Leitsatz

Im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG kommt es auf das angestrebte Berufsziel des Kindes an, sodass der Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung nicht bereits mit dem ersten berufs-qualifizierenden Abschluss erfüllt sein muss. Vielmehr kann bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein, wenn sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt.

 

Sachverhalt

Der Sohn des Klägers absolvierte nach dem Abitur von August 2011 bis Januar 2014 eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach dem Ausbildungsabschluss beschäftigte die Bank den Sohn des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit weiter. Seit dem 1.5.2014 war er an der Hochschule immatrikuliert und absolviert dort ein Bachelor Studium im Fachbereich "Management und Finance". Die Familienkasse (FK) lehnte die Gewährung des Kindergeldes ab Februar 2014 ab, da der Sohn des Klägers bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen habe. Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass der Abschluss des Studiums Voraussetzung für das von dem Sohn angestrebte Berufsziel gewesen sei und der Sohn sich unmittelbar nach Beendigung der Ausbildung zum Bankkaufmann für einen Studienplatz beworben habe. Die Familienkasse vertritt weiter die Auffassung, dass eine einheitliche Erstausbildung nicht vorliege.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass für den Sohn des Klägers im Streitzeitraum Kindergeld zu gewähren sei, da der Sohn bei Beginn des Studiums noch keine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen hatte. Das Bachelorstudium stelle einen Teil der Erstausbildung dar. Mangels Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sei die Erwerbstätigkeit nicht anspruchsausschließend. Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankomme, müsse der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein. Der von der Rechtsprechung des BFH geforderte enge zeitliche Zusammen-hang zwischen der Ausbildung als Bankkaufmann und dem Bachelorstudium an der Hochschule sei im Streitfall gegeben, da sich der Sohn des Klägers nach Beendigung seiner Bankausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt an der Hochschule immatrikuliert habe.

 

Hinweis

Die vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung zugelassene Revision wurde eingelegt, Az beim BFH III R 10/19. Beim BFH sind derzeit mehrere Revisionsverfahren zu der Frage anhängig, ob eine während des zweiten Ausbildungsabschnitts parallel ausgeübte Erwerbstätigkeit eine schädliche Zäsur bildet, die eine Erstausbildung entfallen lässt.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 06.12.2018, 8 K 3559/17 Kg

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