rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsmissbrauch und Fremdvergleich bei Erwerb einer Immobilie von einem Angehörigen. Vereinbarung eines 10 Jahre tilgungsfreien Kaufpreisdarlehens und „Rückvermietung” einer Wohnung an den Angehörigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es liegt grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn der Kläger ein Haus von einem Angehörigen erwirbt, über die Kaufpreiszahlung ein Darlehensvertrag geschlossen und eine Wohnung in dem Haus nunmehr an den Angehörigen vermietet wird.

2. Der zugrunde liegende Miet- und Darlehensvertrag kann auch dann steuerlich anerkannt werden, wenn u.a. der 66-jährige Darlehensgeber den Darlehensvertrag (über 128000 DM) 10 Jahre nicht kündigen, erst anschließend eine auf maximal 5000 DM jährlich begrenzte Tilgung verlangen kann und daher zu Lebzeiten des Darlehensgebers mit einer vollständigen Tilgung des Kaufpreisdarlehens nicht zu rechnen ist, wenn weiter der Mietvertrag ohne Kündigungsrecht des Vermieters auf Lebenszeit des Angehörigen geschlossen wird, der Angehörige zudem auch jederzeit die Bestellung eines Wohnungsrechts verlangen kann, wenn ferner eine Änderung des vereinbarten Mietzinses frühestens nach 10 Jahren möglich ist und die vertragliche Vereinbarung zu den Nebenkosten der Wohnung tatsächlich nicht durchgeführt wird.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1, § 12 Nr. 1; AO § 42

 

Tenor

Die geänderten Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 vom 6. Mai 1998 und die geänderten Einkommensteuerbescheide 1993, 1994 und 1995 vom 30. April 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2001 werden aufgehoben.

Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 4. Mai 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2001 wird insoweit geändert, als bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Werbungskostenüberschuss von 12.000 DM berücksichtigt wird. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 FGO).

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung eines Miet- und Darlehensvertrages zwischen dem Kläger (Kl) und seiner Tante.

Der Kl und seine Tante leben im selben Zweifamilienhaus. Der Kl bewohnt mit seiner Familie das Erd- und Untergeschoss. Die Tante lebte in den Streitjahren mit ihrem Ehemann im Obergeschoss. Das Haus stand ursprünglich im hälftigen Miteigentum der Tante und des Vaters des Kl. Es wurde mit notariellem Vertrag vom 18. April 1990 an den Kl veräußert und der Besitz im selben Monat übergeben. Der Kaufpreis betrug 256.000 DM, von dem je die Hälfte auf die Tante und den Vater des Klägers entfiel. Während die Kaufpreisforderung des Vaters in monatlichen Raten von 300 DM zu tilgen war, wurde diejenige der Tante in eine Darlehensforderung umgewandelt. Das Darlehen ist nach § 2 des Vertrages ab Besitzübergabe mit 6 % zu verzinsen. Aus der Forderung i.H.v. 128.000 DM ergibt sich eine monatliche Zinslast des Kl von 640 DM. Hinsichtlich der Tilgung wurde vereinbart, dass der Tante für die Dauer von 10 Jahren kein Kündigungsrecht zustehe und sie danach jährliche Tilgungsleistungen i.H.v. höchstens 5.000 DM unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist verlangen könne. Der Kl hat dagegen das Recht zu Tilgungsleistungen in beliebiger Höhe, wobei jedoch eine Kündigungsfrist von drei Monaten einzuhalten ist.

Unter § 3 des Vertrages wurde weiter vereinbart, dass der Kl seiner Tante und ihrem Ehemann auf deren Lebenszeit die Wohnung im Obergeschoss als Mietwohnung überlassen werde. Als Mietpreis wurde für die Dauer von 10 Jahren ein Betrag von 640 DM festgesetzt. Danach kann der Mietpreis auf Verlangen einer der Vertragsparteien anhand des Mietspiegels angepasst werden. Der Kl verzichtete auf Lebenszeit beider Nutzungsberechtigter auf ein ordentliches Kündigungsrecht. Der Tante und ihrem Ehemann wurde weiter das Recht eingeräumt, anstelle des Mietverhältnisses die Bestellung eines Wohnungsrechts als Gesamtberechtigte mit der Maßgabe zu verlangen, dass es auch dem Überlebenden ungeschmälert zustehen soll.

Der Kl und seine Tante unterzeichneten am 8. November 1992 einen auf den 1. März 1990 rückdatierten Formularmietvertrag, in dem neben der monatlichen Miete von 640 DM Nebenkostenvorauszahlungen von 50 DM vereinbart wurden. Die Miete wurde ebenso wie die Zinsen aus dem Darlehen seit März 1991 tatsächlich gezahlt, die Nebenkosten nicht.

Der Kl machte in den Streitjahren Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, welche das Finanzamt (FA) in den Streitjahren 1991 bis 1995 zunächst vorläufig berücksichtigte. Mit Bescheiden vom 6. Mai 1998 (Einkommensteuer 1991 und 1992) sowie vom 30. April 1998 (Einkommensteuer 1993 bis 1995) wurden die Werbungskosten aus der Vermietung nicht mehr berücksichtigt. Auch der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 4. Mai 1998 berücksichtigte den erklärten Verlust (12.000 DM) aus der Vermietung nicht, weil das FA das mit der Tante geschlossene Mietverhältnis s...

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