vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 73/18)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Anrechnung von Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Kindergeldberechtigte für denselben Zeitraum in Deutschland Kindergeld und im anderen Staat eine Familienförderung infolge eines dort selbst gestellten Antrags erhalten und ist die Auszahlung der Familienförderung im anderen Staat nicht aufgrund des in Art. 68 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 vorgeschrieben Verfahrens erfolgt, kommt eine nachträgliche Anrechnung der im anderen Staat gezahlten Familienförderung nach § 70 Abs. 2 EStG oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in Betracht.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG 2009 § 70 Abs. 2; EGV 883/2004 Art 68 Abs. 3; EGV 987/2009; AO § 37 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.12.2020; Aktenzeichen III R 73/18)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die teilweise Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die im Jahr 1998 geborenen Kinder des Klägers, A und B, sowie die hiermit verbundene Rückforderung von Kindergeld durch die beklagte Familienkasse in Höhe von insgesamt 8.931,70 € für die Zeiträume Januar 2012 bis Dezember 2014 und Januar 2015 bis Januar 2016.

Der Kläger wohnt - und wohnte auch während des streitigen Zeitraums - mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern in Z. Für seine Kinder A und B bezog der Kläger seit dem Jahr 1998 Kindergeld in Deutschland. Im Jahr 2000 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Arbeitnehmer in den Niederlanden auf. Die Ehefrau des Klägers bezog eine Rente und war im Streitzeitraum in geringfügigem Umfang gewerblich tätig.

Nachdem die Kinder das 18. Lebensjahr erreicht hatten und der Kläger im Februar 2016 (neuerlich) Kindergeld für seine in der Schulausbildung befindlichen Kinder beantragte, prüfte die Beklagte aufgrund der - ihr gegenüber erstmals erfolgten - Angabe des Klägers zu seiner Berufstätigkeit in den Niederlanden, ob der Kläger für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume kindergeldberechtigt war. Dazu holte die Beklagte auch Auskünfte bei der zuständigen niederländischen Trägerin, Sociale Verzekeringsbank (SVB) in Y, ein. Eine Weiterleitung des von dem Kläger 2016 bei der Beklagten eingereichten Kindergeldantrags an die SVB Y durch die Beklagte ist aus der elektronischen Kindergeldakte nicht ersichtlich.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 EStG für folgende Zeiträume und in folgender Höhe auf:

- Januar 2011 bis Dezember 2011 in Höhe von 185,70 € monatlich;

- Januar 2012 bis Juni 2012 in Höhe von 179,60 € monatlich;

- Juli 2012 bis Dezember 2014 in Höhe von 182,52 € monatlich (insgesamt 8.781,60 €).

Mit weiterem Bescheid vom 31. Oktober 2016 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 EStG für folgende Zeiträume und in folgender Höhe auf:

- Januar 2015 bis Dezember 2015 in Höhe von 182,52 € monatlich;

- ab Januar 2016 in Höhe von 188,26 € monatlich (insgesamt 2.378,50 € bis einschließlich Januar 2016).

Die oben genannten Beträge (bis einschließlich Januar 2016) forderte die Beklagte von dem Kläger zurück, wies jedoch darauf hin, dass eine Zahlung des auf den Zeitraum Januar 2015 bis Januar 2016 noch nicht erforderlich sei, da insoweit der ausländische (d.h. niederländische) Träger um Erstattung gebeten worden sei.

Die Beklagte begründete die Aufhebung und Rückforderung in beiden Bescheiden jeweils damit, dass der Kläger zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Kindergeld für die in Deutschland wohnhaften Kinder habe, ihm aber gleichzeitig Familienleistungen in den Niederlanden zustünden. Diese Anspruchskonkurrenz sei anhand der Koordinierungsregelungen der Europäischen Union (EU) zu lösen. Danach sei maßgeblich, ob in den betreffenden Staaten eine Erwerbstätigkeit ausgeübt bzw. eine Rente bezogen werde oder der Anspruch auf Familienleistungen allein durch den Wohnort ausgelöst werden (Art. 67, 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit; im Folgenden VO Nr. 883/2004). Da der Kläger eine Erwerbstätigkeit in den Niederlanden ausübe und seine Ehefrau in Deutschland nicht bzw. nur geringfügig erwerbstätig sei, bestehe ein vorrangiger Anspruch auf Familienleistungen in den Niederlanden (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a) VO Nr. 883/2004).

Mit weiterem Bescheid vom 31. Oktober 2016 setzte die Beklagte ab April 2016 wieder volles Kindergeld für A und B in gesetzlicher Höhe fest, da in den Niederlanden nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs, vorliegend mithin für das erste Quartal 2016 Kindergeld gezahlt wurde.

Mit weiterem Bescheid vom 31. Oktober 2016 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für A und B ab dem Monat August 2016 auf mit Verweis auf das Ende der Schulausbildungen beider Kinder.

Gegen den Bescheid vom 31. Oktober 2016 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum Januar 2011 b...

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