Zusammenfassung

Es klingt für viele verlockend, wenn der "Freitag" wörtlich genommen wird und alle nur noch vier Tage arbeiten. Auch in vielen Steuerkanzleien wird über diese Maßnahme nachgedacht, um Mitarbeiter der Generation Z zu gewinnen oder um generell als attraktiver Arbeitgeber im stark umkämpften Fachkräftemarkt die Nase vorne zu haben.

Macht die Vier-Tage-Woche wirklich Sinn und wie geht es konkret? Die Arbeit wird ja nicht weniger. In Belgien haben Mitarbeiter beispielsweise das Recht auf die Vier-Tage-Woche, doch ohne Arbeitszeitverkürzung, d. h. sie arbeiten dann 10 Stunden an den verbleibenden vier Tagen. Einige Unternehmen wiederum haben von 40 auf 36 oder 32 Stunden reduziert bei vollem Lohnausgleich.

1 Exkurs in Arbeitszeitgeschichte

Hier ein kurzer Exkurs in die Arbeitszeitgeschichte, für alle, die beim Gedanken an Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich "Geht nicht, wer soll das bezahlen" rufen: Im Jahr 1956 hat der DGB die Kampagne "Samstags gehört Vati mir" ins Leben gerufen, um für die Einführung der Fünf-Tage-Woche zu plädieren. Von 1965 bis 1974 wurde sie dann nach und nach in allen Branchen durchgesetzt. Das ist zwar ein sehr langer Zeitraum, doch es zeigt, dass dieser Prozess bereits schon einmal erfolgreich durchlaufen wurde. Parallel dazu stieg die Produktivität übrigens ungehemmt weiter.

2 Was spricht grundsätzlich für eine 4-Tage-Woche?

Aus Sicht der Mitarbeitenden ist ein bessere Work-Life-Balance der größte Vorteil: Durch einen zusätzlichen freien Tag pro Woche haben sie mehr Zeit für ihre persönlichen Interessen, Familie und Freunde.

Das kann zu einer höheren Zufriedenheit am Arbeitsplatz und einer besseren Lebensqualität insgesamt führen. Und die Vier-Tage-Woche ist natürlich auch für Kanzleiinhaber eine Option. Dieser freie Tag wäre dann zum Beispiel eine gute Gelegenheit, um regelmäßig an der Kanzlei statt in der Kanzlei zu arbeiten. Aus Arbeitgebersicht kann eine Steigerung der Produktivität von Bedeutung sein. Mit der Aussicht auf drei freie Tage sind Mitarbeiter von selbst motiviert, über ihre Arbeitsabläufe nachzudenken und nach Optimierungsmöglichkeiten zu suchen. Im 40-Stunden-Modell hat Effizienzsteigerung immer nur dazu geführt, dass Mitarbeiter mehr Arbeit in der gleichen Zeit erledigen. Sie wurden also "bestraft", wenn sie schneller waren. Das ändert sich, wenn die Prozessoptimierung dazu führt, dass sie mehr Freizeit haben.

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist die Reduzierung des Pendelverkehrs positiv. Laut dem Statistischen Bundesamt nutzen 68 % der Erwerbstätigen das Auto, um zur Arbeit zu fahren. Ein Tag weniger dieser Fahrten entlastet den Verkehr und die Umwelt.

3 Was spricht grundsätzlich dagegen?

Mitarbeiter in 40 Stunden bereits bei voller Kapazitätsauslastung sind, können zehn Stunden an vier Tagen extrem anstrengend sein, sodass der zusätzlich gewonnene freie Tag gebraucht wird, um sich von diesem Stress zu erholen. Eine Verkürzung der Arbeitszeit kann für noch mehr Leistungsdichte sorgen, sodass Zeit für den kurzen Plausch beim Kaffee fehlt, also das soziale Miteinander.

Eine Verkürzung der Arbeitszeit lässt sich nicht in jeder Kanzlei durch Effizienzsteigerungen erreichen. Aus Arbeitgebersicht würde einen Verlust an Arbeitszeit in solchen Kanzleien bedeuten, dass mehr Mitarbeiter gebraucht werden – und genau die gibt es ja gerade nicht. Die Alternative sind Investitionen in Technologien, die notwendig sind, um fehlende Mitarbeiter zu ersetzen.

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist nachteilig, dass wichtige Berufe ohne Möglichkeit der Vier-Tage-Woche unattraktiver werden. So sind etwa im Gesundheitswesen eine kontinuierliche Präsenz und eine ausreichende Personaldecke rund um die Uhr erforderlich. Bereits jetzt entscheiden sich Mitarbeiter gegen Pflegeberufe, weil die ständige Einsatzbereitschaft bei zu wenig Personal zermürbend ist. Je mehr Branchen die Vier-Tage-Woche umsetzen, desto unattraktiver werden Berufe, in denen sich das nicht oder schwer umsetzen lässt. Der Fachkräftemangel verschärft sich in diesen systemrelevanten Sektoren. In der Pandemie hat sich die Steuerberatungs-Branche benachteiligt gefühlt, weil sie nicht als systemrelevant galt. In Sachen Präsenzpflicht haben die hier Beschäftigten heute den Vorteil, eben nicht rund um die Uhr anwesend sei zu müssen.

 
Praxis-Tipp

Einführung der Vier-Tage-Woche

Wenn Sie über die Einführung der Vier-Tage-Woche in Ihrer Kanzlei nachdenken, reden Sie am besten mit Ihren Mitarbeitern über die Möglichkeiten und die Machbarkeit. Die Vier-Tage-Woche ist nur eine Spielart flexibler Arbeitszeiten. Es gibt noch viele weitere sinnvolle Varianten davon. Entscheidend ist, dass der Zufriedenheits-Triangel von Mitarbeitenden, Kanzleileitung und Mandanten in allen Ohren gleich gut oder besser klingt.

4 Das Projekt Vier-Tage-Woche konkret

Der schlechtest mögliche Start in jedes Projekt ist das Versprechen von "blühenden Landschaften": Die Versuchung ist groß, die positive Wirkung der Vier-Tage-Woche in den schillerndsten Farben zu malen. Denn wir wissen, dass Stellenanzeigen mit dem Stichwort 4-Tage-Woche besonders positiv wahrgenommen werden.

Schnellschüsse sind hier allerdings wenig t...

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