[Anrede]

Liebe Mandantin, lieber Mandant,

[Einführung – Standard]

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen

  1. Kindergeld: Wenn das Kind vor Ausbildungsbeginn krank wird

    Kann ein ausbildungswilliges Kind sich wegen einer Erkrankung nicht um eine Berufsausbildung bemühen, können die Eltern für dieses Kind weiterhin Kindergeld bekommen. Denn hier gelten die gleichen Maßstäbe wie bei einem Kind, das trotz ernsthafter Bemühungen keinen Ausbildungsplatz findet.

    Hintergrund

    Die Tochter der Klägerin befand sich vom 1.8.2016 bis 8.6.2017 in einer Ausbildung. Sie unterbrach die Ausbildung krankheitsbedingt für den Zeitraum Juni 2017 bis einschließlich Juli 2018. Die Familienkasse hob hinsichtlich des Zeitraums der Erkrankung die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter bis einschließlich Juli 2018 auf und forderte den überzahlten Betrag von 2.510 EUR zurück. Sie vertrat die Auffassung, dass eine Berücksichtigung grundsätzlich auch dann möglich ist, wenn ein Kind wegen einer Erkrankung gehindert ist, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Erforderlich ist aber in diesem Fall eine schriftliche Erklärung des Kindes, dass es sich unmittelbar nach Genesung um eine Ausbildung bemühen will. Eine solche Erklärung kann aber nach Ansicht der Familienkasse keine Rückwirkung entfalten, sondern wirkt erst ab Eingang bei der Familienkasse. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

    Entscheidung

    Das Finanzgericht entschied zugunsten der Klägerin. Seiner Ansicht nach waren Anhaltspunkte dafür, dass in einzelnen Monaten die Ausbildungswilligkeit gefehlt haben soll, im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

    Soweit die Familienkasse die rechtzeitige Vorlage einer Erklärung über die Ausbildungswilligkeit in ihrer Dienstanweisung als Voraussetzung für die Annahme der Ausbildungswilligkeit vorsieht, sah sich das Gericht an diese Auffassung der Verwaltung nicht gebunden. Auch unter Einbeziehung des Umstands, dass die Erklärung erst im Oktober 2018 vorgelegt wurde, ist das Gericht von einer Ausbildungswilligkeit im gesamten Krankheitszeitraum überzeugt.

  2. Kindergeld: Wer zu spät beantragt, geht (doch nicht) leer aus

    Eltern sollten möglichst zeitnah nach der Geburt den Antrag auf Kindergeld stellen, da dieses nur für 6 Monate rückwirkend ausgezahlt wird. Der § 66 Abs. 3 EStG a. F. war jedoch so ungeschickt verfasst, dass die Familienkassen doch für längere Zeiträume das Kindergeld rückwirkend zahlen mussten.

    Hintergrund

    Der Vater V beantragte im April 2015 Kindergeld für seine Tochter. Diese sollte im Juli 2015 eine Ausbildung abschließen und ab September 2015 eine 3-jährige Ausbildung zur Erzieherin beginnen.

    Die Familienkasse setzte ab März 2015 Kindergeld fest, hob diese Festsetzung später ab August 2015 wieder auf, da trotz Aufforderung die Ausbildung der Tochter nicht nachgewiesen wurde.

    Mit Antrag vom 7.10.2017, der erst am 3.4.2018 bei der Familienkasse eingegangen war, beantragte V die Festsetzung von Kindergeld für August 2015 bis August 2019. Die Familienkasse setzte Kindergeld ab August 2015 zwar fest, beschränkte jedoch die Nachzahlung auf den Zeitraum Oktober 2017 bis April 2018 unter Hinweis auf § 66 Abs. 3 EStG. Anträge, die nach dem 31.12.2017 eingehen, könnten rückwirkend nur noch zu einer Nachzahlung für die letzten 6 Kalendermonate vor dem Eingang des Antrags führen. Da der Antrag erst am 3.4.2018 bei der Familienkasse eingegangen war, bestand ein Zahlungsanspruch erst ab Oktober 2017.

    Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt und entschied, dass das für August 2015 bis September 2017 festgesetzte Kindergeld an V zu zahlen war.

    Entscheidung

    Der Bundesfinanzhof wies die Revision der Familienkasse zurück. Die Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG betraf das Festsetzungsverfahren, nicht das Erhebungsverfahren. Das Kindergeld konnte danach nur für die letzten 6 Monate festgesetzt werden. Der Wortlaut "gezahlt" könnte zwar darauf hindeuten, dass nur die Auszahlung des Kindergeldes geregelt wird und damit das Erhebungsverfahren betroffen ist. Für eine Zuordnung bereits zum Festsetzungsverfahren spricht jedoch die systematische Stellung in § 66 EStG. Die §§ 62 bis 69 EStG befassen sich mit den materiellen Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs und Fragen der Festsetzung. In den §§ 70 und 72 EStG erfolgt der Übergang vom Festsetzungs- in das Erhebungsverfahren, während die §§ 74 bis 76 EStG ausschließlich Fragen der Erhebung betreffen.

    Die Familienkasse hat somit entgegen § 66 Abs. 3 EStG und damit rechtswidrig das Kindergeld rückwirkend für August 2015 bis September 2017, d. h. über den 6-Monats-Zeitraum hinaus, festgesetzt. Diese Festsetzung wirkt allerdings konstitutiv und ist infolge der eing...

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