Leitsatz

Die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR führt nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 9, § 51 BRAO

 

Sachverhalt

Die Klägerin war im Haftungszeitraum (2008 bis 2011) eine GbR. Gesellschafter waren ein Notar, mehrere Rechtsanwälte und Steuerberater. Bei ihr angestellte Rechtsanwälte hatten für ihre "freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt" eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung über eine Versicherungssumme in Höhe von 250.000 EUR pro Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ab­geschlossen. Darüber hinaus bestand "hinsichtlich dieser angestellten Rechtsanwälte" auch eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im Namen und auf Rechnung der Klägerin mit einer Versicherungssumme in Höhe von 1 Million EUR pro Schadensfall. Im Rahmen einer bei der Klägerin für den Zeitraum 1.1.2008 bis 31.12.2011 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auf­fassung, dass die von der Klägerin getragenen Versicherungsbeiträge für die in ihrem Namen und auf ihre Rechnung abgeschlossene Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte anzusehen seien, da das Interesse am Versicherungsschutz für die Kanzlei das eigene Interesse der Rechtsanwälte an dem Versicherungsschutz nicht eindeutig überwiege. Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid gemäß § 42d EStG. Das FG wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.6.2014, 9 K 9369/12, Haufe-Index 7465007).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war erfolgreich. Der BFH hat sowohl die Vorentscheidung als auch den angefochtenen Haftungsbescheid aufgehoben. Der erkennende Senat verstand die tatsächlichen Feststellungen des FG, nach denen "hinsichtlich dieser angestellten Rechtsanwälte eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im Namen und auf Rechnung der Klägerin" existierte, dahin, dass es sich bei der fraglichen Versicherung um eine solche der Klägerin handelte, die diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hatte. ­Damit waren die Beiträge der Klägerin für die fragliche Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen nicht als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte anzusehen.

 

Hinweis

Mit der Besprechungsentscheidung führt der BFH seine Rechtsprechung zu den lohnsteuerlichen Folgen einer Arbeitgeber-Berufshaftpflichtversicherung fort. Danach stellt weder die Mitversicherung in der Betriebshaftpflichtversicherung eines Krankenhauses nach § 102 Abs. 1 VVG bei den angestellten Klinikärzten (BFH, Urteil vom 19.11.2015, VI R 47/14, BFH/NV 2016, 472) noch die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GmbH nach § 59j BRAO bei den angestellten Anwälten Arbeitslohn dar (BFH, Urteil vom 19.11.2015, VI R 74/14, BFH/NV 2016, 474). Denn der Arbeitgeber schließt eine solche Versicherung im eigenbetrieblichen Interesse ab und wendet dem Arbeitnehmer dadurch weder Geld noch einen geldwerten Vorteil in Form des Versicherungsschutzes zu.

1. Dies gilt auch, soweit sich der Versicherungsschutz auf die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehenden Personen erstreckt. Denn Bedeutung und Zweck der Erweiterung des Versicherungsschutzes bestehen darin, dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) einen möglichst umfassenden Versicherungsschutz für alle bei ihm beschäftigten Personen zu gewähren, weil nur dann erreicht werden kann, die Haftpflichtrisiken aus der unternehmerischen Tätigkeit weitgehend auf den Versicherer abzuwälzen. Zudem haften Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs gegenüber dem Arbeitgeber häufig nicht oder nur beschränkt; im Falle ihrer Inanspruchnahme durch Dritte wegen Schäden aus ihrer beruflichen Tätigkeit können sie vom Arbeitgeber in ­Abhängigkeit vom Grad des Verschuldens Freistellung verlangen. Die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflicht von betriebsange­hörigen Arbeitnehmern hilft somit, Spannungen zwischen den Mitarbeitern und dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) zu vermeiden, die bei ihrer unmittelbaren Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten entstehen können, und dient so letztlich dem Unternehmenswohl.

2. Die Rechtsform des Arbeitgebers ist insoweit ohne Bedeutung. Das Besprechungsurteil gilt deshalb beispielsweise auch für Partnergesellschaften mit beschränkter Berufshaftung gemäß § 51a BRAO und Einzelkanzleien mit angestellten Rechtsanwälten. Darüber hinaus kann die Entscheidung auch für andere Berufsgruppen von Bedeutung sein. Die (Mit-)Versicherung eines angestellten Steuerberaters führt deshalb bei diesem nicht zu Arbeitslohn. Davon gehen auch die Finanzbehörden (mit einer unzutreffenden Begründung aber seit jeher) aus (vgl. OFD Frankfurt a.M., Rundvfg. vom 25.2...

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