Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang eines gewerblichen Grundstückhandels

 

Leitsatz (NV)

Zur Indizwirkung des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Errichtung und Veräußerung von Wohnungen für deren Zuordnung zum Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels.

 

Normenkette

EStG § 15

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt seit 1977 einen gewerblichen Grundstückshandel. In den Jahren 1982 bis 1984 veräußerte er etwa 45 Eigentumswohnungen und Reihenhäuser. Im Jahre 1978 erstellte er in X neun Eigentumswohnungen, von denen er sieben veräußerte und zwei behielt. Die eine der Wohnungen nutzte er selbst, die andere vermietete er. Im Jahre 1979 veräußerte er die vermietete, im Jahre 1980 die eigengenutzte Wohnung.

Im Jahre 1979 errichtete der Kläger ein dreigeschossiges Haus in Y, das er in drei Eigentumswohnungen aufteilte. Eine der Eigentumswohnungen nutzte er selbst, während er die anderen zunächst vermietete. 1982 veräußerte er eine der vermieteten Wohnungen.

Eine im Jahre 1984 durchgeführte Außenprüfung, die die Veranlagungszeiträume 1980 bis 1982 betraf, bewertete die Veräußerungen der als Privatvermögen behandelten Eigentumswohnungen in den Jahren 1980 und 1982 als gewerblich. Für 1980 ermittelte der Prüfer einen Veräußerungsgewinn in Höhe von . . . DM, für 1982 einen solchen in Höhe von . . . DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem und änderte die Einkommensteuerbescheide. Die Veranlagung 1980 führte zu einer Verminderung des rücktragbaren Verlustes. Das FA erfaßte ferner den Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung im Jahre 1979 und änderte den Einkommensteuerbescheid 1979 entsprechend.

Die Einsprüche und die Klage gegen die Einkommensteuerveranlagungen 1979 und 1982 blieben ohne Erfolg.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der aus der Veräußerung der Wohnungen entstandene Gewinn war bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu erfassen, denn die Wohnungen gehörten zum Betriebsvermögen des Klägers.

a) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits mehrfach entschieden, daß die Aussonderung privater Geschäftsvorfälle aus ständig im Gewerbebetrieb anfallenden Geschäften nicht schlechthin ausgeschlossen ist. Ob der jeweilige Geschäftsvorfall dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zuzuordnen ist, muß aber aufgrund der vorliegenden Tatsachen klar unterscheidbar sein. Anderenfalls ist der Vorgang wegen seiner geschäftstypischen Art im betrieblichen Bereich zu erfassen (vgl. BFH-Urteile vom 18. März 1982 IV R 183/78, BFHE 136, 76, BStBl II 1982, 587 m. w. N., und vom 28. Januar 1988 IV R 2/85, BFH/NV 1989, 580, 582).

Im Streitfall wird die Zugehörigkeit der veräußerten Wohnungen zu dem Betriebsvermögen des von dem Kläger betriebenen gewerblichen Grundstückshandels durch den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Errichtung und der Veräußerung der Wohnungen indiziert. Dieser deutet darauf hin, daß für den Kläger der Handel mit den Wohnungen und nicht eine auf Dauer angelegte Vermietung im Vordergrund standen. Für die Zurechnung zum Betriebsvermögen genügt bereits eine bedingte Verkaufsabsicht, die sich in einer zeitnahen Veräußerung dokumentiert (BFH-Urteil vom 5. September 1990 X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060).

Den Klägern ist es nicht gelungen, dieses Indiz zu entkräften und nachzuweisen, daß die Objekte zur privaten Vermögensanlage bestimmt waren.

Die von den Klägern gewählte Finanzierungsart läßt nicht eindeutig auf eine Zuordnung zum Privatvermögen schließen. Sofern der Kläger die Objekte nicht von vornherein aus der Hand geben wollte, mußte er in jedem Fall die gewählte oder eine vergleichbare Finanzierung wählen, unabhängig davon, ob die Objekte auf Dauer vermietet oder nach geraumer Zeit veräußert werden sollten.

Dasselbe gilt für die Art der Nutzung. Weder Selbstnutzung noch Vermietung als solche lassen ohne weiteres erkennen, ob das Objekt zum gewerblichen Handel oder zur privaten Vermögensanlage bestimmt ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621).

Die Motive des Klägers, die ihn zu den Veräußerungen veranlaßten und deren Ursache in seiner Sphäre lag, sind unbeachtlich. Weder die Absicht, ein größeres und aufwendigeres Objekt zu errichten, noch der Umstand, daß die finanzielle Lage die Veräußerung erzwungen hat, rechtfertigen den Schluß, daß die veräußerten Wohnungen zum Privatvermögen gehörten (BFH-Urteil in BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060). Auch andere konkrete Anhaltspunkte, die eindeutig für eine private Vermögensanlage sprechen, liegen nicht vor.

b) Für den Streitfall ist die sog. Drei-Objekte-Grenze ohne Bedeutung. Diese Grenze ist maßgeblich für die Beurteilung, ob überhaupt ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1989 III R 56/ 85, BFHE 159, 167, BStBl II 1990, 1054 m. w. N.). Ist aber lediglich der Umfang des Betriebsvermögens eines gewerblichen Grundstückshandels zu bestimmen, so ist jedes einzelne Objekt zu berücksichtigen.

c) Die auf eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gestützten verfassungsrechtlichen Einwände der Kläger sind unbegründet. Entgegen ihrer Auffassung ist es bei der hier vertretenen Rechtsauffassung durchaus möglich, daß auch ein gewerblicher Grundstückshändler Grundstücke im Privatvermögen hält (generell zu branchengleichen Geschäften vgl. BFH-Urteil in BFHE 136, 76, BStBl II 1982, 587). Allerdings ist erforderlich, daß die Grundstücke dem Privatvermögen eindeutig zugeordnet werden können. Gelingt dieser Nachweis nicht, so ist es wegen der durch die geschäftstypische Betätigung bedingten Nähe zum Gewerbebetrieb sachlich gerechtfertigt, die Grundstücke im Betriebsvermögen zu erfassen.

d) Daß das FA die 1979 und 1980 verkauften Wohnungen in X in der Vergangenheit nicht zum Betriebsvermögen des Klägers gerechnet hat, steht der geänderten Beurteilung in der Veranlagung 1979 nicht entgegen; die erfolgten Veräußerungen beweisen die Unrichtigkeit der bisherigen Beurteilung. Den dem Veräußerungspreis gegenüberzustellenden Buchwert hat das FA so ermittelt, als hätten die Wohnungen von vornherein zum Betriebsvermögen gehört.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417659

BFH/NV 1991, 524

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