 investieren wollen, aber wegen der Corona-Krise nicht investieren können, die Gelegenheit, die Investition in 2021 ohne negative steuerliche Folgen (Rückgängigmachung, Verzinsung der Steuernachforderung) nachzuholen. 

§ 52 Abs. 16 EStG sieht dazu Folgendes vor: "Bei in nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2018 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG erst zum Ende des 4. auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs".

Gestaltungsmöglichkeiten: Freiwillige Komplett- oder Teilauflösung 

Nach § 7g Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz EStG ist die vorzeitige Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen vor Ablauf der Investitionsfrist zulässig. Das bietet sich an, wenn absehbar ist, dass es nicht mehr zu der geplanten Investition kommen wird (auch nicht im Jahr 2021). Durch die vorzeitige Auflösung des Investitionsabzugsbetrags im Jahr 2020 lassen sich dann immerhin Zinsen sparen. Durch eine vorzeitige Auflösung können also höhere Zinsen nach § 233a AO infolge einer später geänderten Steuerfestsetzung vermieden werden, wenn absehbar ist, dass die Investition trotz des verlängerten Investitionszeitraums infolge der schlechten finanziellen Lage nicht mehr erfolgen wird. Für diese Fälle bringt die Verlängerung des Investitionszeitraums keine Vorteile. Der Gesetzgeber hätte in diesen Fällen besser auf die Verzinsung der Steuernachforderung verzichten sollen.

Eine vorzeitige Teilauflösung des Investitionsabzugsbetrag ist zulässig (BMF, 20.3.2017, IV C 6 - S 2139 - b/07/10002 - 02). Dies sollte in Betracht gezogen werden in den Fällen, in denen der Investitionsabzugsbetrag überhöht gebildet wurde, weil die aus heutiger Sicht zu erwartenden Anschaffungskosten niedriger als die 2017 geschätzten Anschaffungskosten sind. Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags ist zwar nicht mehr auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut bezogen, sondern für beliebige Investitionen in das bewegliche Anlagevermögen zulässig. Allerdings muss der Investitionsabzugsbetrag rückwirkend aufgelöst werden, soweit er 40 % der bis zum Ende des Investitionszeitraums angefallenen tatsächlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten übersteigt. 

Die Rückgängigmachung des überhöhten Betrags muss dann für 2017 gebildete Investitionsabzugsbeträge zwar erst spätestens mit Ablauf des jetzt 4-jährigen Investitionszeitraums erfolgen. So lange braucht der Steuerpflichtige aber nicht zu warten. Wenn 2020 absehbar ist, dass bis zum Fristablauf in 2021 nicht ausreichend investiert wird, kann der überhöhte Betrag auch schon vorher freiwillig rückgängig gemacht werden. Auch damit können höhere Zinsen infolge einer später geänderten Steuerfestsetzung vermieden werden.