Entscheidungsstichwort (Thema)

Brüterei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb

 

Leitsatz (NV)

1. Für die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs i.S. des §42 BewG, der dem Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist und nicht einen selbständigen gewerblichen Betrieb darstellt, müssen nach der Rechtsprechung des BFH zum Begriff des Nebenbetriebs (s. BFH-Urteil vom 16. Oktober 1970 III R 25/69, BFHE 101, 261, BStBl II 1971, 287, m.w.N.) drei Voraussetzungen erfüllt sein:

a) Die Landwirtschaft muß die ausschließliche oder hauptsächliche Grundlage für den Nebenbetrieb bilden,

b) der Gesamtbetrieb muß nach der Verkehrsauffassung ein Betrieb der Landwirtschaft sein oder, anders ausgedrückt, im Bereich der Landwirtschaft liegen und

c) der Nebenbetrieb muß dem Hauptbetrieb untergeordnet sein.

2. Eine Brüterei ist danach in gleicher Weise wie eine Brennerei dann als Nebenbetrieb anzusehen, wenn sie dazu bestimmt ist, eine bessere Verwertung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu ermöglichen (vgl. BFH in BFHE 101, 261, BStbl II 1971, 287).

3. Werden in einer Brüterei nur die in eigenen Geflügelställen erzeugten Bruteier verwendet, liegt kein selbständiger gewerblicher Betrieb vor.

4. Von einer Integration einer Brüterei in den Hauptbetrieb kann nicht ausgegangen werden, wenn die mit Hilfe der Brutapparate erzeugten Küken überwiegend für den Verkauf bestimmt sind, d.h. die Erzeugung für Zwecke der Geflügelaufzucht im eigenen Betrieb zurücktritt.

5. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG wird nicht deshalb verletzt, weil eine Brüterei -- im Gegensatz zu Betrieben, die der Säugetiererzeugung dienen -- nicht als integrierter Bestandteil des landwirtschaftlichen Hauptbetriebs angesehen wird. Die Erzeugung von Küken mit Hilfe von Brutapparaten unterscheidet sich im tatsächlichen Ablauf des Produktionsvorgangs grundlegend von der Erzeugung z.B. von Kälbern, Fohlen oder Ferkeln.

 

Normenkette

BewG § 42

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb die Haltung von Legehennen und die Produktion von Legehennenküken. Der Betrieb erstreckt sich über den Bezirk zweier Finanzämter in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen; er umfaßt Geflügelställe und eine 3 ha große landwirtschaftliche Nutzfläche in A (Nordrhein- Westfalen), ein ca. 075 ha großes Grundstück mit einer Brüterei in B (Niedersachsen) sowie einen ca. 44,5 ha großen gepachteten Hof in C (Nordrhein-Westfalen).

Mit (Änderungs-)Bescheid vom 28. Juni 1989 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) im Wege der Wertfortschreibung den Einheitswert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin in B-A auf 560 600 DM fest. In diesem Betrag ist der Einzelertragswert für die Brüterei in A mit 558 359 DM enthalten. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch und Klage, die erfolglos blieben. Das Finanzgericht (FG) führte u.a. aus: Die Brüterei sei zwar kein selbständiger Gewerbebetrieb, sondern gehöre zum landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin, der aus drei Betriebsteilen bestehe. Da die von der Klägerin erzeugten Küken aber nicht zu mehr als 50% im eigenen Betrieb großgezogen würden, sei die Brüterei kein integrierter Bestandteil des Hauptbetriebs, sondern ein mit dem Einzelertragswert zu erfassender landwirtschaftlicher Nebenbetrieb. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 910 veröffentlicht.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das Urteil des FG verstoße gegen §42 des Bewertungsgesetzes (BewG). Die Geflügelvermehrung diene nicht dem Hauptbetrieb, sondern sei Inhalt des Hauptbetriebes. Es handele sich um einen einheitlichen Vorgang landwirtschaftlicher Urproduktion, dessen Ergebnis lebende Küken seien. (Nur) wegen des Einsatzes einer Brutmaschine könne dieser einheitliche Vorgang nicht in die Erzeugung von Eiern und von Küken aufgespalten werden; auch sei die Ungleichbehandlung mit anderen Arten der Tierproduktion, bei denen ein einheitlicher Produktionsvorgang auch nicht in Haupt- und Nebenbetrieb aufgeteilt würde, mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und den Einheitswertbescheid vom 28. Juni 1989 -- Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1977 -- in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die von der Klägerin betriebene Brüterei keinen integrierten Bestandteil ihres landwirtschaftlichen Hauptbetriebes, sondern einen Nebenbetrieb gemäß §42 BewG darstellt, der mit dem Einzelertragswert gesondert zu bewerten ist.

Für die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs i.S. des §42 BewG, der dem Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist und nicht einen selbständigen gewerblichen Betrieb darstellt, müssen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Begriff des Nebenbetriebs (s. BFH-Urteil vom 16. Oktober 1970 III R 25/69, BFHE 101, 261, BStBl II 1971, 287, m.w.N.) drei Voraussetzungen erfüllt sein:

a) Die Landwirtschaft muß die ausschließliche oder hauptsächliche Grundlage für den Nebenbetrieb bilden,

b) der Gesamtbetrieb muß nach der Verkehrsauffassung ein Betrieb der Landwirtschaft sein oder, anders ausgedrückt, im Bereich der Landwirtschaft liegen und

c) der Nebenbetrieb muß dem Hauptbetrieb untergeordnet sein.

An dieser im Schrifttum unbestrittenen Begriffsdefinition (vgl. Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, §42 BewG Anm. 4; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, 18. Aufl., §42 Anm. 4; Viskorf/Glier/Knobel, Bewertungsgesetz, Kommentar, 4. Aufl., §42 Anm. 1) hält der erkennende Senat fest. Eine Brüterei ist danach in gleicher Weise wie eine Brennerei dann als Nebenbetrieb anzusehen, wenn sie dazu bestimmt ist, eine bessere Verwertung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu ermöglichen (vgl. BFH in BFHE 101, 261, BStBl II 1971, 287).

Im Streitfall hat das FG zutreffend die Voraussetzungen eines Nebenbetriebs bejaht. Die Brüterei ist als Nebenbetrieb dem Hauptbetrieb der Legehennenhaltung "zu dienen bestimmt" (§42 BewG) da durch sie eine bessere Verwertung der im Hauptbetrieb erzeugten Eier ermöglicht wird. Die auf einem gesonderten Grundstück betriebene und vom Hauptbetrieb organisatorisch abgrenzbare Brüterei fördert damit den Hauptbetrieb und erhöht dessen Ertrag. Das FG ist insoweit auch zutreffend davon ausgegangen, daß kein selbständiger gewerblicher Betrieb vorliegt, denn in der Brüterei werden nur die in eigenen Geflügelställen erzeugten Bruteier verwendet.

Da die mit Hilfe der Brutapparate erbrüteten Küken überwiegend für den Verkauf bestimmt sind, d.h. die Erzeugung für Zwecke der Geflügelaufzucht im eigenen Betrieb zurücktritt, kann entgegen der Auffassung der Revision nicht von einer Integration der Brüterei in den Hauptbetrieb ausgegangen werden. Derartige Brütereien, die -- wie im Streitfall -- regelmäßig über Brutapparate sowie eigene Wirtschaftsgebäude verfügen, erlangen vielmehr eine betriebliche Eigenständigkeit (vgl. Engel, Bewertungs-Ratgeber in der Tierhaltung, 1995, S. 161).

Entgegen der Auffassung der Revision wird der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG nicht deshalb verletzt, weil die Brüterei -- im Gegensatz zu anderen Betrieben, die der Säugetiererzeugung dienen -- nicht als integrierter Bestandteil des landwirtschaftlichen Hauptbetriebs angesehen wird. Beide Bereiche der Tiererzeugung sind nicht miteinander vergleichbar. Denn die Erzeugung von Küken mit Hilfe von Brutapparaten unterscheidet sich im tatsächlichen Ablauf des Produktionsvorgangs grundlegend von der Erzeugung z.B. von Kälbern, Fohlen oder Ferkeln.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67539

BFH/NV 1998, 1338

DStRE 1998, 767

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