Leitsatz

Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Flugbegleiterin. In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr (2013) machte sie Aufwendungen i.H.v. 1.250 EUR für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Für die dort verrichteten Arbeiten stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das FA setzte die ESt ohne Berücksichtigung dieser Aufwendungen fest. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab. Angesichts des sehr geringen Anteils der von der Klägerin im Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten im Verhältnis zu ihrer Gesamtarbeitszeit sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich. Denn die angeführten, geringfügigen Arbeiten hätte die Klägerin auch andernorts (z.B. am Küchentisch oder im Esszimmer) ausführen können (FG Düsseldorf, Urteil vom 4.5.2017, 8 K 329/15 E, Haufe-Index 11449153, EFG 2018, 277).

 

Entscheidung

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das angefochtene Urteil aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt (Satz 3 Halbs. 1). Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 Halbs. 2).

a) Ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer ist seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist.

b) Aufwendungen für gemischt genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und die sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werden, sind hingegen insgesamt auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStGnicht abziehbar.

2.§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bestimmt dabei abschließend, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind. Weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer regelt das Gesetz nicht. Die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers ist weder ein geschriebenes noch ungeschriebenes Merkmal des Abzugstatbestands. Den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG angesprochenen Fallgruppen liegt vielmehr die gesetzgeberische Überlegung zugrunde, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in diesen Fällen erforderlich sind (BFH, Urteil vom 8.3.2017, IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017, m.w.N.).

3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Denn es hat rechtsfehlerhaft die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Tätigkeit der Klägerin als maßgebend erachtet. Darauf, dass die Klägerin die Arbeiten, für die ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum hätte erledigen können, kommt es nicht an. Das FG-Urteil kann deshalb keinen Bestand haben.

4. Allerdings sind im Streitfall weitere Feststellungen notwendig. Das FG hat zwar den Umfang der Arbeiten festgestellt, für die der Klägerin kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Es hat aber Feststellungen unterlassen, ob der Raum im Streitjahr tatsächlich – wie von der Klägerin behauptet – (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung verwendet wurde oder aber neben der einkünfterelevanten Nutzung eine abzugsschädliche private (Mit-)Nutzung vorlag. Derartige Feststellungen obliegen dem FG als Tatsachengericht. Sie sind zur Entscheidung des Falls erforderlich und im zweiten Rechtsgang vom FG daher nachzuholen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 3.4.2019 – VI R 46/17

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