Entscheidungsstichwort (Thema)

Begünstigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG (Fünftelregelung) neben steuerfreier Rücklage nach § 6b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Die begünstigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftelregelung) findet auf einen Betriebsaufgabegewinn auch dann Anwendung, wenn für den Teil des Gewinns, der auf die Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils entfällt, eine steuerfreie Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG gebildet wurde.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 6b Abs. 10

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob auf den Veräußerungsgewinn aus der Auflösung der Gebr. L GbR die Begünstigung des § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) Anwendung findet.

Der Kläger und sein Bruder Herr J L waren zu je 50 % an der Gebr. L GbR (im Folgenden: GbR) beteiligt. Zum Betriebsvermögen der GbR gehörte das Gewerbegrundstück K-straße in S. Der Kläger und sein Bruder waren außerdem zu je 50 % Gesellschafter der J und K L GmbH (im Folgenden GmbH). Unternehmensgegenstand der GmbH war das Betreiben von Erdbau- und Abbrucharbeiten sowie die Entsorgung und das Recycling von Wertstoffen und Abfällen sowie die Planung, der Vertrieb und der Einbau von Abwasseranlagen. Die GbR verpachtete ihr Grundstück nebst aufstehender Gebäude und Anlagen an die GmbH, die darauf einen Recyclinghof betrieb. Zum Betriebsvermögen der GbR gehörte außerdem der Maschinen- und Fuhrpark des Recyclinghofes, den die GbR ebenfalls an die GmbH verpachtete. Die Anteile an der GmbH gehörten zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der GbR.

Mit notariellem Auseinandersetzungsvertrag vom 23.12.2009 UR-Nr. …/2009 des Notars M mit dem Amtssitz in H) vereinbarten der Kläger und sein Bruder die Auflösung der GbR und der GmbH und die Auseinandersetzung über das jeweilige Gesellschaftsvermögen. Im Zuge der Auseinandersetzung veräußerte der Kläger seinen Anteil an der GmbH mit Wirkung zum 01.01.2010 an seinen Bruder. Der Kaufpreis betrug 150.000 EUR. Gleichzeitig übertrug der Kläger seinen Anteil an der GbR auf seinen Bruder. Dabei waren sich der Kläger und sein Bruder einig, dass die Gewerbeimmobilie nicht Gegenstand der Übertragung des Gesellschaftsanteils an der GbR sein sollte. Als Gegenleistung für den GbR-Anteil übertrug Herr J L mit Wirkung zum 01.01.2010 seinen Miteigentumsanteil an der Gewerbeimmobilie auf den Kläger. Wegen der weiteren Einzelheiten der Auseinandersetzungsvereinbarung wird auf die notarielle Urkunde vom 23.12.2009 Bezug genommen. Das danach in seinem Alleineigentum stehende Grundstück vermietete der Kläger unter Aufhebung des bis dahin bestehenden Pachtvertrages an die (umbenannte) J L GmbH.

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2010 erklärte die GbR einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 336.346,77 EUR, der in voller Höhe auf den Kläger entfiel. Der Veräußerungsgewinn beinhaltete die folgenden drei Positionen:

1. Entnahme des eigenen Grundstücksteiles

20.636,90 EUR

2. Veräußerung des GmbH-Anteils

137.217,70 EUR

3. Ausscheiden aus der GbR

187.206,24 EUR

Summe

345.060,84 EUR

Abzgl. Kosten

8.714,07 EUR

Summe

336.346,77 EUR

Von den Veräußerungskosten entfielen 3.465,59 EUR auf die GmbH-Beteiligung. Nach Abzug dieser Kosten ergab sich aus der Veräußerung des GmbH-Anteils ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 133.752,11 EUR, der nach den Grundsätzen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 % und somit in Höhe von 80.251,27 EUR steuerpflichtig war. Der Kläger beantragte für diesen Gewinn die Einstellung in eine Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG. Der Kläger übertrug die nach § 6b Abs. 10 EStG gebildete Rücklage in den Jahren 2010 bis 2012 vollständig auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.

Mit Feststellungsbescheid vom 09.01.2012 stellte der Beklagte für das Jahr 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 336.346,77 EUR fest, die in voller Höhe auf den Kläger entfielen. Der Bescheid wies unter den sonstigen Feststellungen einen nach §§ 6b, 6c EStG in ein anderes Betriebsvermögen zu übertragenden Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 80.251,27 EUR aus und enthielt den Hinweis, dass bei den Beteiligten, die § 6b EStG in Anspruch nehmen, auf den verbleibenden steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn § 34 Abs. 1 EStG keine Anwendung findet.

Gegen den Feststellungsbescheid legten der Kläger und die GbR Einspruch ein. Mit ihrem Einspruch wandten sie sich gegen den gesonderten Ausweis des nach § 6b EStG übertragenen Veräußerungsgewinns in Höhe von 80.251,27 EUR, der zum Ausschluss der auf den Veräußerungsgewinn in Höhe von 202.594 EUR entfallenden Steuerbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1 EStG führt. Zur Begründung führten die GbR und der Kläger aus, dass die Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG, nach der die Vergünstigungen des § 34 Abs. 1 bis 3 EStG bei Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG oder § 6c EStG nicht anwendbar seien, nicht greife. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG definiere die außerordentlichen und grundsätzlich begünstigten Einkünfte als „Veräußerungsgewinne ...

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