Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abzugsfähigkeit der Teilherstellungskosten für eine Dachgeschosswohnung als Werbungskosten bei nicht fehlender Glaubhaftmachung der Vermietungsabsicht. Vergebliche Aufwendungen. Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in Zusammenhang mit dem Erwerb einer zu sanierenden und herzustellenden Wohnung entstandenen vergeblichen Aufwendungen sind wegen fehlenden Nachweises einer ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsabsicht nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abzugsfähig, wenn bereits zu Beginn des vorherigen Veranlagungszeitraums aufgrund der – auch der Fertigstellung der Wohnung entgegenstehenden – erheblichen Baumängel zweifelhaft ist, ob und gegebenenfalls wann die Wohnung vermietet werden kann.

2. Im Rahmen der Prüfung, ob eine ernsthafte Vermietungsabsicht hinreichend nachgewiesen ist, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige möglicherweise ohne sein Verschulden an der Aufnahme konkreter Vermietungsbemühungen einer noch nicht fertiggestellten Wohnung gehindert war, weil wie im Streitfall bis zur Versteigerung der Dachgeschosswohnung niemals absehbar war, wann die seit längerem leerstehende Wohnung fertiggestellt und vermietbar sein würde.

3. Wird die Zwangsverwaltung hinsichtlich des Grundstücks angeordnet, auf der sich die erworbene mit Baumängeln behaftete Dachgeschosswohnung befindet, und schließlich die Zwangsversteigerung betrieben, so dass der Steuerpflichtige nur im Wege der Drittwiderspruchsklage gegenüber der betreibenden Gläubigerbank die Einstellung der Zwangsvollstreckung in die erworbene Eigentumswohnung im Dachgeschoss und einen Lastenfreistellungsanspruch geltend machen kann, sind die nachgewiesenen Zivilprozesskosten der 1. Instanz (Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten) als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn hinreichende Erfolgsaussichten bestehen.

4. Die Abzugsfähigkeit der Zivilprozesskosten in Zusammenhang mit der zweiten Instanz im Rahmen des § 33 EStG scheitert, wenn die eingelegte Berufung vor dem Zivilgericht aus ex-ante Sicht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1; 2008 § 33 Abs. 1 Fassung 2008; ZPO §§ 771, 522 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.02.2016; Aktenzeichen IX R 1/15)

BFH (Urteil vom 16.02.2016; Aktenzeichen IX R 1/15)

 

Tenor

1. Der Einkommenssteuerbescheid 2008 vom 05.10.2010 in der Fassung des geänderten Einkommensteuerbescheides vom 09.03.2011 dieser in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.06.2013 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer 2008 unter zusätzlicher Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von 19.712,80 Euro (ohne bisherigen Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung) als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG und unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages in Höhe von 968 Euro niedriger festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuer nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 72 v.H., der Beklagte zu 28 v.H..

3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Wesentlichen die Anerkennung eines Verlusts aus Vermietung und Verpachtung, der sich u.a. aus den Teilherstellungskosten einer Wohnung sowie aus Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten in Zusammenhang mit Zivilrechtsstreitigkeiten zusammensetzt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Abzugsfähigkeit vergeblicher Aufwendungen.

Die Klägerin erzielte im Kalenderjahr 2008 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Notarin.

Mit notariellem Vertrag vom …1995 erwarb die Klägerin den Miteigentumsanteil an den streitgegenständlichen im Dachgeschoß belegenen Räumen eines Wohn- und Geschäftshauses in W. Der Verkäufer verpflichtete sich das Vertragsobjekt gem. der Baubeschreibung zu sanieren und herzustellen. Lt. Vertrag wurden ein Kaufpreis i.H.v. 51.940 DM sowie Sanierungskosten i.H.v. 165.000 DM vereinbart. Zu Gunsten der Klägerin war eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Die Fertigstellung der Wohnung war für den 01.03.1996 vereinbart gewesen. Als Zeitpunkt der Fälligkeit zur Zahlung der Sanierungskosten war die Fertigstellung der Dachgeschoßwohnung vereinbart. Zur Fertigstellung der Dachgeschoßwohnung kam es jedoch aufgrund von erheblichen Baumängeln nicht. Ihre Ansprüche auf eine Mängelbeseitigung machte die Klägerin zunächst selbst gegenüber der Verkäuferin geltend.

Dem kam die Verkäuferin nicht nach. Ende 1996 scheiterte ...

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