Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschaffung von Trinkwasser durch einen Wasserbeschaffungsverband gegen Entgelt als umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Beschaffung von Trinkwasser durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts zur Weitergabe an Mitgliedsverbände ohne Leitungskontakt zum Endverbraucher gegen Entgelt ist ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch.

Zur Unternehmereigenschaft eines Wasserbeschaffungsverbandes.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 3; KStG § 4 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.03.2011; Aktenzeichen XI R 65/07)

 

Tatbestand

Streitig ist die Unternehmereigenschaft eines Wasserbeschaffungsverbandes.

Der Kläger ist der Zweckverband zur Wasserversorgung 1 und Umgebung. Nach der Verbandssatzung vom 29.06.1967 ist er eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, der seine Aufgaben ohne Gewinnabsicht erfüllt und ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts dient (§§ 1, 4 Abs. 2 der Satzung). Aufgabe des Klägers ist es, eine Wasserversorgungsanlage zur gemeinsamen Förderung und Abgabe von Trink- und Gebrauchswasser an die Verbandsmitglieder, nämlich die Stadt 1 und die beiden Wasserversorgungsgruppen links und rechts der 2 zu errichten, zu betreiben und zu erhalten (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Endverbraucher beliefert der Kläger nicht und er verfügt über kein eigenes Rohrleitungsnetz zu den Endverbrauchern. Die Übergabe des Wassers an die Abnehmer (Verbandsmitglieder) erfolgt unmittelbar im Maschinen/Pumpenhaus des Klägers.

Mit Schreiben vom 06.09.1990 teilte das Finanzamt dem Kläger unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 30.11.1989, BStBl. II 1990, 452 mit, dass er als reiner Wasserbeschaffungsverband keinen Betrieb gewerblicher Art unterhalte und damit die Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen sowie das Recht auf Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen ab dem 01.01.1991 entfalle. In der Folgezeit wurden keine Umsatzsteuererklärungen mehr eingereicht. Anlässlich einer Prüfung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes gelangte dieser zu der Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers nach Artikel 4 Abs. 5 6. EG-Richtlinie i.V.m. Anhang D Nr. 2 als Wasserlieferung eine unternehmerische Tätigkeit darstelle. Daraufhin reichte der Kläger am 03.12.2003 für das Jahr 1996 erstmals wieder eine Umsatzsteuererklärung ein, in der er Lieferungen und sonstige Leistungen zu 7 % i.H.v. 181.316 DM erklärte und unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen i.H.v. 17.269 DM eine Umsatzsteuererstattung i.H.v. 4.577 DM errechnete.

Das Finanzamt stimmte der Erklärung nicht zu (§ 168 Satz 2 AO). Mit Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 1996 vom 23.12.2003 setzte es mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 1996 die Umsatzsteuer auf 0 DM fest. Es teilte dazu mit, dass der Kläger eine hoheitliche Aufgabe erfülle und die Unternehmereigenschaft nicht gegeben sei.

Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 23.12.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2004 dahin abzuändern, dass die Umsatzsteuer wie erklärt mit ./. 4.577,50 DM festgesetzt wird.

Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen Folgendes aus:

Er werde mit seiner Wasserlieferung an die Stadt 1 und die angeschlossenen Zweckverbände unternehmerisch tätig. Das Finanzamt stelle in seiner Einspruchsentscheidung vom 13.05.2004 unzutreffend darauf ab, dass eine unternehmerische Tätigkeit nur dann vorliege, wenn eine tatsächliche Wasserlieferung an den Endverbraucher mit Hilfe eines eigenen Rohrleitungsnetzes durchgeführt werde. Dies sei dem Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 3 KStG nicht zu entnehmen. Maßgebend sei, dass der Betrieb dazu „diene“, die angeschlossenen Endverbraucher mit Wasser zu versorgen. Dabei bedeute „dienen“, dass der Betrieb in den Trinkwasserversorgungsprozess, der mit der Wasserförderung beginne und mit der Lieferung an den Endverbraucher ende, involviert sei. So habe der BFH im Urteil vom 16.03.1965, HFR 1965, 423 einem Wasser- und Bodenverband, der in den Mitgliedsgemeinden die Trink- und Brauchwasserversorgung sicherzustellen hatte, die Eigenschaft als Betrieb gewerblicher Art nur deswegen versagt, weil die Tätigkeit nicht von einigem Gewicht gewesen sei.

Der BFH habe mit Urteil vom 30.11.1989, BStBl. II 1990, 452 entschieden, dass ein Wasserversorgungsverband, der die Wasserbeschaffung zur Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser betreibe, mit seiner Wasserversorgung unternehmerisch tätig werde und die Tätigkeit der Wasserbeschaffung als eine die Wasserversorgung vorbereitende Tätigkeit hinter die Versorgung zurücktrete, mit der Folge, dass die Wasserbeschaffung Bestandteil der unternehmerischen Tätigkeit werde. Im Ergebnis nicht anders verhalte es sich bei der mittelbaren Trinkwasserversorgung der Endverbraucher über die Zweckverbandsmitglieder. Die Wasserbeschaffung stelle eine Tätigkeit dar, die bereits für sich genommen der V...

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