BMF, 3.3.2015, IV C 1 - S 1980 - 1/13/10007 :003

Zur Auslegung des § 1 Absatz 1b Nummer 3 InvStG nehme ich nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

 

1. Allgemeines

Merkmal eines Investmentfonds ist u.a., dass der objektive Geschäftszweck auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anteils- oder Aktieninhaber beschränkt ist. Diese Beschränkung des Geschäftszwecks muss aus der Satzung, dem Gründungsstatut oder sonstigen vergleichbaren Unterlagen eindeutig hervorgehen.

Zudem muss eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ausgeschlossen sein (§ 1 Absatz 1b Nummer 3 Satz 1 InvStG).

Als Ausnahme von diesem Grundsatz ist eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung dagegen nicht schädlich bei unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 22 des Kapitalanlagegesetzbuchs (§ 1 Absatz 1b Nummer 3 Satz 2 InvStG).

Die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung einer gewerblichen von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit, die durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung entwickelt wurden, sind bei der Beurteilung einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände von Investmentfonds nicht unmittelbar anwendbar. Sofern sich jedoch aus den allgemeinen Grundsätzen ergibt, dass eine Tätigkeit vermögensverwaltenden und keinen gewerblichen Charakter hat, dann liegt auch keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor. Umgekehrt ist trotz Vorliegen von Merkmalen einer gewerblichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Investmentanlage zu prüfen, ob darin auch eine aktive unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 1 Absatz 1b Nummer 3 Satz 1 InvStG zu sehen ist.

Die professionelle, standardisierte, kollektive Verwaltung eines Vermögens für die Anleger stellt die Aufgabe und das Wesensmerkmal eines Investmentfonds dar.

Hierbei ist die berufliche Expertise des Verwalters immanenter Bestandteil der Vermögensverwaltung im Rahmen der Investmentanlage und kein Merkmal für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände. Auch der wert- und zahlenmäßige Umfang der Geschäfte eines Investmentfonds stellt kein Indiz für eine aktive unternehmerische Tätigkeit dar.

Alle Tätigkeiten, die einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) erlaubt sind, wird die Finanzverwaltung nicht als aktive unternehmerische Tätigkeiten betrachten.

 

2. Wertpapiergeschäfte

Die Umschichtung von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – gehört regelmäßig noch zur privaten Vermögensverwaltung. Danach ist der bloße – auch kurzfristige – Umschlag von Wertpapieren als privates Geschäft zu betrachten. Dies gilt erst recht im Rahmen der Investmentanlage, so dass die Häufigkeit der Umschichtung kein Merkmal einer aktiven unternehmerischen Tätigkeit darstellt.

Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung ist jedoch auszugehen, wenn Umschichtungen im Rahmen des Hochfrequenzhandels (§ 1 Absatz 1a Nummer 4d KWG) als Geschäftsfeld eines Fonds erfolgen oder wenn die wesentliche Anlagestrategie des Fonds auf die kurzfristige Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen ausgerichtet ist. Ein Kriterium für die Wesentlichkeit kann in diesem Zusammenhang die Anzahl der durchgeführten Transaktionen darstellen.

Umschichtungen, die weder im Rahmen des Hochfrequenzhandels noch im Rahmen der wesentlichen Anlagestrategie zur kurzfristigen Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen getätigt werden, führen nicht zu einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung.

 

3. Unternehmensbeteiligungen

Ein Investmentfonds darf sich nicht am aktiven Management von Portfolio-Gesellschaften (auch nicht über verbundene Dritte) beteiligen (vgl. BFH-Urteil vom 25.7.2001, BStBl 2001 II S. 809). Es darf auch keine rechtliche oder faktische Weisungsbefugnis gegenüber Zielunternehmen, die selbst operativ tätig sind, bestehen. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in den gesellschaftsrechtlichen Gremien der Portfolio-Gesellschaften und die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten sind dagegen unschädlich.

 

4. Immobilienanlage

Offene Immobilienfonds sind ihrem Wesen nach Bestandshalter, d.h., das Halten von Immobilien und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (§ 230 ff. KAGB bzw. § 1 Absatz 1b Nummer 5e bis g InvStG), die regelmäßige bzw. dauernde Einnahmen erwarten lassen, muss im Vordergrund der Geschäftstätigkeit stehen.

Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen bzw. das Halten von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften hat grundsätzlich vermögensverwaltenden Charakter, auch dann, wenn der vermietete Grundbesitz sehr umfangreich ist und der Verkehr mit vielen Mietern erhebliche Verwaltungsarbeit erford...

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