Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachentscheidungsvoraussetzungen für eine einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (NV)

Fehlt es an der Darlegung eines Anordnungsgrundes oder an jeder Form seiner Glaubhaftmachung, so ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 114

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gegen den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung durch Beschluß vom 22. Dezember 1992 abgelehnt. Der Beschluß wurde den Antragstellern am 24. Dezember 1992 zugestellt. Sie legten am 6. Januar 1993 Beschwerde ein, der das FG nicht abgeholfen hat und der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Der Rechtsvorgänger des FA erließ gegenüber den Antragstellern geänderte Einkommensteuerbescheide 1986 bis 1988 mit teilweise geschätzten Besteuerungsgrundlagen. Aufgrund der Bescheide machte das FA gegenüber den Antragstellern Steuernachforderungen in einer Höhe von mehr als 140000 DM geltend. Die geänderten Einkommensteuerbescheide 1986 und 1987 stehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Sie sind jedoch im übrigen formell bestandskräftig. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1988 ist endgültig ergangen. Die Antragsteller haben ihn jedoch mit einer beim FG noch anhängigen Klage angefochten.

Die Antragsteller machen geltend, bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb für 1988 einen Verlust in Höhe von rd. ... DM erlitten zu haben, aufgrund dessen sich für 1988 und aufgrund von Verlustrückträgen auch für 1986 und 1987 Einkommen von jeweils 0 DM ergäben. Dazu kündigten sie an, die Steuererklärung 1988 noch im Januar 1993 abgeben zu wollen. Bei dieser Sachlage sei der Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Schutze der Antragsteller vor Vollstreckungsmaßnahmen des FA für die Dauer des Klageverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid 1988 geboten.

Das FG hat den bei ihm gestellten Antrag - wie eingangs erwähnt - abgelehnt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 132 FGO).

1. Nach § 114 Abs. 1 FGO setzt der Erlaß einer einstweiligen Anordnung einen sog. Anordnungsgrund voraus. Der Anordnungsgrund muß von den Antragstellern glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Fehlt es an der Darlegung eines Anordnungsgrundes oder an jeder Form seiner Glaubhaftmachung, so ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung unzulässig.

2. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann der Anordnungsgrund in der Sicherung eines gefährdeten Anspruchs bestehen. Dazu tragen die Antragsteller lediglich vor, im Veranlagungszeitraum 1988 ein negatives Einkommen erzielt zu haben, aus dem sich die Möglichkeit eines Verlustrücktrags in die Veranlagungszeiträume 1986 und 1987 ergebe. Unterstellt man dieses Vorbringen als zutreffend, so hätten die Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Änderung der ergangenen Einkommensteuerbescheide 1986 bis 1988 und auf Rückerstattung der bisher geleisteten Einkommensteuerzahlungen 1986 bis 1988. Es ist jedoch nichts dafür dargelegt, daß dieser Anspruch gefährdet wäre und deshalb der Sicherung bedarf. Solange der Verlust 1988 nicht nachgewiesen ist, sind die Voraussetzungen für einen Verlustrücktrag nicht erfüllt, weshalb auch eine Vollstreckung der bestandskräftig ergangenen Einkommensteuerbescheide 1986 und 1987 rechtmäßig ist. Bezüglich des Einkommensteuerbescheids 1988 können die Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Sie geht dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung vor (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Januar 1984 II B 35/83, BFHE 139, 508, BStBl II 1984, 210).

3. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO kann der Anordnungsgrund auch in einer sog. Regelungsanordnung bestehen. Dies setzt allerdings voraus, daß der Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Abweichung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1989 VII B 221/88, BFH/NV 1989, 794; vom 4. April 1989 VII B 35/85, BFH/NV 1989, 714; vom 29. Januar 1991 VII B 174/90, BFH/NV 1991, 695), daß an die Voraussetzungen einer Regelungsanordnung strenge Anforderungen zu stellen sind. Umstände wie die Bezahlung von Steuern stellen für sich allein gesehen keinen Anordnungsgrund dar (vgl. BFH-Beschluß vom 7. August 1990 VII B 70/90, BFH/NV 1991, 255). So gesehen hätten die Antragsteller darlegen müssen, daß z.B. ihre wirtschaftliche oder persönliche Existenz durch die Ablehnung der beantragten Maßnahmen unmittelbar bedroht ist. Weder die Antrags- noch die Beschwerdebegründung enthalten jedoch ein entsprechendes Vorbringen.

4. Ist aber ein Anordnungsgrund weder in der Antrags- noch in der Beschwerdeschrift schlüssig dargelegt und fehlt es außerdem an jeglicher Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, so hat das FG zutreffenderweise den Antrag der Antragsteller als unzulässig abgelehnt. Diese Entscheidung ist beschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419210

BFH/NV 1994, 182

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