Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2000; Aktenzeichen I R 107/98)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin wegen zu erwartender Steuererstattungen eine Verrechnungsstundung des Anspruchs auf Abführung einbehaltener Kapitalertragsteuer beanspruchen kann.

Die Klägerin ist eine … in der Rechtsform einer GmbH. Ihre Einkünfte stammen im wesentlichen aus den Ausschüttungen zweier Tochter-GmbH's, deren alleinige Gesellschafterin sie ist.

Am … beschloß die Gesellschafterversammlung der Klä-gerin, den Gewinn für das Geschäftsjahr 1995 in Höhe von … DM an die Alleingesellschafterin der Klägerin zum … auszuschütten. Am … gab die Klägerin ihre Körperschaftsteuererklärung 1995 ab. Sie rechnete mit einer Körperschaftsteuererstattung in Höhe von … DM. Der begehrte Erstattungsanspruch resultierte zum einen daraus, daß die Klägerin von ihrer Steuerschuld die von ihren Töchtern entrichtete Körperschaftsteuer als anrechenbare Körperschaftsteuer und die bei den Ausschüttungen ihrer Töchter von diesen einbehaltene Kapitalertragsteuer als anrechenbare Kapitalertragsteuer in Abzug brachte. Zum anderen leitete die Klägerin ihren Erstattungsanspruch aus einer Minderung der Körperschaftsteuer aufgrund Herstellung der Ausschüttungsbelastung ab. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschloß am …, die vorgesehene Ausschüttung des Gewinns für das Geschäftsjahr 1995 wegen fehlender Liquidität auf den … zu verschieben. Am … erging der Körperschaftsteuerbescheid 1995. Aufgrund von anzurechnender Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer aus den Ausschüttungen der Töchter wurden der Klägerin … DM Körperschaftsteuer erstattet. Die außerdem beantragte Minderung der Körperschaftsteuer infolge Herstellung der Ausschüttungsbelastung lehnte der Beklagte ab, da bei der Klägerin die entsprechenden Mittel laut Bilanz erst im … abflössen und somit eine Ausschüttungsbelastung noch nicht herzustellen sei.

Mit Schreiben vom … reichte die Klägerin die Kapitalertragsteueranmeldung … über … DM für die Gewinnausschüttung 1995 ein. Gleichzeitig beantragte sie die Verrechnungsstundung der Kapitalertragsteuer für einen Betrag in Höhe von … DM bis zum Erlaß eines geänderten Körperschaftsteuerbescheids 1995.

Gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1995 legte die Klägerin mit Schreiben vom … Einspruch ein und begehrte weiterhin die Berücksichtigung einer Körperschaftsteuerminderung aufgrund Herstellung der Ausschüttungsbelastung. Mit Schreiben vom … teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß nach Eingang der Kapitalertragsteueranmeldung der Körperschaftsteuerbescheid 1995 geändert und im Rahmen dieser Änderung die Gewinnausschüttung berücksichtigt werde. Mit geändertem Körperschaftsteuerbescheid 1995 vom … wurde die begehrte Minderung der Körperschaftsteuer vorgenommen.

Ebenfalls mit Bescheid vom … lehnte der Beklagte den Antrag auf Verrechnungsstundung ab. Die Körperschaftsteuererstattung ging mit Wertstellung … auf dem Konto der Klägerin ein. Am … überwies die Klägerin die fällige Kapitalertragsteuer an den Beklagten. Für die Zeit vom … bis zum … setzte der Beklagte für die rückständige Kapitalertragsteuer in Höhe von … DM Säumniszuschläge fest.

Das gegen die Ablehnung der Verrechnungsstundung gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Der Beklagte verwies in der Einspruchsentscheidung vom … auf die Änderungen des § 222 AbgabenordnungAO – durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz, (BStBl. I 1994 S.50). Danach schließe zum einen § 222 Satz 3 AO eine Stundung von Kapitalertragsteuer aus. Die Voraussetzungen des § 222 Satz 3 AO lägen auch dann vor, wenn der Stundungsantrag durch den Entrichtungspflichtigen und nicht durch den Steuerschuldner gestellt würde. Zum anderen habe die Klägerin gegen ihre Pflicht zur Abführung der Kapitalertragsteuer verstoßen und hafte daher als Schuldnerin der Kapitalerträge per Gesetz für die Kapitalertragsteuer. Damit sei auch § 222 Satz 4 AO einschlägig, der die Stundung von Haftungsansprüchen gegen den Entrichtungspflichtigen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten habe, grundsätzlich ausschließe. Auch wenn diese Einschränkungen des § 222 AO zu Liquiditätsnachteilen bei der Klägerin führten, liege darin kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben bzw. gegen das Übermaßverbot.

Gegen diese Einspruchsentscheidung des Beklagten vom … wendet sich die Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, daß der Beklagte, ohne das ihm zustehende Ermessen auszuüben, die beantragte Verrechnungsstundung entgegen der Verwaltungspraxis in vorangegangenen Jahren zu Unrecht unter Hinweis auf § 222 Sätze 3 und 4 AO abgelehnt habe. § 222 Satz 3 AO sei nicht einschlägig, da es im Streitfall nicht um die Stundung von Steueransprüchen gegen den Steuerschuldner gehe, sondern um die Stundung des Abführungsanspruchs gegen den Schuldner von Kapitalerträgen, der die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen habe. Auch § 222 Satz 4 AO sei nicht anwendbar. § 222 Satz 4 AO schließe lediglich die Stundung eines Haft...

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