Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsinanspruchnahme für Steuerschulden
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 166 AO hat eine gegenüber dem Stpfl. unanfechtbar festgesetzte Steuer neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch derjenige gegen sich gelten zu lassen, der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Stpfl. erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
2. Eine vom Insolvenzschuldner nicht bestrittene und zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung steht nach Auffassung des erkennenden Senats einer unanfechtbaren Steuerfestsetzung i.S.d. § 166 AO gleich.
Normenkette
AO §§ 166, 69
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme des Klägers für Steuerschulden der Firma A GmbH streitig.
Der Kläger war seit 2005 Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der A GmbH (nachfolgend auch kurz „GmbH”) mit Sitz in M. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war der Handel mit … und Zubehör. Einen Großteil ihrer Waren hatte die GmbH bis Juni/Juli 2004 von pakistanischen Vertragsfirmen bezogen, welche von Brüdern des Klägers betrieben wurden. Hierbei handelte es sich um die Firmen C Ltd. und D, beide mit Sitz in H/Pakistan. Seit Mitte 2004 unterhielt die GmbH jedoch keine Vertragsbeziehungen mehr zu diesen beiden Firmen.
In den Jahren 2009/2010 war bei der GmbH eine steuerliche Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2003-2007 durchgeführt worden. In deren Rahmen hatte die Prüferin ausweislich des abschließenden Prüfungsberichts vom 29.03.2010 (dort Tz. 2.3) die folgenden Feststellungen getroffen: Zum 31.12.2007 waren in den Bilanzen der GmbH noch Lieferantenschulden i.H.v. 1.995.592,50 € ausgewiesen, davon 1.593.101,48 € gegenüber der C Ltd. und 40.285,25 € gegenüber der D. Die gegenüber der C Ltd. bestehenden Verbindlichkeiten waren mit 1,2 % p.a. verzinst und der Jahresendbestand war jeweils um die Zinsen erhöht worden. Zu einem Anteil von 567.631,89 € waren die Verbindlichkeiten gegenüber der C Ltd. bereits in den Jahren 2001 und 2002 begründet worden. Die Fa. D existierte nach den Erkenntnissen der Betriebsprüfung zudem nicht mehr. Seit Beendigung der Vertragsbeziehungen zu beiden Firmen Mitte 2004 waren von Seiten der Lieferantinnen keine feststellbaren, auf die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gerichteten Aktivitäten entfaltet worden.
Die Betriebsprüfung vertrat die Ansicht, dass die zum 31.12.2007 ausgewiesenen Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der D insgesamt (d.h. i.H.v. 40.285,25 €) und gegenüber der C Ltd. anteilig – soweit diese aus den Jahren 2001 und 2002 stammten (d.h. i.H.v. 567.631,89 €) – nicht mehr passiviert werden dürften. Mit einer Geltendmachung durch den Gläubiger sei insoweit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu rechnen. Die Verbindlichkeiten der A GmbH gegenüber der C Ltd. aus dem Jahr 2003 wurden zudem um Gutschriften i.H.v. insgesamt 311.561,00 € vermindert, welche die GmbH – betreffend Rechnungen aus 2002 und 2003 – im Jahr 2009 vereinnahmt hatte. Die Betriebsprüfung buchte nach alledem Verbindlichkeiten gegenüber der C Ltd. i.H.v. 879.192,89 € sowie gegenüber der D i.H.v. 40.285,25 € gewinnerhöhend aus und kürzte zudem die Zinsen aus den Lieferantenschulden gegenüber der C Ltd. um 10.550,32 € (vgl. Tz. 2.3.2 des Bp.-Berichts).
Laut Tz. 1.1.3.3 des Bp.-Berichts vom 29.03.2010 wurde zwischen den Beteiligten Einigkeit hinsichtlich sämtlicher im Rahmen der Betriebsprüfung aufgegriffenen Punkte erzielt.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ am 25.02.2011 gegenüber der A GmbH u.a. entsprechende Körperschaftsteuer- und Verlustfeststellungsbescheide für 2007, mit welchem die Steuer auf 3.095 € festgesetzt und der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer mit 0 € festgestellt wurde. Für die Folgejahre 2008 und 2009 ergaben sich trotz korrespondierender Ausbuchung weiterer Verbindlichkeiten der GmbH aufgrund eines Verlustrücktrags keine positiven Körperschaftsteuerfestsetzungen. Erst in 2010 machten sich die Folgewirkungen der für die Jahre 2003-2007 durchgeführten Betriebsprüfung wieder insoweit bemerkbar, als von der GmbH ein Gewinn erklärt worden war, welchem aufgrund der Betriebsprüfung jedoch kein Verlustabzug mehr gegenüber stand.
Auf dieser Grundlage setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer 2010 mit Bescheid vom 25.10.2011 zunächst i.H.v. 33.618,00 € gegenüber der A GmbH fest. Der vorgenannte Bescheid wurde von der GmbH mit dem Einspruch angegriffen. Während des laufenden Einspruchsverfahrens erging am 17.10.2012 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid für 2010, mit welchem die Körperschaftsteuer verbösernd i.H.v. 41.811 € gegenüber der GmbH festgesetzt wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 07.11.2012 wurde der Einspruch der GmbH durch den Beklagten sodann als unbegründ...