Rz. 140

Der strafbare Versuch setzt zunächst voraus, dass der unbedingte Entschluss zur Tat gefasst ist (s. § 369 AO Rz. 38). Der Tatbeteiligte muss vorsätzlich die Steuerhinterziehung begehen wollen (s. Rz. 124). Allein dieser Tatentschluss, z. B. die Absicht, bestimmte Geschäftsvorfälle nicht der Besteuerung zu unterwerfen, ist strafrechtlich nicht relevant[1].

 

Rz. 141

Der strafbare Versuch beginnt erst, wenn der Tatbeteiligte über noch straflose Vorbereitungshandlungen (s. Rz. 145) hinaus nach seinen Vorstellungen von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt[2]. Das unmittelbare Ansetzen zur Tat dokumentiert sich frühestens mit dem Beginn von Ausführungshandlungen, durch die das geschützte Rechtsgut (s. Rz. 2) bereits in diesem Zeitpunkt gefährdet ist, ohne dass weitere Geschehensabläufe dazwischengeschaltet sind[3].

 

Rz. 142

Soll die Steuerhinterziehung durch aktives Tun, also dadurch begangen werden, dass über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden sollen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO; s. Rz. 41), so beginnt der Versuch regelmäßig erst mit der Abgabe der falschen Erklärung oder Auskunft bei der Finanzbehörde[4]. Bei einer Steuererklärung in Schriftform (s. § 150 AO Rz. 2) liegt die Abgabe i. S. v. § 370 Abs. 2 AO in der Absendung der unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung[5]. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Unrichtigkeit der Erklärung noch nicht in dem Veranlagungsjahr, auf das sich die Erklärung bezieht, auswirkt, sondern erst in einem späteren Besteuerungszeitraum, z. B. durch einen unberechtigten Verlustvortrag nach § 10d EStG[6].

 

Rz. 143

Der Beginn des Versuchs bei der Einführung der gefälschten Belege in die Buchführung, die regelmäßig als Vorbereitungshandlung zu sehen ist (s. Rz. 145), kann dann als unmittelbares Ansetzen zur Tat (s. Rz. 141) für die Steuerhinterziehung von Ertragsteuern gesehen werden, wenn die falschen Betriebsausgabenbelege bereits in die USt-Voranmeldung eingeflossen sind und der Täter dadurch dokumentiert hat, dass er auch die folgende Ertragsteuerverkürzung will[7].

 

Rz. 144

Soll die Steuerhinterziehung durch Unterlassen, d. h. dadurch begangen werden, dass die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden soll (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; s. Rz. 54), so muss sich die Handlungspflicht im Einzelfall konkretisiert haben. Bei der Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe der Steuererklärung (s. Rz. 57) muss z. B. die gesetzliche oder die dem Erklärungspflichtigen gewährte Steuererklärungsfrist[8] abgelaufen sein[9].

[1] S. § 369 AO Rz. 38; BGH v. 3.8.1995, 5 StR 63/95, wistra 1995, 345.
[3] S. § 369 AO Rz. 44; vgl. BGH v. 7.6.1994, 5 StR 272/94, wistra 1994, 268; Mösbauer, DStZ 1997, 577.
[5] BGH v. 22.3.1979, 4 StR 641/78, BB 1980, 1032; BGH v. 16.5.1984, 2 StR 525/83, HFR 1984, 439.
[6] BGH v. 16.5.1984, 2 StR 525/83, HFR 1984, 439.
[7] BGH v. 22.3.1979, 4 StR 641/78, HFR 1979, 541 m. zust. Anm. Meine, BB 1980, 1032; Kniffka, wistra 1986, 89, 91.

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