Bei der Prüfung der Angemessenheit einer individuellen Scheidungsfolgenvereinbarung muss zwingend eine Gesamtbetrachtung der bestehenden und geplanten Verhältnisse vorgenommen werden. Dazu gehören u. a.

  • Alter der Ehepartner;
  • bestehende andere Unterhaltsverpflichtungen beider Ehepartner;
  • Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Ehepartner;
  • Ausbildung und Chancen am Arbeitsmarkt;
  • die Situation des Unternehmens;
  • Anzahl der Kinder etc[1];
  • Dauer der Ehe.[2]

Die Grundsätze für die Gültigkeit von Eheverträgen gelten nicht nur für den Unterhalt fordernden Ehepartner, sondern auch für den zahlungspflichtigen früheren Partner. Laut BGH ist z. B. eine Vereinbarung sittenwidrig, wenn ein Geschiedener wegen der hohen Unterhaltszahlungen in die Sozialhilfe getrieben wird.[3]

 
Praxis-Tipp

Ehevertrag/Scheidungsfolgenvereinbarung vom Anwalt überprüfen lassen

Bei Hinzuziehung eines Fachanwalts für Familienrecht kann/muss dieser eine Ausgewogenheit der Regelungen im Gesamtergebnis anhand der gesetzlichen Bestimmungen und der aktuellen Rechtsprechung überprüfen und auch die möglichen Folgen einer Vereinbarung erläutern.[4] Ein Ehevertrag muss zudem u. U. angesichts geänderter tatsächlicher, wirtschaftlicher oder gesetzlicher (steuerlicher) Verhältnisse während der Ehe angepasst werden.

Verschuldet der Rechtsanwalt z. B., dass der Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung über den Ausschluss von Ansprüchen auf Versorgungs- und Zugewinnausgleich unterbleibt, muss er den in der Übertragung von Rentenanwartschaften liegenden Schaden durch Zahlung desjenigen Betrags an den Versicherer ausgleichen, der erforderlich ist, um entsprechende Anwartschaften neu zu begründen.[5]

[1] BGH, Urteil v. 20 2.2013, XII ZR 148/10, NJW 201 S. 1444.
[2] Siehe auch § 1578b BGB in der Fassung ab 1.3.2013: Die lange Ehedauer ist als eigenständiger Unterhaltsanspruch im Gesetz festgehalten, unabhängig davon, ob es ehebedingte Nachteile gibt oder nicht. Somit kann ein Unterhaltsanspruch allein damit begründet sein, dass man sehr lange verheiratet war; OLG Hamm, Beschluss v. 4.11.2016, 13 UF 34/15, FamRZ 2017 S. 889: Der in einem Vergleich vor der Einführung des § 1578b BGB geregelte Nachscheidungsunterhalt kann dann wegen Änderung der Geschäftsgrundlage durch eine Begrenzung oder eine Befristung abgeändert werden, wenn die Vereinbarung der Beteiligten keinen abschließenden Charakter hat..
[4] Z. B. BGH, Beschluss v. 16.10.2013, XII ZB 277/12, NJW 2013 S. 3645: Von einem Ehegatten in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags gemachter Lottogewinn ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen; BGH, Beschluss v. 6.11.2013, XII ZB 22/13, NZFam 2014 S. 33: Ein betrieblich erworbenes Anrecht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH, das noch vor dem Ende der Ehezeit in eine private Kapitalversicherung umgewandelt wird, ist insgesamt nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen; BGH, Urteil v. 9.10.2013, XII ZR 125/12, FamRZ 2013 S. 1954: Allein eine ungewöhnlich lange Trennungszeit von Ehegatten rechtfertigt nicht die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichpflicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs; BGH, Beschluss v. 26.6.2013, XII ZB 677/12, FamRZ 2013 S. 1364: Haben die geschiedenen Ehegatten Unterhalts- und Zugewinnausgleichsansprüche durch eine vereinbarte Einmalzahlung abgefunden, kommt eine Anpassung der Rentenkürzung wegen Unterhalt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn nicht festgestellt werden kann, welcher Anteil der geleisteten Summe auf den Unterhalt entfällt; OLG Brandenburg, Beschluss v. 16.5.2013, 9 UF 35/12.

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