Rz. 8

§ 15 EStG regelt zusammen mit §§ 16 und 17 EStG die Besteuerung im Bereich der gewerblichen Einkünfte, wobei § 15 EStG den Grundsatz der Gewerblichkeit und die laufenden Einkünfte, § 16 EStG (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) und § 17 EStG (Anteile an Kapitalgesellschaften) dagegen die Besteuerung bestimmter (aperiodischer) Aufgabe- und Veräußerungstatbestände behandelt.

§ 15 EStG ist nach allgemeinen Grundsätzen als Fiskalzwecknorm zu begreifen, da er in erster Linie die Steuerbarkeit einer Einkunftsart konstituiert und präzisiert.[1] Daraus folgt, dass bei der Auslegung der Norm vorrangig das Interesse des Staates an Einnahmenerzielung vor den Interessen des Spfl. (z. B. an der Weiterführung einer qualifizierten Sachgesamtheit) zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 9

§ 15 Abs. 1 EStG regelt, wem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind: nämlich (unausgesprochen) dem Einzelunternehmer die seines gewerblichen Unternehmens (Nr. 1), den Gesellschaftern anteilig die aus einer gemeinsamen gewerblichen Unternehmung (Nr. 2) und dem persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA seine Gewinnanteile und Vergütungen (Nr. 3). Die Vorschrift unterscheidet damit im Rahmen der in § 15 Abs. 2 und 3 EStG definierten Gewerblichkeit drei Regelungsbereiche danach, ob die Einkünfte allein (als Einzelunternehmer, Nr. 1), in Gemeinschaft mit anderen (als Mitunternehmer, Nr. 2) bzw. in der Rechtsform einer KGaA (als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA, Nr. 3) erzielt werden.

Da § 15 EStG nicht lediglich Einkünfte als gewerblich qualifiziert, sondern darüber hinaus dem Steuersubjekt zurechnet (insbesondere Abs. 1 Nr. 2), ist die Vorschrift insgesamt nicht nur als Qualifikationsnorm, sondern darüber hinaus als Zurechnungsnorm zu verstehen.[2]

 

Rz. 10

Die besondere Erwähnung des Einkunftsbereichs der in Gemeinschaft (mitunternehmerisch) erzielten Einkünfte ist erforderlich, weil nach der Systematik des ESt-Rechts die Ertragsteuerbelastung der gemeinsam erzielten Einkünfte nicht bei der Gemeinschaft (Mitunternehmerschaft) hergestellt wird, sondern bei dem einzelnen Mitunternehmer entsteht. Dies lässt sowohl bei der formellen Behandlung (einheitliche und gesonderte Feststellung gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) als auch im Bereich der materiellen Behandlung (insbesondere der Rechtsbeziehungen zwischen Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft) besondere Regelungserfordernisse entstehen, die den Einzelunternehmer nicht betreffen.

 

Rz. 11

Der Bereich der KGaA ist in § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG gesondert behandelt, weil die Grenze zwischen ESt- und KSt-Pflicht mitten durch diese Gesellschaftsform hindurch verläuft.

Die Regelung ist eine Folge der steuerlichen Zwitterstellung der KGaA, die einerseits persönlich haftende Gesellschafter und andererseits Kommanditaktionäre besitzt. Nach der körperschaftsteuerlichen Gesetzessystematik ist zwar "die KGaA" körperschaftsteuerpflichtig, letztlich wird aber im Rahmen der KSt der Gewinn der KGaA nur insoweit erfasst, als er auf das Aktienkapital der KGaA entfällt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG).[3] Der Gewinnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters gehört hingegen zu den gewerblichen Einkünften des § 15 EStG und musste in § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG eigenständig geregelt werden, weil der persönlich haftende Gesellschafter der KGaA aus seiner Tätigkeit für die KGaA zwar Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, aber nicht Mitunternehmer der KGaA ist (Rz. 494).

 

Rz. 12

Der 2006 eingefügte (Rz. 6) und nach § 52 Abs. 30a S. 2 EStG erstmals für nach dem 31.12.2005 endende Wirtschaftsjahre geltende § 15 Abs. 1a EStG betrifft eine Folgeänderung zur steuerlichen Behandlung von Anteilen an einer Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea – SE) bzw. einer Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) in § 4 Abs. 1 S. 4 EStG. Die während der Dauer des Bestehens der inländischen Steuerpflicht eingetretenen Wertsteigerungen dieser Anteile werden zur Herstellung der EU-Rechtskonformität erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung der Gesellschaftsanteile oder einer gleichgestellten Wertrealisierung erfasst (Rz. 208).

 

Rz. 13

§ 15 Abs. 2 EStG enthält die grundlegende Definition der gewerblichen Betätigung und füllt damit den Begriff des Gewerbebetriebs inhaltlich aus. Der Umstand, dass die grundlegende Definition in Abs. 2 enthalten ist, erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte (Rz. 1). Systematisch gesehen ist "Gewerbebetrieb" die Verselbstständigung der in Abs. 2 umschriebenen Betätigung. Der in Abs. 1 Nr. 1 S. 1 erwähnte Begriff "gewerbliches Unternehmen" besitzt dagegen keinen eigenständigen begriffsbestimmenden Inhalt.[4] Die in Abs. 1 Nr. 1 S. 2 genannten weiteren Betätigungsfelder haben klarstellende Bedeutung für die Abgrenzung zur land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Rz. 89).

 

Rz. 14

§ 15 Abs. 3 EStG erweitert den materiellen Begriff der Gewerblichkeit des vorangehenden Absatzes durch eine Fiktion bei sog. gewerblich geprägten Gesellschaften (Nr. 2) bzw. deren Umfang durch Infektions...

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