Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen und wiederkehrenden Leistungen als Kaufpreisraten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG setzt grundsätzlich voraus, dass Versorgungsleistungen auf die Lebenszeit des Beziehers gezahlt werden.

2) Auf eine fest bestimmte Zeit zu zahlende wiederkehrende Leistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung eines Vermögensgegenstandes gezahlt werden, sind nicht als Rente oder dauernde Last abziehbar, sondern nach den steuerrechtlichen Grundsätzen über entgeltliche Rechtsgeschäfte zu behandeln.

3) Dies gilt gleichermaßen, wenn die Zahlungen zwar auf Dauer der Lebenszeit der Bezugsperson, allerdings nur für eine bestimmte Höchstlaufzeit zu erbringen sind (sog. abgekürzte Leibrente).

4) Ausnahmsweise sind Leistungen, die für eine bestimmte Höchstlaufzeit zu erbringen sind, als Sonderausgaben abziehbar, wenn durch die Zahlungen eine Versorgungslücke überbrückt werden soll.

 

Normenkette

EStG § 52 Abs. 23e, § 10 Abs. 1 Nr. 1a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.04.2014; Aktenzeichen X B 250/13)

BFH (Aktenzeichen X B 250/13)

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 30.12.1998 des Notars A in B (Urk.-Nr. 1) übertrugen die Eltern des Klägers diesem den Grundbesitz C-Straße … in B. Auf einem der Grundstücke befindet sich ein Wohnhaus, auf einem zweiten das Gebäude, in dem der Kläger eine Kfz-Werkstatt betreibt. Das Wohnhaus stand im gemeinsamen Eigentum der Eltern des Klägers, das betrieblich genutzte Grundstück im Alleineigentum der Mutter. Die Eltern des Klägers waren – wie sich aus dem Übertragungsvertrag ergibt – zum Zeitpunkt der Übertragung 71 (Vater) und 72 (Mutter) Jahre alt.

Nach den Ausführungen im Übertragungsvertrag, war bzw. ist der Kläger seinen Eltern gegenüber zu folgenden Gegenleistungen verpflichtet:

  1. Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts an der Erdgeschosswohnung D-Straße 1
  2. Einräumung eines auf fünf Jahre befristeten Nießbrauchrechts an dem Grundbesitz D-Straße 3 zu Gunsten beider Elternteile. Das Nießbrauchrecht beschränkt sich auf eine Teilfläche von ca. 4000 qm und auf das Betriebsgebäude des Kfz-Betriebes. Es begann am 01.01.1999 und endete zum 31.12.2003. Für die Dauer des Nießbrauchsrechts hatte der Kläger seinen Eltern eine monatliche Miete von 10.000,DM zu zahlen.
  3. Mit Ablauf des Nießbrauchsrechts und beginnend am 01.01.2004 verpflichtete sich der Kläger an seine Eltern als Gesamtberechtigte nach § 428 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Lebenszeit des Längstlebenden, längstens jedoch für zehn Jahre, einen monatlichen Betrag von 2.000,– DM zu zahlen.

Die Vereinbarung enthält eine Wertsicherungsklausel.

Anlässlich einer Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass es sich bei den ab 01.01.2004 geleisteten Zahlungen in Höhe von 2.000,– DM bzw. 1.022,58 EUR nicht um eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen und damit nicht um eine dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) handele, sondern um wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung und damit um Kaufpreisraten für den übertragenen Grundbesitz.

Mit Änderungsbescheid vom 05.05.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 dementsprechend auf 21.400,– EUR fest, wobei er die streitbefangenen Zahlungen nicht zum Abzug als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG zuließ.

Nach hiergegen erfolglos geführtem Einspruchsverfahren begehrt der Kläger mit seiner Klage weiterhin die Anerkennung der streitbefangenen Zahlungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. Bei den im Übertragungsvertrag vom 30.12.1998 vereinbarten Zahlungen handele es sich um eine abgekürzte Leibrente im Sinne des § 55 Abs. 2 EStDV. Die Verpflichtung treffe ihn, den Kläger, für die jeweilige Lebenszeit der als gesamtberechtigt geltenden Eltern, weshalb die Verpflichtung den Charakter einer Leibrente habe. Diese sei auf zehn Jahre abgekürzt. Hinsichtlich abgekürzter Leibrenten habe ursprünglich Streit bestanden, ob überhaupt eine Mindestlaufzeit von zehn Jahren eingehalten werden müsse. Dieser Streit sei hier allerdings bedeutungslos, da die Verpflichtung die mögliche Mindestlaufzeit von zehn Jahren, unter Einbeziehung des Nießbrauchs sogar von 15 Jahren, umfasse. In seinem Urteil vom 26.01.1994, X R 54/92, BStBl II 1994, 636 habe der Bundesfinanzhof (BFH) ausgeführt, dass auch abgekürzte Leibrenten – sogar ohne die Mindestlaufzeit von zehn Jahren – taugliche Gegenleistungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. seien. Im Übrigen sei auch der Versorgungscharakter im vorliegenden Fall gewahrt, da die Eltern des Klägers am 30.12.1998 bereits 71 bzw. 72 Jahre alt gewesen seien. Lege man die statistische Lebenserwartung zum damaligen Zeitpunkt von rund 73,4 Jahren beim Vater des Klägers und 79,8 Jahren bei der Mutter des Klägers zu Grunde, sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass das Ende der Höchstlaufzeit erreicht werde.

Die Kläger beantra...

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